Alltag in vielen Unternehmen: Kaum verkündet dessen Management "Wir müssen unsere Struktur ..." oder "... unsere Strategie ändern" regt sich in ihnen Widerstand. Nicht nur, weil Mitarbeiter befürchten, sie könnten ihren Arbeitsplatz verlieren, sondern auch, weil viele bangen: Mit der Veränderung werden Privilegien abgebaut und ändern sich die gewohnten Arbeitsinhalte und -strukturen.
Schnell wird dann der Vorwurf laut:
Unsere Chefs haben nur noch den Profit vor Augen. Und:
Unser Management pflegt einen autoritären Führungsstil.
Dass solche Vorwürfe erhoben werden, ist verständlich. Denn jede Veränderung stellt Gewohntes in Frage. Deshalb löst sie Unsicherheit aus. Trotzdem ist es erschreckend, welch massiven Ängste, geplante Änderungen bei Mitarbeitern oft erzeugen. Dies ist auch in Versäumnissen der Vergangenheit begründet.
Jeder versucht Konflikte zu vermeiden
In "guten Zeiten" neigen Unternehmen dazu, konfliktträchtige Entscheidungen auf die lange Bank zu schieben. Die Folge: In ihnen wächst keine Entscheidungskultur, in der Zukunftsfragen aktiv angegangen werden. Stattdessen macht sich eine Harmoniekultur breit, in der jeder versucht, (Interessens-)Konflikte zu vermeiden.
Übersehen werde dabei:
- Jede Entscheidung enthält ein Konfliktpotential, weil sie andere Lösungswege verwirft.
- Jede unternehmerische Entscheidung ist eine Zukunftsentscheidung und somit mit Risiken verknüpft.
- Zukunftsentscheidungen können, weil sie die Zukunft gedanklich vorwegnehmen, meist nicht im Konsens, sondern nur mit Macht getroffen und umgesetzt werden.
Was viele vergessen: Firma ist reine Zweckgemeinschaft
Weil in vielen Unternehmen in den zurückliegenden Jahren Zukunftsentscheidungen nicht getroffen wurden, gerieten sie in folgende fatale Situation: Ihre Mitarbeiter vergaßen, dass jeder Organismus auf Dauer nur überleben kann, wenn er sich weiterentwickelt. In ihnen machte sich zudem eine Denk- und Verhaltensstruktur breit, die außer Acht lässt, dass Unternehmen Zweckgemeinschaften sind, deren oberstes Ziel es ist, Gewinn zu erwirtschaften.
Dies verdrängen auch viele Führungskräfte. Deshalb mutieren sie zuweilen von Orientierung bietenden Vorgesetzten zu "Coaches", die sich einseitig um die Entwicklung ihrer Mitarbeiter kümmerten. Sie vergaßen, dass ihre Hauptaufgabe ist, sicherzustellen, dass ihre Mitarbeiter so (zusammen)arbeiten, dass die (Unternehmens)Ziele erreicht werden.
Krisen machen klar, was wirklich wichtig ist
In einem solchen Umfeld wirkt es autoritär, wenn Führungskräfte Leistung und - sofern nötig - ein verändertes Verhalten fordern. Dies ist aber nicht autoritär. Es stellt vielmehr ein Rückbesinnen auf die Hauptaufgabe der Führungskräfte dar.
Bewusst werden solche Fehlentwicklungen den Unternehmensführern oft erst, wenn die Erträge sinken. Entsprechend panikartig ist dann ihre Reaktion. Initiierten sie zuvor kaum Veränderungen, wollen sie plötzlich alles über Nacht umkrempeln.
Verunsicherung führt zu Widerstand
Wurden zuvor Entscheidungen, wenn überhaupt, weitgehend nach dem Konsensprinzip getroffen, wird plötzlich nur noch mit Macht entschieden. Viele Spitzenmanager verfallen also von einem Extrem ins andere. Entsprechend verunsichert sind ihre "Untergebenen" und entsprechend massiv sind ihre Widerstände.
Dabei bieten Krisenzeiten ideale Voraussetzungen, um Veränderungsprozesse effektiv zu gestalten, denn dann ist der Handlungsbedarf offenkundig. Also kann den Mitarbeitern recht einfach vermittelt werden, warum Veränderungen nötig sind. Ähnlich ist es, wenn sich in den Märkten ein Paradigmenwechsel vollzieht. Denn dann gruppiert sich das Heer der Anbieter neu und heraus ergeben sich auch Chancen. Auch dies lässt sich den Mitarbeitern vermitteln.
Veränderungen mit Macht vorantreiben
Hierfür muss jedoch folgende Voraussetzung erfüllt sein: Die Unternehmensleitung erkennt die Chancen und packt sie gegen alle Widerstände beim Schopf. Denn eines zeigen alle Veränderungsprojekte in Unternehmen. Sie sind nur erfolgreich, wenn die oberste Führungsebene die ihr verliehene Macht konsequent nutzt, um die nötigen Entscheidungen zu treffen und die damit verbundenen Prozesse zu initiieren.
Die oberen Führungskräfte müssen zudem ihre gesamte Autorität in die Waagschale werfen, um bei den Mitarbeitern für die Veränderung zu werben, so dass jedem klar wird: Wir wollen und werden diesen Prozess durchlaufen.