4-Stufen-Plan

So automatisieren Sie erfolgreich Geschäftsprozesse

14.11.2023
Von  und


Milad Safar ist Managing Partner der Weissenberg Group.
Dr. Norbert Niemeier leitet seit 2021 bei der Weissenberg Group als Geschäftsführer den Bereich Weissenberg Intelligence. Seine Wurzeln liegen in der internationalen Technologie- und Managementberatung - Fokus auf prozessuale und technologische Fragestellungen rund um die Prozessautomatisierung - von globalen Unternehmen mit dem Anspruch, auch zukünftig im Wettbewerb mit dynamischen Innovationsunternehmen bestehen zu wollen.
Um RPA erfolgreich einzuführen und zu nutzen, müssen verschiedene Faktoren berücksichtigt werden. Ein Reifegradmodell beschreibt die Methoden und Vorgehensweisen für die verschiedenen Entwicklungsstufen.
Um RPA erfolgreich zu nutzen, reicht es nicht aus, den Schalter umzulegen. Es braucht eine Strategie.
Um RPA erfolgreich zu nutzen, reicht es nicht aus, den Schalter umzulegen. Es braucht eine Strategie.
Foto: Olivier Le Moal - shutterstock.com

Robotic Process Automation (RPA) kann nicht nur von Arbeitsaufgaben entlasten, sondern auch die Prozessqualität verbessern, menschliche Fehler minimieren, die Compliance optimieren und das Dienstleistungsportfolio eines Unternehmens erweitern. Für eine erfolgreiche Implementierung müssen jedoch Technologie, Prozesse und Mitarbeiter miteinander abgestimmt werden. Das Reifegradmodell bietet einen evolutionären Pfad zur Verbesserung des Einführungsprozesses bei Automatisierungsinitiativen.

Viele Unternehmen glauben fälschlicherweise, dass sie einfach nur mit der Automatisierung starten müssen - und dann wird alles reibungslos funktionieren. Um sicherzustellen, dass die Prozessautomatisierung im Einklang mit der Digitalisierungsstrategie des Unternehmens steht und sich dort schrittweise einfügt, empfiehlt sich für eine erfolgreiche RPA-Implementierung ein konkreter Vier-Stufen-Plan.

Die vier Reifegrade stellen eine praktische Orientierungshilfe dar, um eine geeignete Grundlage für die Organisation, Infrastruktur und den Betrieb von Bots zu schaffen. Sie helfen dabei, bewährte Verfahren bei der Entwicklung und Implementierung von Bots zu definieren und einzuhalten. Außerdem unterstützen sie bei der Umsetzung eines effektiven Monitoring-, Support- und Wartungskonzepts sowie bei der Integration der Bots in die Enterprise-Architektur. Das Reifegradmodell beschreibt die einzelnen Entwicklungsstufen für eine organisationsweite Prozessautomatisierung und bietet eine Methodik für eine erfolgreiche und skalierbare Implementierung.

Reifegrad 1: RPA-Evaluierung und Bewertung

Zu Beginn der RPA-Reise sind Unternehmen gut beraten, sich mit der RPA-Technologie durch einen Alignment-Workshop vertraut zu machen. Anschließend wird ein RPA-Assessment durchgeführt, um die Möglichkeiten und Einsatzfelder von RPA auszuloten. Es wird evaluiert, ob und inwieweit RPA in der Organisation sinnvoll ist, ob ein ausreichendes Transaktionsvolumen vorhanden ist und welchen Mehrwert die Automatisierungsinitiative bietet. Die Ergebnisse werden in einem Bewertungsbericht festgehalten.

Prozessaufnahme und -dokumentation

Jede Automatisierungsinitiative startet mit der Identifikation der geeigneten RPA-Kandidaten. Anschließend erfolgt die Aufnahme und Dokumentation der Prozesse durch sogenannte Klickstrecken, die jeden einzelnen Prozessschritt abbilden. Die Sachbearbeiter sollten dabei befähigt werden, Prozesse eigenständig aufzunehmen. Nach der Bewertung der aufgenommenen Klickstrecken wird ein detaillierter Ablaufplan erstellt und ein grober Projektplan für den nächsten Reifegrad skizziert.

In dieser Phase werden auch Schlüsselkriterien und Key Performance Indicators (KPIs) erarbeitet und festgelegt, eine Business-Case-Berechnung für jeden Prozess durchgeführt, ein Process Design Document (PDD) für jeden Prozess erstellt und entsprechende Dokumentations- und Sicherheitsanforderungen definiert. Darüber hinaus erfolgt die Auswahl der Prozesse für die Pilotierung.

Anbieterauswahl

Im Rahmen der Anbieterauswahl empfiehlt es sich, eine Liste der Top-30-Kandidaten beziehungsweise RPA-Tools zu erstellen, um diese systematisch testen und bewerten zu können. Zuvor müssen jedoch die Testkriterien festgelegt, die Infrastruktur geprüft und die entsprechenden Anforderungen dokumentiert werden. Dazu gehört auch die Klärung und Festlegung der Admin-Berechtigungen für Test-VMs, des Netzwerkzugangs für Testlizenzen und der Benutzerrechte für die benötigten Systeme.

Alle Schritte sollten möglichst in einem Projektplan, einer Checkliste "RPA-Kandidaten", einer Dokumentation der Klickpfade, der Definition von Sicherheits- und Dokumentationsanforderungen sowie einem Bewertungsbericht dokumentiert werden.

Reifegrad 2: Pilotierung

Wenn der Reifegrad 2 erreicht ist, kann die Pilotierung beginnen. Am Anfang wird es in aller Regel um eine hybride Form der Prozessautomatisierung gehen, bei der die Mitarbeiter die Zusammenarbeit von Mensch und Software-Roboter aktiv steuern, um Unterstützung zu erhalten. Es hat sich als sehr erfolgreich erwiesen, anfangs ein bis drei "Quick Win"-Prozesse als Piloten aufzusetzen.

Zeit- und Budgetschätzung

Um das Projekt vorzubereiten, muss zunächst eine Zeit- und Budgetabschätzung durchgeführt werden. Softwareentwicklungsprozesse, Revisionsanforderungen und IT-Sicherheitsstandards sollten überprüft und abgestimmt werden. Darüber hinaus ist es wichtig, ein Konzept für die Ausfallsicherheit zu entwickeln.

Auf technischer Ebene sind Zugänge und Systeme bereitzustellen, die Infrastruktur zu prüfen und entsprechende Systeme zu implementieren sowie ein technisches Prozessmodell zu erstellen. Auf der personellen Ebene muss ein Projektteam zusammengestellt und ein Projektplan erstellt werden. Im Kick-off-Meeting, dem offiziellen Start des Automatisierungsprojektes, informiert der Projektleiter über die wesentlichen Details, Rahmenbedingungen und Anforderungen des Projektes.

Go-Live des Pilotprojekts

Beim Go-Live des Pilotprojekts wird zunächst ein Diagramm des Prozesses angefertigt und der Prozess anschließend automatisiert. Testfälle werden erstellt und der Bot wird implementiert, um ihn in der Produktionsumgebung live zu schalten. In der Hypercare-Phase werden die anforderungsspezifischen Details des Dashboards definiert und installiert.

In dieser Phase werden die Prozesse auf Stabilität überwacht und die Bug Reports verfolgt. Nach der Definition der Service Levels und der Installation einer entsprechenden Infrastruktur zur Schulung der betroffenen Mitarbeiter wird diese Reifephase mit der Abnahme des Piloten abgeschlossen.