Es braucht keine Digitalisierungsoffensive der Bundesregierung, um die Brisanz des Themas für die Versicherungsbranche zu verdeutlichen. Die Notwendigkeit, Geschäftsmodelle und die dahinterstehenden Prozesse digitaler aufzustellen, ist längst erkannt – und die Umsetzung ist in vollem Gange.
Doch betrachtet man die deutsche Versicherungslandschaft und die etablierten Player, könnten die Ansätze nicht unterschiedlicher sein. So beginnt für einige Versicherer die Digitalisierung mit einer schönen App. An anderer Stelle werden wiederum zuerst die nachgelagerten Prozesse in Angriff genommen. Am Ende der Skala finden sich die holistischen Transformationsprojekte, die eine ganze Organisation auf links drehen wollen. Zu einem nicht geringen Teil werden Prioritäten falsch gesetzt oder der Aufwand unterschätzt.
Zudem haben sich die Kundenbedürfnisse fundamental verändert: Heute werden hohe Geschwindigkeit und größtenteils digitale Kommunikation erwartet. Kommunikation in Echtzeit und Transparenz in den Angeboten wird erwartet. Das heißt nicht, dass persönliche und papiergebundene Kommunikation ein Auslaufmodell ist. Aber ihr Anteil verringert sich und sie wird – wo notwendig – sinnvoll durch Technologie ergänzt werden.
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Die Versicherungsgesellschaften und die großen Versicherungskonzerne haben es hierbei mit besonderen Herausforderungen zu tun. Sie verfügen zum einen über gepflegte und weiterentwickelte IT-Systeme, oft mit heterogener Struktur aus verschiedenen Unternehmenszusammenschlüssen. Zum anderen betreiben sie auch Druckzentralen und Frankierstraßen. Diese Anlagen können nicht sofort abgeschaltet werden. Mit den vorhandenen technischen Strukturen sind aber auch die Organisationen und Unternehmenskulturen verknüpft, die mit auf den digitalen Weg genommen werden müssen.
Die Krux mit dem Erbe der IT-Landschaft
Auch im Finanzsegment taucht immer wieder der Begriff "Legacy Systeme" auf. Legacy Systeme sind IT-Systeme, die ein Unternehmen etabliert hat und die über Jahre oder Jahrzehnte gewachsen sind. Exemplarisch kann man die seit den 1980er Jahren populären AS400 Systeme von IBM nennen, die bei einem Großteil der Unternehmen immer noch eingesetzt werden. Da diese Systeme bis heute genutzt werden, sind oft eigene Interfaces beziehungsweise Dateninterpreter nötig, um den Anforderungen gerecht zu werden. Der Aufwand ist enorm, stammt doch das Betriebssystem ebenfalls aus den 1980ern, auch wenn es natürlich weiterentwickelt wurde.
Erschwerend kommt hinzu, dass man Entwickler, die diese Betriebssysteme noch beherrschen, nicht mehr überall findet. Und spätestens der Risikomanager macht dann der IT einen Strich durch die Rechnung mit den Altsystemen. Mit einem Legacy System, welches nicht einfach zu spiegeln ist, kann man modernen Risikoanforderungen nicht gerecht werden.
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Und da kommt ein zweiter Aspekt ins Spiel: Daten-Migration. Wenn aus den Altsystemen Informationen übernommen werden sollen, werden sie durch eine Anwendung in ein für neue Systeme lesbares Format übertragen. Der Prozess ist ausgesprochen aufwändig, denn nicht alle Daten sind sauber gepflegt. Es kommt vor, dass Daten zusätzlich über Arbeitsanweisungen mit Informationen verknüpft sind, die noch in Handakten aufbewahrt werden.