HCM On-premises und aus der Cloud

So setzen Sie ein hybrides SAP-HR-System richtig auf

28.07.2023
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Michael Scheffler schreibt als SAP HCM Experte über die Möglichkeiten der SAP-Standardlösungen im personalwirtschaftlichen Bereich und setzt dabei den Fokus auf Talentmanagement. Er verfügt über mehr als 20 Jahre IT- bzw. Branchenerfahrung und berät seine Kunden als Managing Consultant in den Bereichen HR/IT-Strategie, HR Digitalisierung, Technologie- und Architekturberatung sowie als Entwickler. Seit 2008 ist er Geschäftsführer der projekt0708 GmbH. Als Podcaster produziert und moderiert er das Format „HR/IT Talk“.

Best-Practices für die Integration hybrider Systemlandschaften

Umstellung in einem Schritt oder phasenweise: Die Erfahrung hat gezeigt, dass ein sogenannter Big-Bang-Projektansatz in Summe zwar weniger Aufwand bedeutet, aber im Detail wesentlich schwerer zu koordinieren ist als ein phasenweises Rollout-Verfahren. Welche Vorgehensweise besser ist, kommt aber immer auf den individuellen Einzelfall an. In einem Unternehmen, das verschiedene Tochtergesellschaften in mehreren Ländern besitzt, bietet sich beispielsweise ein sukzessiver Rollout auf Landesebene an.

Lesetipp: Der Acht-Punkte-Plan - Sichere Software-Rollouts im Ausland

Umstellung zum Aufräumen im System nutzen: Das klassische SAP HCM bietet viele Freiheiten, unternehmensspezifische Entwicklungen zu implementieren. Gerade in Systemen, die schon lange in Betrieb sind, haben sich oft Altlasten in Form von kundeneigenen Infotypen oder Prozessen angesammelt, die nicht mehr benötigt werden beziehungsweise obsolet sind. Auf Seiten von EC hingegen ist ein höherer Standardisierungsgrad gegeben - was tendenziell zu einer Reduktion von Komplexität beiträgt. SAP-Anwender müssen sich daher entscheiden, ob Daten und Prozesse wie bisher betrieben und dementsprechend 1:1 übertragen werden sollen oder ob Prozesse unter Umständen neu gestaltet werden müssen. Was auf den ersten Blick wie eine Einschränkung wirkt, kann auch als Chance verstanden werden, "alte Zöpfe abzuschneiden".

Organisationsstruktur: EC bietet zwar auch die aus HCM bekannte Organisationsstruktur an, umfasst aber andere Strukturierungselemente (Legal Entity, Business Unit, Division und Department). Daneben besteht seitens der SAP die Empfehlung in ihren Implementation Design Principles, das EC im "Department only" Modus zu betreiben. In diesem Falle wird das Organigramm auf jeder Hierarchieebene lediglich mittels Departments umgesetzt. Allerdings plant SAP eine entsprechende Weiterentwicklung um Business Units und Divisions. Vorteile laut Hersteller: geringerer Programmieraufwände in der Migration und Replikation sowie ein vereinfachter Betrieb. Auch werden Reorganisationen hierdurch vereinfacht. Dabei gilt es zu bedenken, dass EC - im Gegensatz zum SAP HCM - kein Vererbungsprinzip kennt. Dieser funktionale Unterschied muss im Zweifel programmatisch gelöst werden.

Testen, testen, testen: Bei jedem IT-Projekt ist umfangreiches Testen unerlässlich, um sicherzustellen, dass am Ende alles fehlerfrei funktioniert. Dies gilt insbesondere für die Migration beziehungsweise Integration von SAP HCM und EC. Da es sich hier um ein hybrides Betriebsmodell handelt, steigt die Komplexität deutlich und damit auch die Anzahl potenzieller Fehlerquellen. SAP bietet daher einen Datenreplikationsmonitor und eine erweiterte Protokollierung an. Damit lässt sich im Zweifel identifizieren, wo genau etwas bei der Migration respektive Replikation nicht funktioniert hat. Im besten Fall können damit einzelne Fehler sogar automatisiert behoben werden.

Was tun, wenn der SAP Standard nicht ausreicht

Generell gilt: Je mehr SAP-Standard verwendet wird, desto einfacher gestaltet sich die Umstellung. Programmiert werden muss erfahrungsgemäß immer. Wenn der SAP-Standard nicht ausreicht, zum Beispiel bei kundeneigenen Infotypen, die auf Seiten vom SAP HCM System implementiert wurden, kann mittels Business Add-Ins (BAdIs) - sprich anhand von Coding - auf das Mapping eingewirkt werden. Die Erfahrung zeigt jedoch: Wenn eine eigene Integrationslogik benötigt wird, sollte diese so schlank wie möglich gehalten werden. Denn je umfangreicher die eigene Programmierung, desto mehr Probleme sind im Betrieb zu erwarten und desto aufwändiger wird die Wartung im Betrieb. Ferner kann im Zweifel auch die Performance darunter leiden.

Ein Tipp: Es sollte immer hinterfragt werden, ob der jeweilige Sachverhalt wirklich noch benötigt wird, und wenn ja, ob dieser tatsächlich ins EC überführt werden muss oder eventuell im HCM verbleiben kann.

Was SAP weiter plant

Die Roadmap der SAP führt für das Personalwesen in die Cloud. Spätestens 2030 ist mit SAP ERP HCM, wie wir es heute kennen, Schluss. Für Unternehmen, die aktuell noch nicht in die Cloud wechseln wollen oder können, existiert seit Ende 2022 die Nachfolgelösung SAP HCM for S/4HANA (H4S4). Diese steht in der konventionellen On-premises-Version, oder als Private-Cloud-Edition zur Verfügung.

Lesetipp: SAPs Cloud-Geschäfte brauchen Zeit

SAP garantiert die Wartung und den Support von H4S4 bis 2040. Wichtig: Auch für SAP HCM for S/4HANA ist eine Integration nach SuccessFactors EC über den BIB verfügbar. Das notwendige Integration Add-on (ECS4HCM) ist nochmals optimiert gegenüber der SAP ERP HCM Version (PA_SE_IN). Zudem wird ein entsprechender Upgrade unterstützt.

SAP wird in den kommenden Jahren alle Funktionen aus SAP HCM in die Cloud bringen, dies umfasst auch Zeitwirtschaft und Payroll. Selbst wenn bis dahin vermeintlich viel Zeit bleibt, sollten sich Entscheiderinnen und Entscheider baldmöglichst um eine entsprechende Planung und - falls nicht vorhanden - eine eigene HR/IT Roadmap bemühen. (ba)