Die neue Rolle der CIOs
Wenn Sie nun verstärkt die Lines of Business angehen, ist das eine Folge der schwindenden Macht und Entscheidungshoheit der IT-Leiter?
Landwehrkamp: Nein, im Gegenteil: Gut aufgestellten IT-Leitern bietet sich nun eine tolle Chance, in die Geschäftsleitung aufzusteigen. Nie war die IT wichtiger als heute, denn ohne die IT gibt es keine Digitale Transformation, keine Big Data-Strategie und so weiter. Die Technologie darunter ist entscheidend.Nur stammen noch viele IT-Leiter aus der Hardware-Ecke und verharren dort ängstlich. Sie tun sich mit der Digitalisierung aktuell schwer und bekommen daher oft einen Chief Digital Officer vorgesetzt, der dann auch die IT verantwortet. Diese IT-Leiter gehören zu den Verlierern.Andere wiederum, die sich ständig mit den Geschäftsprozessen des eigenen Unternehmens beschäftigen und diese Prozesse auch digitalisieren helfen, das sind die Gewinner der aktuellen Transformation. Diese IT-Leiter rücken mitunter sogar in die Geschäftsleitung auf.
Und wie reagiert die All for One Steeb AG auf diese Entwicklung?
Landwehrkamp: Auch wir tragen dem Umstand Rechnung, dass die Fachbereiche immer öfter die Entscheidungen über IT-Beschaffung treffen. Außerdem unterliegen auch viele Anwenderunternehmen einem sehr starken Druck, sich fundamental ändern zu müssen. Ihre Geschäftsprozesse stehen auf dem Prüfstand, weil ihre Wettbewerber die Kundenbedürfnisse oft besser kennen und ihnen immer öfter nicht nur ein Produkt, sondern einen Komplett-Service verkaufen.
Ein Systemhaus muss das neue Geschäftsmodell des Kunden verinnerlicht haben, um es mit der IT zu unterstützen. Vor dieser Herausforderung stehen aktuell auch viele SAP-Systemhäuser. Bis dato haben sie nur ein Produkt, beispielsweise R/3, verkauft - mit einigen Services obendrauf. Diese Zeiten sind längst vorbei. Heute muss ein Systemhaus nicht nur alle Fragen seines Kunden beantworten, sondern auch mit ihm gemeinsam zukunftsfähige vielversprechende neue Geschäftsmodelle entwickeln.
Und was genau bedeutet das konkret für Sie?
Landwehrkamp: Wir haben beispielsweise im April 2017 eine eigene Management-Beratung gegründet. Unsere Tochtergesellschaft Allfoye beschäftigt sich relativ wenig mit der Technologie und deren Umsetzung, sondern entwickelt stattdessen gemeinsam mit den Entscheidern des Kunden neuen Geschäftsmodelle und setzt diese dann auch um. Das ist ein komplett neuer Ansatz. Unsere mittelständischen Kunden wollen auch bei dieser Thematik eher mit uns zusammenarbeiten als mit den großen Management-Beratungen wie McKinsey & Co.
Denn im Gegensatz zu diesen können wir auch all das umsetzen, was wir vorschlagen.Und wir betreiben hier erfolgreich Cross- und Up-Selling. Wenn einer unserer Kunden etwas mehr über seine Kunden wissen möchte, dann können wir bei ihm ganz schnell eine E-Commerce-Plattform hochziehen.
Gleichzeitig gerät der Betrieb der IT-Systems immer mehr zum wenig lukrativen Commodity-Business. Hier setzen wir auf externe Rechenzentrumsbetreiber, so dass wir uns selbst um Themen wie Strombedarf, Abluft oder Kühlung gar nicht mehr kümmern. Hersteller wie Microsoft oder AWS können diese Services zu so günstigen Konditionen anbieten, so dass wir ihnen immer öfter unsere IT-Infrastruktur überlassen.
Unter den Gesichtspunkten "Kosten", "Skalierung" und "Flexibilität" macht das durchaus Sinn. Auch große Anbieter wie SAP werden diesem Megatrend folgen, sie sind ja keine Rechenzentrumsbetreiber, sondern offerieren andere Mehrwerte. Wir zum Beispiel sind die Schnittstelle zum Kunden, wir orchestrieren für ihn die Cloud-Services.
Hier drängt sich natürlich der Vergleich zwischen den Rechenzentrumsbetreibern und den Stromlieferanten …
Landwehrkamp: Genau! In der Frühphase der Industriellen Revolution hatte jedes Fertigungsunternehmen sein eigenes Kraftwerk, bis das Geschäft der Elektrizitätserzeugung Commodity und zentralisiert wurde. Heute haben wir nur noch vier große Stromlieferanten in Deutschland.
Zurück zu den Value-Add-Services, die Sie als Systemhaus anbieten …
Landwehrkamp: Wir fokussieren uns weiterhin auf den gehobenen Mittelstand. Das Verhalten dieser Klientel unterscheidet sich doch stark vom Gebaren der DAX-Konzerne. Mittelständler wollen alles aus einer Hand bekommen und sich nicht mit zwölf Lieferanten auseinandersetzen und mit den Schnittstellen herumschlagen. Ihnen genügt ein IT-Ansprechpartner vollends.
Daher sehen wir unsere Rolle schon in der gesamten Wertschöpfungskette: beginnend bei den Geschäftsprozessen, über die Applikationen, bis hin zum IT-Betrieb. Und das nennen wir dann "orchestrieren". Den Kunden interessiert nicht, wo die benötigten Anwendungen laufen, welche Lizenzgebühren hierfür an wen zu entrichten sind und so weiter. Er möchte die IT als einen einzigen ganzheitlichen Service von uns geliefert bekommen. Das wünscht sich der Mittelstand.
Und warum ist die All for One Steeb AG für diese Aufgabe prädestiniert?
Landwehrkamp: Weil wir von der Geschäftsprozessberatung kommen. Wir kennen die Maschinenbauer, wir wissen, wie der Automobilzulieferer tickt. Daher sind wir näher am Geschäftsmodell des Kunden als andere nicht darauf spezialisierte Systemhäuser und können auch rascher die IT an die geänderten Geschäftsprozesse beim Kunden anpassen. Denn das verschafft ihm schlussendlich den nötigen Vorsprung gegenüber seinen Wettbewerbern.
Und natürlich haben wir das Geschäftsprozess-Know-how nur in einigen Branchen. Wir konzentrieren uns auf die Maschinenbauer, die Automobilzulieferer und die Konsumgüterindustrie. Andere "Verticals", zum Beispiel die Nahrungs- und Genussmittel-Branche, sprechen wir über Partner an.