Im digitalen Zeitalter stehen CIOs an einem Scheideweg. Schaffen sie es, den Herausforderungen der Digitalisierung gerecht zu werden und gewinnen so im Unternehmen weiter an Einfluss? Oder scheitern sie und entwickeln sich zurück in die ursprüngliche Rolle eines "IT-Leiters"? Diese Frage stellten sich Markus Matschi und Martin Stephany von der Managementberatung 4C Group. Welche Faktoren den Erfolg eines CIOs beeinflussen, untersuchten sie in einer breit angelegten Studie zur deutschen CIO-Szene. Die Berater kooperierten dazu mit Prof. Dr. Markus Westner von der Fakultät Informatik und Mathematik an der OTH Regensburg.
Eines vorweg: Tiefes IT-Wissen und eine exzellente technische Ausbildung gehören der Erhebung zufolge nicht zu den entscheidenden Erfolgsfaktoren. Sie sind laut den Studienautoren zwar wichtige Größen, die sich zumindest indirekt auswirken können. Besonders erfolgreiche CIOs zeichnen sich aber vor allem durch Führungskompetenz, betriebswirtschaftliches Wissen und Eigenschaften wie Beharrlichkeit, visionäres Denken und Empathie aus.
Im ersten Teil beleuchtet die Studie im Rahmen einer quantitativen Analyse biografische Merkmale von 384 deutschen CIOs, darunter Ausbildung, Karrierepfade und Unternehmensdaten. In der Untersuchung wurden nur Unternehmen mit mehr als 5.000 Mitarbeitern berücksichtigt, da dort mit IT-Organisationen zu rechnen sei, die mehr als 100 Angestellte zählten.
Für den zweiten Teil befragten die Initiatoren 60 CIOs mit primär überdurchschnittlich langer Amtszeit in qualitativen Interviews zu ihren Erfahrungen. "Wer Erfolg hat, bleibt lange im Amt, und wer lange im Amt ist, ist erfolgreich," begründen die Autoren ihre Orientierung an der Verweildauer in der CIO-Position. Diese These lasse sich wissenschaftlich fundiert für C-Level Positionen belegen.
Nur vier Jahre bleiben deutsche CIOs im Amt
Von den biografischen Merkmalen erhofften sich die 4C-Berater erste Hinweise auf einen möglichen Zusammenhang mit der Amtszeit der CIOs. Mit einer Verweildauer von durchschnittlich vier Jahren halten sich deutsche CIOs in Großunternehmen laut Studie deutlich kürzer im Amt als ihre Kolleginnen und Kollegen in anderen Management-Positionen. 88 Prozent der CIOs besitzen einen akademischen Bildungsabschluss.
Entgegen dem verbreiteten Bild vom CIO als "Techie" sind 46 Prozent Wirtschaftswissenschaftler, in der Erhebung finden sich in etwa genauso viele CIOs mit technischem wie mit Business-Hintergrund. Mit 43 Prozent berichtet die Mehrheit der CIOs an den CFO, nur ein Viertel an den CEO und sechs Prozent an den CTO. Weitere sechs Prozent sind dem CDO gegenüber berichtspflichtig. Matschi und Stephany sehen darin ein Dilemma vieler CIOs: "Diese Konstellation birgt die Gefahr, dass der Fokus primär auf das Kostenmanagement und nicht auf den strategischen Mehrwert der IT gelegt wird."
Unterm Strich zeigt die Analyse der biografischen Faktoren, dass weder die Größe oder Branche der Unternehmen noch der Bildungs- und Berufshintergrund der CIOs einen statistisch signifikanten Einfluss auf deren Amtszeit haben. Die Studienautoren schließen daraus, dass die Erfolgsfaktoren eher in der täglichen Arbeit und in der Person der CIOs liegen. Diese Aspekte untersuchten sie mithilfe von semistrukturierten Interviews.
Im Zeitraum von Januar bis Mai 2021 befragten sie 60 CIOs, die in der Regel bereits mehr als vier Jahre im Amt waren. "Lange Amtszeiten korrelieren mit überdurchschnittlichen Erfolgen", begründet Stephany das Vorgehen. Zudem brauche der Übergang in eine neue CIO-Position Zeit: "Um als 'Business Leader' wahrgenommen zu werden und einen eigenen, nachhaltigen und strategischen 'Footprint' zu generieren, können bis zu zwei Jahre vergehen."
In den Interviews ging es schwerpunktmäßig um große Erfolge, notwendige Kompetenzen, hilfreiche Charaktereigenschaften und den Einfluss gesetzter CIO-Rollen. Hinzu kamen der Einfluss des Management-Umfelds und die Frage nach einer erfolgssteigernden Organisationsstruktur. Die Befragten sollten zudem Angaben zum Reiz der CIO-Position und ihren Herausforderungen machen.