Diversity-KPI fördert Firmenattraktivität
Wenn Unternehmen Frauen in Führungspositionen fördern wollen, sollten das auch nach außen hin transparent kommunizieren. Sie sollten sich zusätzlich zur Frauenquote eigene KPIs setzen und ihre Kennzahlen dahingehend offenlegen. Das bestehende Management sollte mit gutem Beispiel vorangehen und von Anfang an auf unterrepräsentierte Gruppen eingehen, diese in die Unternehmenskultur aufnehmen und begrüßen. So wird der Diversity-Gedanke im Unternehmen etabliert und die Entstehung von Stereotypen im Keim erstickt.
Die Verantwortung dafür liegt allerdings nicht bei der Führungsetage allein, sondern setzt viel früher an. Die gleiche Behandlung aller Geschlechter sollte bereits im Kindesalter zur Selbstverständlichkeit werden. Mädchen und Jungen sollten gleichermaßen ermutigt werden, die Berufe zu ergreifen, für die sie sich begeistern. Das Geschlecht sollte keine Rolle spielen, wenn es um Interessen, Begabungen und Berufswünsche geht.
Vorbild Skandinavien
Dabei dient Skandinavien als großes Vorbild. Im schwedischen Parlament sind 46 Prozent der Abgeordneten weiblich- damit liegt das Land nur 1 Prozent hinter Island, dem europäischen Spitzenreiter. Der Gender Equality Index liegt in Schweden bei 83,9 von 100 Punkten, und damit 15,3 Punkte über dem europäischen Durchschnitt, und 15,2 Punkte vor Deutschland. Skandinavische Länder zeigen, wie Gleichstellung und Förderung in Unternehmen und Gesellschaft funktioniert. Nur eine Gesellschaft und Wirtschaft, die auf das gesamte Potenzial der Bevölkerung zurückgreift, wird langfristig ein Umfeld schaffen, in dem sich alle gesehen und integriert fühlen.
Es liegt in der Natur der Sache, dass unterrepräsentierte Gruppen - zu denen Frauen in bestimmten Branchen sowie in Chefetagen leider noch immer gehören - ihre Ziele oft weniger selbstbewusst vorantreiben, da sie das Gefühl haben, dass ihnen die Verbündeten fehlen. Dem können Unternehmen aktiv entgegenwirken, indem sie ein Arbeitsumfeld schaffen, in dem sich jeder wohl fühlt. Dazu können beispielsweise Frauennetzwerke gebildet werden, die zum Austausch und "natural networking" einladen, oder sogenannte Empathy-Zirkel, in denen sich regelmäßig in kleinen Gruppen über spezifische Themen und Probleme ausgetauscht wird, um gemeinsam Fortschritte voranzutreiben. Auch dezidierte Mentorship- oder Coaching-Programme - beispielsweise ein Leadership-Training nur für Mitarbeiterinnen - können dazu beitragen, Frauen in mehrfacher Hinsicht zu fördern.
Es braucht eine Plattform für Managerinnen
Unternehmen müssen Präsenz zeigen - in den Medien, auf Karrieremessen für Frauen, an Schulen und in Universitäten - und eine Plattform für weibliche Führungskräfte schaffen, die diese nutzen können, um eine Vorbildfunktion einzunehmen und junge Frauen zu inspirieren und zu motivieren. Eine solche Plattform kann genutzt werden, um mit alten Rollenbildern aufzuräumen und zu zeigen, dass es durchaus möglich ist, eine Familie zu haben und Karriere zu machen. Sie kann auch vor Augen führen, dass Frauen keinesfalls genauso wie die männlichen Kollegen agieren müssen, um ernst genommen zu werden, sondern ihren ganz individuellen Führungsstil finden können.
Unternehmen, die mehr weibliche Arbeits- und Führungskräfte anziehen wollen, sollten außerdem über flexible Arbeitszeitmodelle und Arbeitsorte nachdenken - keine neue Idee, aber längst noch keine Selbstverständlichkeit. Je mehr Flexibilität ein Mensch in Hinblick auf seine Arbeit genießt, desto besser kann er sie mit Familie, Hobbies und persönlichen Interessen in Einklang bringen, was die allgemeine Zufriedenheit sowie die Bindung zum Unternehmen steigert. Momentan werden Teilzeitmodelle in Deutschland eher von Frauen genutzt, doch das Angebot sollte für beide Geschlechter eine Selbstverständlichkeit sein.
Auch in Europa sind noch zu viele Männer Chefs
Frauen zu unterstützen und zu fördern bedeutet nicht, Männer auszuschließen. Ein integrativer und offener Umgang mit allen Geschlechtern ist wahre Gleichstellung. Dabei sollten Empathie und Verständnis für verschiedene Rollen, Bedürfnisse und Perspektiven im Vordergrund stehen.
Auch wenn sich in dieser Hinsicht bereits einiges bewegt, sind die Führungsetagen europäischer Unternehmen noch immer sehr männlich geprägt. Doch auch das wird sich in den kommenden Jahren sehr wahrscheinlich ändern. Zum Jahreswechsel 2022 auf 2023 ist die EU-Führungspositionen-Richtlinie in Kraft getreten, und wurde auch vom deutschen Bundestag im Februar 2023 angenommen. Bis 2026 müssen nun 40 Prozent der Mitglieder in Aufsichtsräten und 33 Prozent in Aufsichtsräten und Vorständen börsennotierter Unternehmen in der EU weiblich sein. Es muss klar werden: Mehr Frauen in Führungspositionen bedeuten keine Konkurrenz, sondern einen Mehrwert. Es kann nicht nur mehr als eine geben - es muss!
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