Künstliche Intelligenz heute und morgen

Von Machine Learning zu Neuromorphic Computing

29.11.2018
Von 
Jens Dose ist Editor in Chief von CIO. Seine Kernthemen drehen sich rund um CIOs, ihre IT-Strategien und Digitalisierungsprojekte.

Schon heute künstlich intelligent

Auch wenn "echte" künstliche Intelligenz erst mittelfristig relevant wird, profitieren bereits heute Unternehmen von KI-artigen Technologien. Laut Senior Director Analyst Ilona Hansen ergeben sich bei der Kundenansprache im B2B Potenziale.

Laut Hansen erreichen Marketing-Abteilungen durch KI-Einsatz 30 Prozent mehr qualifizierte Leads. Für den Sales bedeute KI, dass Unternehmen, die datengetriebene Erkenntnisse aus KI-Lösungen einsetzen, schneller wüchsen.

Dies werde erreicht, indem interne Prozesse, wie etwa die Übergabe von Leads aus dem Marketing in den Vertrieb, und manuelle Datenpflege automatisiert würden, so dass sich die Mitarbeiter auf ihre Kernaufgabe der Kundenansprache und -bindung konzentrieren könnten. Im Kundenkontakt selbst helfen KI-Assistenten dabei, interne (aus Datenbank oder CRM) und externe Daten (etwa Nachrichten oder öffentliche Informationen aus sozialen Netzwerken) über einen Kunden automatisiert zu korrelieren und in einer Form bereit zu stellen, dass der Mitarbeiter im Gespräch mit dem Kunden die richtigen Fragen stellen und bessere Angebote unterbreiten kann.

Intelligenter Kundenkontakt

Um KI in der Kundenansprache zielführend zu implementieren, schlägt Hansen ein vierstufiges Framework vor:

  1. Wahrnehmen (Sense) - Bedeutungen in Worten, Sprache und Bildern finden;

  2. Denken (Think) - Ergebnisse vorhersagen, Verbindungen entdecken und Assoziationen herstellen;

  3. Handeln (Do) - Reagieren, Prozesse optimieren und (automatisch oder unterstützt) informiert Handeln;

  4. Lernen (Learn) - Mit jeder Kundeninteraktion den Prozess verfeinern;

Werde dieses Framework auf die einzelnen Abteilungen im Kundenkontakt angewandt, ergeben sich je nach Disziplin verschiedene Mehrwerte:

Im Marketing stehen mehr Daten zu Verfügung, die automatisiert auf Muster untersucht und analysiert werden können. So entsteht eine Basis für Segmentierung und Klassifizierung von Leads und Prospects, worauf aufbauend die individuelle Customer Journey sowie eine passende Marketingstrategie entwickelt werden kann.

Im Vertrieb unterstützt KI den Datenfluss und die Pflege des Bestandes an Kundendaten. Sie ermöglicht durch detaillierte Erkenntnisse über den Kunden einen hohen Grad an Personalisierung bei Angeboten und verkürzt Reaktionszeiten im Austausch.

Auch im Kundenservice kann KI die Personalisierung fördern, indem bei einem Anruf dem Service-Mitarbeiter bereits alle aktuellen Informationen zum Kunden zu Verfügung stehen. Im Gespräch selbst kann der KI-Assistent auf Basis der Anfrage dem Mitarbeiter die korrekten Informationen und Antworten unmittelbar bereitstellen. Standard- und einfache Anfragen können durch die Integration von Natural Language Processing (NLP) teils komplett von Chatbots und ähnlichem übernommen werden. Menschliche Mitarbeiter konzentrieren sich dann auf komplexe oder kritische Anfragen. Zudem können mithilfe von Datenanalysen aus Anfragen, Beschwerden oder Marktanalysen Angebote und Services dynamisch angepasst werden.

Was also tun?

In Bezug auf die Art und Weise, wie KI in den Kundenkontakt integriert werden sollte, hat Gartner-Analystin Hansen ebenfalls Empfehlungen an der Hand für Unternehmen, die KI für sich nutzen wollen.

Das wichtigste ist: Heute anfangen. Es können kleine Projekte sein, aber sie sollten so früh wie möglich angestoßen werden.

Dazu gilt es, die Flaschenhälse in den Geschäftsbereichen mit Kundenkontakt zu identifizieren und zu bewerten. Halten Sie die wichtigsten Punkte in einer Prioritätenliste fest, an der sich das Projekt orientiert.

Die Datengrundlage ist ein entscheidender Faktor für die Wirksamkeit von KI-Lösungen. Daher gilt es, alle relevanten Datensilos aufzubrechen und miteinzubeziehen. Dabei spielen nicht nur die verschiedenen Abteilungen, Datenbanken und Systeme eine Rolle, sondern auch Soziale Netzwerke, Visitenkarten, Channel-Partner etc.

KI-Know-how und die nötigen Tools im Unternehmen aufzubauen ist zeit- und kostenintensiv. Daher sollte auf Lösungen Dritter zurückgegriffen werden. Zum einen ist das meist kostengünstiger und schneller einsetzbar. Zum anderen erhalten Unternehmen Zugriff auf zahlreiche externe Datenquellen zum Training der KI. Des Weiteren kümmert sich der Anbieter um die Weiterentwicklung und das Feintuning der Datenmodelle, sodass keine internen Ressourcen dafür aufgewendet werden müssen. Vollwertiges Outsourcing von KI-Diensten ist dagegen unüblich.

Sollen dennoch KI-Modelle in-house entwickelt werden, bietet sich der Bereich Up- und Cross-Selling an. Hier werden größtenteils Verbindungen zu On-Premise-Systemen und - wenn überhaupt - nur begrenzter Zugriff auf externen Datenpunkte benötigt. Der Trend geht laut Hansen aber auch in diesem Bereich dahin, diese Workloads durch fremde Tools zu bewältigen.