Nein! Zu groß ist die Zahl der Schnittstellen, die die neuen, schnellen Lösungen zur bestehenden IT-Infrastruktur benötigen. Deren Programmierung aber durchläuft den im Unternehmen üblichen, seit Jahren bewährten Prozess. Und so wird der brandneue Sportwagen der innovativen Lösungen häufig durch den unbeirrt sein Höchsttempo fahrenden LKW der bestehenden Prozesse und IT ausgebremst. Und lässt er sich nicht bremsen, fährt er auch schon einmal an die Wand.
Sicher: Die McKinsey-Forderung, im Rahmen der digitalen Transformation eine Startup-Kultur zu entwickeln und in diesem Zusammenhang auch gleich eine neue, schlanke und schnelle IT aufzubauen, hat Bewegung in die deutsche Unternehmens-IT gebracht. Und wer es sich finanziell und personell leisten konnte, hat das empfohlene Prinzip der IT der zwei Geschwindigkeiten bereits im eigenen Unternehmen umgesetzt - oder doch zumindest die ersten Schritte zu seiner Umsetzung unternommen.
Siehe dazu auch: Forresters Abgesang auf die bimodale IT
Neue IT auf der grünen Wiese für viele zu kostspielig
Und genau das ist die Crux der Thematik: bei weitem nicht jedes Unternehmen kann es sich leisten, eine zweite IT-Organisation - mit einer nicht unerheblichen Zahl an Redundanzen und organisatorischem Überbau - auf die grüne Wiese zu setzen. Im Klartext bedeutet das: die meisten Unternehmen müssen sich Alternativen einfallen lassen, um auch mit einem überschaubaren Budget künftig Digitalisierungsprojekte erfolgreich umsetzen zu können.
Hinzu kommt: die gewachsene, aber auch bewährte IT wird auch weiterhin benötigt, denn sie deckt viele Basisaufgaben im Unternehmen ab und ist in der Lage, Daten aus den verschiedensten Bereichen zu konsolidieren. Daten, die auch die neuen Systeme früher oder später benötigen. Das bedeutet: IT-Verantwortliche müssen sich ohnehin Gedanken darüber machen, wie sie die gewachsene IT in ihrer Liefergeschwindigkeit beschleunigt.
- Wie Sie Mitarbeiter für die digitale Transformation begeistern
Die Analysten von IDC geben Tipps, wie die Digtialisierungsstrategie von CDO und CIO in kurz-, mittel- und langfristigen Schritten geplant werden sollte. Der Fokus richtet sich dabei auf den Faktor Mensch, denn nur mit motivierten Mitarbeitern wird die digitale Transformation ein Erfolg. - Tipp 1: Prozesse überprüfen
Schritt 1 - kurzfristige Maßnahmen: Durchleuchten Sie die aktuellen Digitalisierungsinitiativen. In welchem Maß erfordern diese Projekte Veränderungen an den organisatorischen Abläufen, den Arbeitsprozessen und der Zusammenarbeit zwischen den Abteilungen? - Tipp 2: Bedenken der Mitarbeiter sondieren
Schritt 2 - kurzfristige Maßnahmen: Besprechen Sie gemeinsam mit den Abteilungsleitern, welche Bedenken die Mitarbeiter hinsichtlich der Veränderungen haben könnten. - Tipp 3: Sorgen der Mitarbeiter adressieren
Schritt 3 - kurzfristige Maßnahmen: Überlegen Sie, wie die möglichen Sorgen der Mitarbeiter hinsichtlich der Veränderungen durch Kommunikationsmaßnahmen angesprochen werden können. - Tipp 4: Fokusgruppen bilden
Schritt 1 - mittelfristige Maßnahmen: Führen Sie für künftige Digitalisierungsinitiativen, die organisatorische Veränderungen zur Folge haben, Fokusgruppen oder Interviews mit Mitarbeitern ein, um deren Bedenken kennenzulernen. - Tipp 5: Kommunikationsstratiegie ausarbeiten
Schritt 2 - mittelfristige Maßnahmen: Prüfen Sie die Möglichkeiten, wie die interne Kommunikation für künftige Rollouts eine Kommunikationsstrategie gestalten kann, um diese Bedenken zu adressieren. - Tipp 6: Mitarbeiter motivieren
Schritt 3 - mittelfristige Maßnahmen: Überlegen Sie, wie Sie durch die Einbindung der Mitarbeiter in den Planungsprozess deren Engagement im Vorfeld des Rollouts gewinnen können. - Tipp 7: Mitarbeiter schulen
Schritt 1 - langfristige Maßnahmen (12 bis 24 Monate): Bauen Sie ein gutes Verhältnis zur internen Kommunikation und zur Personalabteilung auf. Prüfen Sie die Möglichkeiten, wie diese Abteilungen mit Kommunikation und Mitarbeitertraining die menschliche Komponente der digitalen Transformation flankieren können. - Tipp 8: Budget prüfen
Schritt 2 - langfristige Maßnahmen: Identifizieren Sie mögliche Auswirkungen dieser menschlichen Komponente innerhalb der digitalen Transformation auf das Budget. Suchen Sie Unterstützung bei der Rechtfertigung zusätzlicher Mittel, um die Akzeptanz der Mitarbeiter im Rahmen eines Digitalisierungsprojekts effektiv sicherzustellen.
Kundenanforderungen als Ausgangspunkt
Ein neues Geschäftsmodell auf Basis einer schnellen IT aufzubauen - gegen diesen Gedanken ist im Prinzip erst einmal nichts einzuwenden. Wenn aber die finanziellen und personellen Ressourcen dafür fehlen, braucht es einen differenzierenden Ansatz zur Gestaltung der Two-Speed-IT. Doch wie legt man fest, welche Aufgaben von der schnellen IT beziehungsweise von der sicheren IT übernommen werden sollen?
Ein möglicher Ansatz ist es, die Business Capabilities oder Geschäftsfähigkeiten zu identifizieren, die für das Umsetzen der digitalen Strategie am wichtigsten sind. Der Weg dorthin führt über so genannte Customer Journeys, bei denen der Projektverantwortliche in die Haut des Kunden schlüpft, um das eigene Unternehmen mit dessen Augen zu sehen und zu erleben. Dies gilt vor allem für die möglichen Kontaktpunkte in der digitalen Welt. Dabei werden in der Regel eine ganze Reihe von Stärken und Schwächen aufgedeckt.
Vorgehen bei der Umsetzung einer Customer Journey:
Bestimmung der Geschäftsszenarien, die für die Umsetzung einer digitalen Strategie relevant sein könnten
Reise antreten und sämtliche Kundenkontakte entlang eines Szenarios beschreiben
Betroffene Geschäftsprozesse identifizieren und abbilden
Workshop zur Festlegung der pro Prozess benötigten Geschäftsfähigkeiten
Pro Geschäftsfähigkeit die Erwartungshaltung des Kunden in einer Epic ausdrücken (in Alltagssprache formulierte Software-Anforderung, die vom internen Kunden oder Kunden des Softwareprojekts verfasst wird)
Entscheidung, welche Geschäftsfähigkeit durch die neue, schnelle IT und welche durch die gewachsene, "sichere" IT umgesetzt werden soll
Auch wenn das Identifizieren der Geschäftsfähigkeiten ein alter Hut sein mag: in der Regel wird es von den wenigsten Unternehmen konsequent vorgenommen. Erst damit jedoch wird sichtbar, welche Geschäftsfähigkeit von einem Digitalisierungsprojekt betroffen ist. Und dies ist eine wichtige Grundlage für die Entscheidung, mit welcher IT die Aufgabe umgesetzt werden soll - der schnellen oder der nachhaltigen.