Egal ob Web Based Training, Webinare, Wikis, Social Media, andere Formen des E-Learning, Blended Learning oder reine Präsenzveranstaltungen, es gibt zahlreiche Lehr- und Lernmethoden für die Aus- und Weiterbildung. Oft ist die Fülle des Angebots und die Art der Lernmedien für die Nutzer jedoch verwirrend und wird der Ruf nach mehr Struktur laut. Zum Beispiel eine Ordnungsstruktur oder Suchfunktion, um rasch und benutzerfreundlich zur gewünschten Lerneinheit zu gelangen. Gerne fällt in diesem Zusammenhang der Begriff des Learning Management System (LMS). Aber was ist so ein System genau und wird es überhaupt benötigt?
Grundsätzlich handelt es sich bei einem LMS um eine Software, über die Lerninhalte verbreitet werden können. Bestandteil eines modernen LMS sind Zusatzfunktionen, die zum Beispiel das Finden des passenden Lernstoffs erleichtern, aber auch Features, die einer besseren Organisation und Kommunikation dienen. Es gibt inzwischen eine große Auswahl solcher Lösungen mit unterschiedlichen Eigenschaften und Möglichkeiten. Oft fehlen für den individuellen Bedarf des jeweiligen Unternehmens wesentliche Funktionen. Stellt sich die Frage, ob ein LMS unbedingt erforderlich ist? Antwort: Nein.
In der Tat benötigen Unternehmen oder Organisationen zur Veröffentlichung von Lerneinheiten nicht zwingend ein LMS. Mit ziemlich überschaubarem Aufwand können die angebotenen Lerneinheiten auch über eine Web-Seite veröffentlicht werden. Dies gilt für Präsenzveranstaltungen ebenso wie für Webinar-Termine oder elektronische Lernprogramme. Web Based Training kann heute im HTML5-Standard bequem über einen einfachen Link im Browser gestartet werden. Die Frage ist nur: Für wen oder welchen Anwendungsfall ist das sinnvoll?
Statistische Daten für den Lernerfolg
Für kleine Unternehmen mit nur sehr wenigen Lerneinheiten ist eine LMS sicher nicht rentabel. Der Nutzen hängt allerdings stark davon ab, was eine Firma damit vorhat, auch perspektivisch gesehen. Ein Beispiel: Mit einem LMS erhalten Unternehmen deutlich mehr statistische Daten über die Nutzung und den Erfolg einzelner Lerneinheiten. Neben Informationen ob und wie oft ein bestimmter Kurs gelernt wurde, können auch Werte zu bestandenen Quizabfragen, zum Wissenstand der Teilnehmer oder die rechtzeitige Lernzielerreichung bei terminrelevanten Schulungen angezeigt werden. Neben besseren statistischen Daten, die oft für die Anpassung des Lernangebots notwendig sind, ist ein LMS auch immer dann sinnvoll, wenn es um die Organisation von vielen Teilnehmern oder vielen Lerneinheiten geht.
Doch wie sollten Unternehmen vorgehen, um das perfekte LMS auszuwählen? Folgende sieben Schritte helfen bei Entscheidungsfindung und Planung.
Schritt 1: Bedarfsanalyse und Strategieentwicklung
Das A und O auch bei der Entscheidung für oder gegen ein LMS ist die Bedarfsklärung, die zwingend am Anfang geboten ist. Das heißt, dass sich ein Unternehmen als erstes darüber im Klaren sein muss, welche Ziele es in Sachen Lernangebote erreichen möchte. Hier sind im Vorfeld einige Fragen zu stellen. Zum Beispiel: Welche Unternehmensziele gibt es und was bedeuten sie für die Aus- und Weiterbildung? Wie muss das Schulungsangebot gestaltet sein, um die gesteckten Ziele bestmöglich zu unterstützen? Welche Maßnahmen ergeben sich daraus? Welche Priorität und welchen Zeithorizont sollen die einzelnen Maßnahmen haben? Wie sieht die Roadmap der Abteilung Human Resources für die anstehenden Bildungsthemen in den kommenden Jahren aus? Und nicht zuletzt: Wie steht der Betriebsrat dazu?
Oft ist die Einführung eines LMS beziehungsweise die Ablösung einer veralteten Software nur eine Maßnahme von mehreren. Allerdings eine, bei der die Anforderungen im gesamten IT- und Unternehmenskontext gesehen werden müssen. Ein Beispiel: Man stelle sich vor, ein Unternehmen erwirbt für teures Geld ein LMS, das mobile Lernlösungen auf Tablets und iPads aber nur unzureichend unterstützt. Wenn sich dann kurz nach der Anschaffung herausstellt, dass künftig beispielsweise im Vertrieb auf mobile Lernmöglichkeiten gesetzt werden muss, wäre die Geschäftsleitung mit Sicherheit wenig begeistert.
Es sind im ersten Schritt aber noch folgende Punkte zu klären: Um welche Zielgruppe handelt es sich bei den künftigen LMS-Nutzern? Welche Lernmedien sollen jetzt und zukünftig angeboten werden? Welche technischen und anderweitigen Rahmenbedingungen bestehen? Welcher Bedarf herrscht bei der Mobilität des LMS? Ist eine Open-Source-Lösung zielführend? Soll das System als Software-as-a-Service-Lösung (SaaS) implementiert werden? Welche Aspekte muss das Change Management bei der Einführung beachten, um das Projekt erfolgreich zu gestalten? Und: Die Mitarbeiter sollten das System akzeptieren sowie gerne damit arbeiten und lernen.
Schritt 2: Erstellung Anforderungskatalog
Aus dem analysierten Bedarf lassen sich dann in der Folge die Anforderungen an das LMS im Unternehmen ableiten. Diese werden in Gestalt eines detaillierten Anforderungskatalogs aufbereitet. Hierbei ist es wichtig, dass keine wesentlichen Punkte vergessen werden. Daher gibt es bei Unternehmensberatungen bereits sehr umfangreiche Vorlagen, die individuell an den analysierten Kundenbedarf angepasst werden können.
Schritt 3: Vorauswahl und Beschaffung aktueller LMS-Angebote
Auf der Basis des auf den individuellen Bedarf zugeschnittenen Anforderungskatalogs wird nun eine erste Vorauswahl an Systemen zur genaueren Analyse vorgenommen. In diesem Schritt werden aus den vielen angebotenen LMS-Lösungen diejenigen ausgesiebt, die aufgrund von Erfahrungswerten sowie den Vorgaben des Anforderungskatalogs nicht in Betracht kommen. Das kann beispielsweise der Fall sein, wenn durch das LMS zwingend die Verwaltung von Präsenzveranstaltungen möglich sein muss, ein bestimmtes Produkt dieses Kriterium aber nicht erfüllt.
Die sich nach der ersten Vorauswahl ergebende Shortlist an unterschiedlicher LMS-Software wird genutzt, um den zuvor erstellten Anforderungskatalog bei den verbliebenen LMS-Anbietern mit deren aktuellen Angaben zu Funktionsumfang, technischen Voraussetzungen und Angebotspreisen zu vergleichen.