CSC und HP Enterprise

Was Analysten zur IT-Service-Hochzeit des Jahres sagen

01.06.2016
Von 
Heinrich Vaske ist Editorial Director a.D. von COMPUTERWOCHE, CIO und CSO.

PAC: Ungünstige Markttrends

Die Analysten von PAC schreiben von einem "richtungsweisenden Deal" im IT-Servicemarkt, zumal auch Dell seine IT-Service-Unit (Perot Systems) kürzlich an NTT Data verkauft hatte. Wer hier eine Rolle spielen wolle, müsse günstig anbieten und zudem kräftig in Automatisierung, IT-Sicherheit, die Mitarbeiterausbildung sowie in Branchenwissen investieren. Es handele sich um die Fusion zweier Konzerne im Übergang. Gespräche habe es in den vergangenen Jahren immer wieder gegeben, doch nun, nachdem HP sein Drucker- und Unterhaltungselektronik-Geschäft abgetrennt habe und CSC sein Behördengeschäft ebenfalls losgeworden sei, könnten beide befreit den nächsten Schritt gehen.

Beide Anbieter waren laut PAC in den vergangenen fünf Jahren mit ähnlichen Herausforderungen konfrontiert: Wie stellt man sich auf für die Digital-Ära und wie bleibt man hier relevant? Die Umsätze mit dem Betrieb und der Implementierung von On-premise-Anwendungen schwinden, zudem fressen Trends wie Automatisierung und Cloud Computing die Margen im klassischen Infrastrukturgeschäft. So stehen klassische Service-Provider wie HPE und CSC, aber auch IBM, vor dem Problem, sich neu erfinden zu müssen.

PAC rechnet vor, in den sechs Monaten bis Ende April 2016 seien die IT-Serviceumsätze von HPE um sieben Prozent zusammengeschmolzen, im zweiten Quartal habe die operative Marge bei 6,7 Prozent gelegen. CSC verlor in den ersten neun Monaten des laufenden Geschäftsjahrs 7,2 Prozent an Umsatz, wobei sich die EBIT-Marge auf 7,1 Prozent belief. Der Merger dieser beiden mit sich selbst beschäftigten Player werde den Umbau weiter erschweren.

Laut PAC wird die fusionierte Company rund 43 Prozent ihrer Einnahmen mit Infrastruktur-Services erzielen. Das aber ist ein Markt, der sich unter dem Druck von Standardisierung und zunehmender Public-Cloud-Adaption massiv verändern dürfte. CSC musste hier in den ersten neun Monaten des laufenden Fiskaljahres ein Umsatzminus von zehn Prozent hinnehmen, HPE in den ersten sechs Monaten ein Minus von fünf Prozent.

Große Deals mit BAE und Deutscher Bank

Die Analysten sagen nicht, dass dieser Markt keine Chancen böte: Bis 2020 sei sogar ein durchschnittliches jährliches Wachstum von fünf Prozent zu erwarten. Sowohl HPE als auch CSC hätten bewiesen, dass sie hier Verträge verlängern oder neue gewinnen könnten. So konnte CSC einen Deal im Wert von 600 Millionen Dollar mit BAE Systems abschließen, HPE war sich gar in Milliardendeals mit der Deutschen Bank und dem Logistiker TNT handelseinig geworden.

Die Unternehmen sind demnach offenbar in der Lage, sichere, komplexe Hybrid-Cloud-Infrastrukturen auf die Beine stellen zu können. Für CSC spreche auch die Kompetenz im Bereich der Cloud-Orchestrierung, die durch die Übernahme von Service Mesh erworben wurde. Im Bereich der Automatisierung hilft dem IT-Dienstleister die zuletzt massiv aufgebaute Kompetenz rund um die IT-Service-Management-Plattform ServiceNow weiter - auch hier hatte CSC zugekauft, etwa den Spezialisten Aspediens. Dennoch haben beide Unternehmen zuletzt Jobs im Bereich der Infrastruktur-Operations gestrichen - ein Trend, der sich beschleunigen dürfte: Um zuverlässig liefern und dabei die Cost of Services senken zu können, wird das Dienstleistungsduo um fortgesetzte Automatisierung nicht herumkommen.

Letztendlich bleibt der Weg in die digitalen Zukunftsmärkte für CSC/HPE weit und beschwerlich. Rund drei Milliarden Dollar (12 Prozent des addierten Umsatzes) machen die Partner mit "Next Generation Offerings" - darunter werden etwa Cloud Computing, Big Data und Analytics sowie digitalisierte Arbeitsplätze subsummiert. 26 Milliarden Dollar beträgt der IT-Service-Umsatz insgesamt. Die Unternehmen seien in den neuen Märkten nicht schlecht positioniert, so PAC, doch es müsse sich zeigen, ob insbesondere HPE hier auch in Zukunft reüssieren könne, da hier bislang vieles an den hauseigenen Produkten hänge.

Ein Chance für das Duo besteht laut PAC darin, dass CSC gut bei proprietären Anwendungen für bestimmte Branchen positioniert ist. In der Versicherungswirtschaft etwa habe das Unternehmen durch seinen Zukauf Xchanging einen guten Namen - insbesondere in Nordamerika. Hier könnten sich Upselling-Chancen bieten.

Everest Group: Eine gute Enscheidung

Die Analysten der Everest Group stellen fest, dass hier eine Fusion in einem "reifen Markt" stattfindet, der unter großem Druck durch indische Provider mit ihren "Remote-Infrastructure-Management"-Angeboten stehe. HPE und CSC, aber auch IBM hätten hier inzwischen ihre Hausaufgaben gemacht und seien im IT-Servicemarkt wieder konkurrenzfähig. Doch die nächste große disruptive Welle sei gerade erst im Anrollen: Legacy-Umgebungen wandern in die Cloud.

Laut Everest ringt das Duo heute und in Zukunft mit drei großen Herausforderungen:

  • das hohe Reifestadium des IT-Servicemarkts;

  • die Herausforderung durch RIM-Services der Inder;

  • revolutionäre Umwälzungen durch Cloud Computing.

Vor diesem Hintergrund gebe die Fusion Sinn. Wie in allen reifen Industrien sei es auch hier nur logisch, dass die Industriekonsolidierung voranschreite. Ein großer, weltweiter Player könne diese schwierige Phase besser bewältigen als viele kleine. Zudem könne sich HPE nun ganz auf das besser laufende Geschäft mit Hardware und Netz-Equipment konzentrieren, sich also auf Wachstumsmärkte ausrichten. CSC kann sich im Bereich Infrastruktur-Dienste effizienter aufstellen und zudem weltweite Skalenvorteile nutzen, die sonst nur IBM hat. Vor diesem Hintergrund macht der Merger Sinn.

Allerdings sieht auch die Everest Group gravierende Herausforderungen. So müsse CSC/HPE in jedem Fall Synergien schöpfen, um die Kosten senken zu können. Außerdem seien Investitionen in Bereichen nötig, in denen Wachstum möglich ist. Dass es den beiden Unternehmen wirklich gelingt, wie angekündigt schon im ersten Jahr Synergien im Wert von einer Milliarde Dollar zu schöpfen, mögen die Auguren nicht recht glauben. Angesichts der indischen Herausforderung hätten beide schon längst massiv Kosten gesenkt. Die Frage sei, ob noch weiteres Fett abgeschnitten werden könne, ohne dass die Kundenbeziehungen leiden.

Unterm Strich glaub ist Everest der Meinung, dass der Merger gut für CSC und HPE sei. Kernherausforderungen sind demnach Kostensenkungsmaßnahmen und unvermeidliche Investitionen in Wachstumsfelder. Mike Lawrie sei ein erfahrener Manager, der sich hier auskenne und mit der Übernahme der CEO-Position bei CSC viel Erfahrungen gesammelt habe, die er jetzt ausspielen könne.