Führung

Was deutsche CIOs erfolgreich macht

20.09.2021
Von 
Wolfgang Herrmann ist IT-Fachjournalist und Editorial Lead des Wettbewerbs „CIO des Jahres“. Der langjährige Editorial Manager des CIO-Magazins war unter anderem Deputy Editorial Director der IDG-Publikationen COMPUTERWOCHE und CIO sowie Chefredakteur der Schwesterpublikation TecChannel.

Führung als Schlüsselkompetenz des CIO

Ein klares Bild ergibt das Ranking der drei vorgegebenen Kompetenzen Führung, Business und Technik. 44 von 60 CIOs gaben an, dass gute Führung die wichtigste Kompetenz für ihre Arbeit sei. Nur sieben Befragte entschieden sich für Business und vier für Technik. "Als CIO ist es wichtig, vom Problem her zu denken, nicht zuerst von der Technik", erklärte etwa der CIO eines Verkehrsunternehmens. Für den CIO eines Herstellers von Haushaltsgeräten ist "CIO zu sein eine transformatorische Aufgabe. Man braucht eine Mannschaft, und die muss man führen können." Besonders relevant in Sachen Führung ist für die Befragten der Aufbau und die Pflege von Beziehungen sowie eine adressatengerechte Kommunikation.

Ralf Schneider, Group CIO der Allianz SE: "Die Position des CIOs ist herausfordernd und komplex, daher ist eine sehr hohe Problemlösungsfähigkeit gefragt. Wie sagen die Navy Seals so schön: The only easy day was yesterday."
Ralf Schneider, Group CIO der Allianz SE: "Die Position des CIOs ist herausfordernd und komplex, daher ist eine sehr hohe Problemlösungsfähigkeit gefragt. Wie sagen die Navy Seals so schön: The only easy day was yesterday."
Foto: Allianz SE

Die Berater wollten zudem wissen, welche Charaktereigenschaften erfolgreiche CIOs auszeichnen. Auch hier wurden die Interviewten zunächst um ein Ranking vorgegebener Begriffe gebeten. Visionäres Denken und Beharrlichkeit stehen hier ganz oben. Auf den Plätzen folgen Flexibilität, Kreativität und Risikobereitschaft.

Visionäres Denken zeige sich zum einen darin, die Zukunft zu antizipieren und "immer einen Schritt voraus zu sein", kommentieren die Studienautoren. Wichtig sei aber ebenso die Fähigkeit, "eine klare zielgerichtete Vision vorgeben zu können." Der CIO einer internationalen Bank erklärte dazu: "Eine Stadt verändert sich jedes Jahr nur um ein paar Prozent. Mit der IT ist es das Gleiche. Man hat eine Menge Altsysteme und kann diese nur nach und nach verändern. Dafür braucht man einen klaren Plan."

Neben dem Ranking vorgegebener Begriffe konnten die befragten CIOs weitere relevante Charaktereigenschaften angegeben. In der Studie wurden diese in drei Cluster eingeordnet: Empathie, Resilienz und Neugier. Thomas Mannmeusel, CIO von Webasto und CIO des Jahres 2020, hebt besonders den ersten Punkt hervor: "Empathie ist eine erfolgskritische Charaktereigenschaft für CIOs. Es ist essenziell, sich in Kollegen hineinversetzen zu können und deren Interessen und Beweggründe zu verstehen."

Auch andere weiche Faktoren spielen für IT-Chefs eine wichtige Rolle. "Wenn der Erfolg ausbleibt, wird eher die IT als das Business in Frage gestellt", war beispielsweise zum Thema Resilienz zu hören. Die Befragten gaben mehrheitlich an, dass man diese Kritik "nicht persönlich nehmen" dürfe und "ein dickes Fell haben" müsse. Daher wurden auch Eigenschaften wie Frustrationstoleranz und Leidensfähigkeit genannt. Die notwendige Resilienz beschrieb ein CIO mit der Eigenschaft, "gegen die Wand zu laufen und wieder aufzustehen."

Ralf Schneider, Group CIO der Allianz SE, beschreibt noch eine weitere Kernkompetenz: "Die Position des CIOs ist herausfordernd und komplex, daher ist eine sehr hohe Problemlösungsfähigkeit gefragt. Wie sagen die Navy Seals so schön: 'The only easy day was yesterday'"

Was reizt CIOs an ihrer Position?

Um die vielfältigen Herausforderungen meistern zu können, brauchen CIOs einen inneren Antrieb. Was motiviert sie, was reizt sie an ihrer Position? Knapp die Hälfte der Befragten sieht den Reiz in den vielen Gestaltungsmöglichkeiten, die sich aufgrund der Querschnittsfunktion IT ergäben. "Das Reizvolle an der CIO-Position ist die Möglichkeit, sowohl Einfluss auf strategische Fragen zu nehmen als auch die Verantwortung für die Implementierung zu tragen", kommentiert Vonovia-CIO Karsten Rech.

"Das Reizvolle an der CIO-Position ist die Möglichkeit, sowohl Einfluss auf strategische Fragen zu nehmen als auch die Verantwortung für die Implementierung zu tragen", sagt Vonovia-CIO Karsten Rech.
"Das Reizvolle an der CIO-Position ist die Möglichkeit, sowohl Einfluss auf strategische Fragen zu nehmen als auch die Verantwortung für die Implementierung zu tragen", sagt Vonovia-CIO Karsten Rech.
Foto: Vonovia

Die Möglichkeit des Gestaltens hängt eng mit der gestiegenen Bedeutung der IT zusammen. Für einen interviewten CIO etwa ist die "IT wichtigstes Werkzeug für Change-Prozesse." Wandel funktioniere heute kaum mehr ohne IT. Ähnliches berichtet der CIO eines Medienkonzerns: "Jede Veränderung geht heutzutage über den CIO-Tisch."

CIOs und ihre größten Erfolge

Ihren größten Erfolg sehen knapp 50 Prozent der CIOs in der Aufwertung der IT-Organisation. Das zeige sich vor allem daran, dass die IT mittlerweile auf Augenhöhe mit dem Business als "Enabler" oder "Partner" wahrgenommen werde. Erik Hennig, CIO des Energieunternehmens Steag, sagt: "Der CIO ist heute eine absolute Schlüssel- und Gestaltungsfunktion im Unternehmen."

42 Prozent der CIOs sind zudem stolz auf konkrete Projekterfolge mit den Fachbereichen. Damit sei es ihnen gelungen, ihre Fähigkeiten zu demonstrieren und Vertrauen in die IT aufzubauen, kommentieren die Studienautoren. Ein gutes Drittel der Befragten sieht eine konsolidierte IT-Landschaft als Fundament erfolgreicher Arbeit an.

Auch in organisatorischer Hinsicht haben die CIOs nach eigener Einschätzung viel geleistet. Knapp ein Drittel berichtet, die IT-Organisationsstrukturen angepasst zu haben, was in vielen Fällen auf ein verändertes internes Operating Model hinauslief. Der CIO eines Anlagenbauers sieht beispielsweise die größte Leistung in der Strukturierung der IT, wobei regionale Einheiten in eine globale und integrierte Organisation transformiert wurden. Last, but not least, erklären 27 Prozent der CIOs, einen Kulturwandel eingeleitet oder vollzogen zu haben.