Der US-Lernplattformanbieter Pluralsight hat im Rahmen seines aktuellen "AI Skills Report 2024" in den USA und Großbritannien 1.200 IT-Entscheider und -Experten aus diversen Branchen zu ihren Bemühungen im Bereich künstliche Intelligenz (KI) befragt. Die wesentlichen (und teilweise etwas erschreckenden) Erkenntnisse:
92 Prozent der Befragten berichten von beschleunigten KI-Initiativen in den letzten 12 Monaten.
80 Prozent der Führungskräfte (und 72 Prozent der IT-Praktiker) stimmen zu, dass ihre Unternehmen oft in neue Technologien investieren, ohne dabei an das Training für die Mitarbeiter zu denken.
90 Prozent der befragten Führungskräfte geben zu, keinen Überblick über die KI-Skills ihrer Teams zu haben, beziehungsweise diese nicht vollständig zu verstehen.
KI-ready oder nicht, das ist hier die Frage
Letzteres bedeutet im Umkehrschluss, dass diese Führungskräfte auf eine Skills-Gap-Analyse verzichtet haben. Woraus eine grundlegende Diskrepanz zwischen der KI-Strategie des Unternehmens und den real vorhandenen Skills resultieren kann.
Bei Pluralsight drückt man das etwas optimistischer aus: "Diese Ergebnisse zeigen, dass Unternehmen noch herausfinden müssen, wo sie den Fokus ihrer Kompetenzentwicklungsprogramme setzen sollen. Sie müssen Klarheit darüber gewinnen, welche Ressourcen sie benötigen, um ihre Investitionen in neue Technologien zu maximieren." Um die kritischen Skills identifizieren zu können, die für ihre Teams unverzichtbar sind, empfehlen die Studienautoren den Unternehmen, proaktiv die technischen Kompetenzen ihrer Mitarbeiter zu bewerten.
Darüber hinaus zeigt der Report, dass die Unternehmen auch oft auf Hindernisse stoßen, wenn es darum geht, KI-Upskilling-Programme erfolgreich umzusetzen. Die drei wesentlichen Challenges in diesem Bereich sind demnach:
die richtige Schulung zu finden (42 Prozent),
sicherzustellen, dass die Schulung auch für das KI-Tool geeignet ist (49 Prozent), sowie
das nötige Budget zu beschaffen (48 Prozent).
"Das verdeutlicht, wie wichtig es ist, den Erfolg von Weiterbildungsangeboten zu erfassen und eine Continuous-Learning-Kultur aufzubauen", kommentiert Pluralsight. Es müsse der Impact des Upskilling auf die Kompetenzverbesserung und den ROI gemessen werden.
Etwas pessimistischer ausgelegt: Gelingt es den Unternehmen nicht, die KI-Kompetenzlücke zu schließen, kann das die Rentabilität ihrer Investitionen in die Technologie beeinträchtigen sowie potenzielle Wettbewerbsvorteile und Innovationen und damit Business-Möglichkeiten vernichten. (fm)
- Andreas Schneider, IBM
„KI ist nur so gut wie die Daten, die sie füttert. Unternehmen benötigen daher eine AI- und Data-Plattform, um Modelle möglichst kontextspezifisch und kollaborativ zu trainieren, zu validieren und zu deployen. Gleichzeitig darf dabei nicht aus den Augen verloren werden, alle Beteiligten auch abzuholen. Dass Veränderungen, beispielsweise durch die Automation von Geschäftsprozessen, nicht immer auf Begeisterung stoßen, ist völlig menschlich. Soziale Aspekte und Ängste muss man deshalb genauso berücksichtigen wie Technologie und eine umfangreiche Governance von KI-Modellen.“ - Daniel Hummel, KI Reply
„Es reicht nicht aus, lediglich theoretisch über KI-Lösungen zu diskutieren und sie zu skizzieren. Stattdessen sollten wir diese Lösungen mithilfe von Mockups simulieren, um ihren Nutzen und ihre Machbarkeit besser zu verdeutlichen. Dank der neuesten Fortschritte in der KI können wir sie schnell in Proof-of-Concepts (PoCs) umwandeln. Dies eröffnet uns die Möglichkeit, sofort auf Veränderungen zu reagieren und den nächsten Schritt in Richtung Realisierung zu gehen. Für mich ist es von zentraler Bedeutung, die uns zur Verfügung stehenden Modelle bestmöglich zu nutzen. Damit können wir in Deutschland eigenständige Innovationen vorantreiben, anstatt die Lösungen anderer zu adaptieren.“ - Michael Koch, Lufthansa Industry Solutions
„Die Nutzung von KI bringt bereits heute viele Vorteile, wir müssen den Umgang damit aber noch erlernen. Die Vision: Wir sollten KI wie ein Flugzeug verwenden. Denn auf dem Weg in den Urlaub vertrauen wir der Technik und machen uns keine Gedanken darüber, wie zum Beispiel ein Triebwerk funktioniert. Der Weg ist sicherlich noch weit, aber mit den derzeit verfügbaren Sprachmodellen und KIs können wir schon heute einfach und verlässlich gewinnbringende Lösungen entwickeln, die aktuelle Sicherheits- und Datenschutzvorgaben berücksichtigen. Eine gute Lösung sollte verwendet werden, egal welche KI im Einsatz ist. Voraussetzung dafür ist, dass sie alle ethischen und gesetzlichen Rahmenbedingungen im Sinne einer Trustworthy AI und des EU-AI-Acts einhält." - Christian Eckstein, MVTec Software
„Der Anteil von KI in Bildverarbeitungssystemen ist niedriger, als man vielleicht vermuten würde. Und das hat einen einfachen Grund: Die Modelle, die unsere Kunden selbst trainieren, müssen lokal ausgeführt werden. Die Idee, dass der Anlagenbetrieb von einer Internetverbindung oder einer Cloud abhängt, ist sehr absurd in der Industrie. Auch, dass Bilddaten von Fehlerteilen zum Beispiel nach aussen geschickt werden, ist für die meisten undenkbar. Weil die Modelle lokal ausgeführt werden, braucht es eine entsprechende Hardware. Eine GPU, die in der Fertigung gekühlt werden muss – auch das ist schwierig. Und schließlich ist KI für die meisten Anwendungen der Bildverarbeitung zu langsam. Die Inspektion von Folie zum Beispiel, die mit zig Metern pro Sekunde durch die Anlage läuft – da käme kein Modell hinterher.“ - Björn Ständer, Oracle
„Ein breites Einsatzgebiet für KI gibt es heute schon im Bereich Gesundheitswesen. Die Kombination aus supervised and unsupervised Leaning erschliesst neue Möglichkeiten im Bereich Diagnose und Behandlung. Dabei werden z.B. Messdaten von Smart Devices mit Modellen von Digital Twins kombiniert, um Erkenntnisse für eine Früherkennung oder neue Behandlungsmethoden zu gewinnen. Der Einsatz anonymisierter Bilderkennung unterstützt das Krankenhauspersonal beim Monitoring von Patienten und alarmiert Pflegekräfte über kritische Situationen – durch eine intelligente Automatisierung mit KI kann das Personal von Routinetätigkeiten entlastet werden – in Zeiten von Fachkräftemangel und steigendem Kostendruck dient der Einsatz von KI dem Wohl Patienten als auch der Kostenoptimierung des Providers.“ - Alexander Siebert, Retresco
„Mit ChatGPT haben wir zum ersten Mal eine White Collar Revolution. Vorher waren es die Kuka-Roboter, welche die Blue Collar Worker in den Fabriken bedroht haben. Nun sind plötzlich die Kreativprozesse betroffen, was Unternehmen vor große Herausforderungen stellt. Sowohl intern, weil die Marketing-Abteilungen um ihre Jobs fürchten, andererseits aber damit arbeiten müssen, um effizient zu bleiben. Aber auch von außen, weil plötzlich eine ganz andere Wettbewerbssituation gegeben ist. Mit KI-Sprachmodellen können kleine 1-Personen-Betriebe viel leichter Geschäftsmodelle aufbauen, welche sehr schnell herkömmliche Angebote bedrohen können.“ - Johannes Bohnet, Seerene
„Selbst vergleichsweise einfache Softwareprojekte entziehen sich durch ihre im wahrsten Sinne des Wortes übermenschliche Komplexität einem holistischen menschlichen Verständnis und damit der strategischen Steuerung durch menschliche Akteure. Seerene nutzt KI einerseits, um aus den Daten, die in den Software-Entwicklungsabteilungen bereits vorhanden sind, die Sichtbarkeit von Software-Produktionsprozessen bis hin zur Managementebene zu erreichen. Zum anderen setzen wir AI direkt in der Software-Entwicklung ein, um Vorhersagen treffen zu können, wo aus den Tätigkeiten heraus eine zukünftige Gefahr besteht, dass dort Fehlerquellen in den Code gelangen könnten.“
Dieser Beitrag basiert in Teilen auf einem Artikel unserer US-Schwesterpublikation Infoworld.