Erfolgreich durch Soft Skills

Warum der "Sozialkram" funktionieren muss

18.09.2013
Von 
Bernhard Kuntz ist Inhaber der Marketing- und PR-Agentur Die PRofilBerater.
Topmanager lieben harte Zahlen. Eher ungern befassen sie sich mit Denk- und Verhaltensmustern, die ihre Organisation prägen. Doch harte Daten wie Umsatz und Ertrag sind meist das Resultat 'weicher' Erfolgsfaktoren.

Ein logisch denkender Mensch und ein rationaler Planer - dieses Selbstbild haben die meisten Topmanager. Deshalb messen sie beim Treffen von Entscheidungen 'harten' Zahlen, Daten und Fakten eine große Bedeutung bei. Eher ungern beschäftigen sie sich hingegen mit 'weichen' Themen wie der Mitarbeiterkommunikation und -motivation. Oder der Zusammenarbeit und Führungskultur in ihrer Organisation.

Georg Kraus, Unternehmensberater: "Das Verhalten der Führungskräfte prägt das Tagesgeschäft."
Georg Kraus, Unternehmensberater: "Das Verhalten der Führungskräfte prägt das Tagesgeschäft."
Foto: Privat

Diese Erfahrung macht Georg Kraus, Geschäftsführer der Unternehmensberatung Dr. Kraus & Partner, Bruchsal, immer wieder. Mit diesem 'Sozialkram' wollen Führungskräfte oft nichts zu tun haben - auch weil ihre eigene Leistung an harten Zahlen gemessen wird, zum Beispiel an Umsatz und Ertrag oder dem Börsenkurs. Deshalb liegt ihr Fokus fast automatisch auf den harten Daten.

Dabei übersehen Topmanager laut Kraus jedoch, dass sich die sogenannten Hard Facts nur bedingt als Instrument zum Steuern des Erfolgs von Unternehmen eignen. Denn in den Zahlen spiegeln sich primär die (Miss-)Erfolge der Vergangenheit wider. "Aus ihnen lässt sich zwar ableiten, dass ein Handlungsbedarf besteht, aber meist nicht, was getan werden sollte, um beispielsweise den Ertrag oder die Innovationskraft eines Unternehmens zu steigern", so Kraus.

Er erläutert dies an einem Beispiel. Angenommen, ein Unternehmen erzielt zu geringe Umsätze. Dann lässt sich über eine Zahlen-Daten-Fakten-Analyse zwar ermitteln, dass die Vertriebsmitarbeiter beispielsweise nur zehn Kunden pro Woche besuchen; des Weiteren, dass sie nur bei zwei Terminen Abschlüsse erzielen und deren Volumen im Schnitt zu niedrig ist. Nicht beantwortet ist damit aber die Frage: Was ist die Ursache hierfür, und wie lässt sich der Umsatz steigern?

Denn besagte Mängel können zahlreiche Ursachen haben. Darauf weist Anja Henke, Geschäftsführerin der Unternehmensberatung Carpe Viam, Düsseldorf, hin. Die Verkäufer können zum Beispiel demotiviert oder ungenügend geschult oder auch überlastet sein.

Aus 'soft facts' werden 'hard facts'

Der fehlende Biss der Verkäufer kann zum Beispiel seine Ursache darin haben, dass diese sich nicht mit den Produkten des Unternehmens identifizieren. Oder darin, dass sie frustriert sind, weil sie von ihren Vorgesetzten kaum Anerkennung bekommen.

Die Wiener Management-Beraterin Sabine Prohaska lenkt den Blick auf ein weiteres wichtiges Thema: "Viele Chefs unterschätzen, welche Potenziale, aber auch Gefahren beispielsweise in der Unternehmenskultur stecken." Sie ist überzeugt: "Eine hoch motivierte Mannschaft kann scheinbar Unmögliches erreichen." Und eine demotivierte Belegschaft? "Sie ruiniert ein Unternehmen."

Gute Strategien scheitern oft an der Verwirklichung im Alltag

Daniela Kudernatsch, Strategieberaterin: "Firmen gelingt es oft nicht, ihre Visionen im Betriebsalltag umzusetzen."
Daniela Kudernatsch, Strategieberaterin: "Firmen gelingt es oft nicht, ihre Visionen im Betriebsalltag umzusetzen."
Foto: Privat

Die Münchner Strategieberaterin Daniela Kudernatsch stellt immer wieder fest: Firmen haben eine zukunftsfähige Strategie, doch im Betriebsalltag gelingt es ihnen nicht, sie umzusetzen. Oft fragen sich die Verantwortlichen dann: Was sind die Ursachen? Haben wir die Ziele zu hoch gesteckt? Oder haben wir die falsche Mannschaft? Solche Fragen stellen sich die Verantwortlichen zu Recht: "Denn nur, wenn die Faktoren bekannt sind, die den Erfolg oder Misserfolg fördern, können sie gezielt beeinflusst werden."

Von Ferdinand Piëch, dem heutigen Aufsichtsratsvorsitzenden und früheren Vorstandsvorsitzenden der Volkswagen AG, wird kolportiert: Er zog sich nach seinem Amtsantritt als Vorstandsvorsitzender einen Blaumann an und arbeitete mehrere Tage am Fließband. Das tat er nicht, um zu lernen, wie man den Motor in ein Auto einbaut. Nein, er wollte die (Arbeits-)Einstellung der Mitarbeiter kennen lernen. Hieraus konnte er Rückschlüsse ziehen: Wo kann das Management den Hebel ansetzen, um die Kultur des Unternehmens wie gewünscht zu beeinflussen?

Mitarbeiter benötigen ausreichend Spielraum

Untersuchungen zeigen laut Kraus, dass es drei zentrale Treiber gibt, wenn es um das Entwickeln der Unternehmenskultur geht. Erstens: das Verhalten der Führungskräfte: "Sie prägen durch ihre Entscheidungs- und Verhaltensmuster das Tagesgeschäft." Zweitens: die firmeninterne Kommunikation. "Nur wenn die Mitarbeiter verstehen, welche Ziele das Unternehmen warum erreichen möchte, können sie ihr Verhalten daran orientieren." Drittens: die Möglichkeiten zur Selbstorganisation. "Nur wenn die Mitarbeiter Handlungsspielräume haben, können sie sich aktiv einbringen und die Unternehmenskultur mitgestalten." Hierzu sind die Mitarbeiter bereit - wenn die Rahmenbedingungen stimmen. Auch das zeigen zahlreiche Untersuchungen. Sie belegen nicht nur, dass die Mitarbeiter häufig mit der Kultur ihres Unternehmens unzufrieden sind, sondern auch, dass sie gern daran mitwirken würden, diese zu verändern.

Vor diesem Hintergrund empfehlen Henke und Kraus Topmanagern, sich aktiv mit der Unternehmenskultur zu befassen und deren Ist-Zustand zu analysieren. Im zweiten Schritt sollten sie sich dann nochmals vor Augen führen: Welche Ziele wollen wir als Organisation mittel- und langfristig erreichen? Zum Beispiel die Umsatzrendite steigern? Oder uns als "Innovationsführer" im Markt etablieren?