Gerade die jüngeren CIOs wollen Analytics zur Top-Strategie machen", stellt Mohamed Abdel Hadi fest, "aber oft ist das Thema noch CFO-getrieben und vielmehr eine Pflichtaufgabe um Abschlüsse und Reportings als Innovations- oder Datengetrieben." Abdel Hadi leitet den deutschen Analytics-Presales-Bereich bei SAP. Sein Statement umschreibt das Ergebnis der Studie "Analytics Readiness 2016" der IDG Business Media. Mehr als 300 Entscheider aus dem Management, der IT und den Fachbereichen haben daran teilgenommen. Eine Kernaussage, die sich aus den Antworten herauslesen lässt: Noch schöpfen deutsche Unternehmen die Chancen von Analytics nicht aus - aber das Thema ist zumindest angekommen.
Abdel Hadi hat die Ergebnisse der Studienumfrage mit seinem SAP-Kollegen Klaus-Peter Sauer sowie Michael Gerstlauer von Teradata und Fabian Veit von Celonis im Rahmen eines Roundtable der COMPUTERWOCHE diskutiert. Die komplette Studie "Analytics Readiness 2016" erhalten Sie im Studienshop der COMPUTERWOCHE.
Die Ergebnisse der Studie zeigen, dass es vor allem die Chief Financial Officers (CFOs) in den Unternehmen sind, die das Thema Analytics forcieren und antreiben: Knapp sechs von zehn Befragten identifizieren Finance/Controlling sowie den Vertrieb als fleißigste Datensammler in ihren Organisationen. Hauptzweck von Analytics bleibt demnach das Reporting, wie rund sieben von zehn Befragten bestätigen. Deutlich weniger - etwa vier von zehn Studienteilnehmern - bezwecken auch das Generieren neuer Services und neuer Umsätze. "Hier lässt sich der Anspruch der Entscheider bereits herauslesen", kommentiert Gerstlauer. Und Veit beobachtet, dass deutsche Firmen zunehmend abteilungsübergreifende Prozessverantwortliche definieren. "Diese gehen der Frage nach: Wo verdienen wir Geld?", sagt er.
Stichwort Verantwortung: Die Studie zeigt, dass sich die Datenhoheit in den Unternehmen auf mehrere Schultern verteilt. Mit leichtem Vorsprung nennen die Befragten die IT-Abteilung (31 Prozent), aber fast ebenso oft aber die Geschäftsführung beziehungsweise den Vorstand sowie die entsprechenden Fachabteilungen (jeweils 28 Prozent). Die Zeiten, in den der CIO die Herrschaft über die Daten innehatte, scheinen also mittlerweile vorbei zu sein.
Chief Data Officer - der Herr der Daten
Neun Prozent der befragten Manager sprechen heute von einem Chief Data Officer in ihrem Unternehmen. Das ist eine Rolle, die kommt, erwartet Abdel Hadi: "Seit drei, vier Jahren sehe ich viele Ausschreibungen dafür." Nicht erstaunlich, ergänzt Veit: "Der CIO muss die Systeme am Laufen halten und hat sehr viele operative Themen zu verantworten." Um Digitalisierung könne sich da schlicht nur der IT-Chef kümmern, der die Zeit sowie die Ressourcen dafür hat - und den Willen. Jedenfalls bleibe das Kürzel CDO spannend, sagt Sauer: "Diese Rolle muss sich noch finden und wird stark von der jeweiligen Branche geprägt sein."
Alle vier Roundtable-Experten beobachten, dass sich CIOs insgesamt zu defensiv verhalten. Zu oft gebe es Konflikte mit Fachabteilungen, die "auf ihren Datenschätzen hocken" und nicht verstehen, warum sie etwas weitergeben sollen. Es fehle an Kooperation, und als Folge dessen wüssten IT-Entscheider häufig nichts von extern zugekauften Informationen.
Ob extern eingekauft oder intern generiert - wie kommen die Studienteilnehmer eigentlich an ihre Daten? Die Antwort überrascht: Eine große Mehrheit von 89 Prozent identifiziert die E-Mail als Quelle. Die Experten sind sich einig: Anwender unterscheiden offenbar nicht zwischen der eigentlichen Datenquelle und dem Tool, das diese Daten nur verbreitet. Dazu Sauer: "Da werden nächtlich PDFs erzeugt und als E-Mail verschickt!" Immerhin mehr als jeder dritte Studienteilnehmer gibt an, sein Unternehmen arbeite mittlerweile auch mit neuen Quellen beispielsweise mit maschinengenerierten Daten. Dieser Bereich wird wachsen, sind sich die Roundtable-Experten sicher.
Denn sie wissen nicht, was auf sie zukommt
Soviel zum Status quo. Im Rahmen der Studie wurde auch abgefragt, ob die Unternehmen einschätzen können, welche Daten sie künftig in welcher Form brauchen werden, um erfolgreich zu sein. Eine Minderheit von vier Prozent kreuzte an: "Nein, überhaupt nicht." Angesichts dieses Ergebnisses müssen die Roundtable-Experten lachen. "Das sind die Einzigen, die es wirklich verstanden haben", attestiert Gerstlauer, "sie haben begriffen, dass wir alle nicht wissen, was auf uns zukommt."
Veit wiederum sieht sich das andere Ende der Skala an: 13 Prozent der Studienteilnehmer gaben an, ihren Datenbedarf "sehr genau" zu kennen. Dazu stellt der Celonis-Manager fest: "Niemand kann wissen, welche Möglichkeiten er in fünf Jahren haben wird. Deshalb sehe ich diese dreizehn Prozent in einer sehr gefährlichen Position." 39 Prozent erklärten, nur ungefähr zu wissen, welche Daten sie in Zukunft benötigen. "Ein gutes Bauchgefühl ist daher vielleicht gar nicht das Schlechteste", ergänzt SAP-Manager Sauer.