"Ok Google, Jörg anrufen". Nachdem in einem kurzen Sprechdialog geklärt ist, welcher Jörg aus der Kontaktliste gemeint ist, ruft die App den gewünschten Teilnehmer an. Auf die gesprochene Frage: "Wer ist Ada Lovelace, antwortet Siri: "Augusta Ada Byron King, Countess of Lovelace, allgemein als Ada Lovelace bekannt, war eine britische Mathematikerin…" Diese und andere Assistenzfunktionen wie Routenberechnungen, SMS verschicken oder Whats App Nachrichten aufrufen von Google Now, Siri oder Cortana sind zwar praktisch, gerade wenn man das Handy nicht in der Hand halten kann, aber sind sie auch smart? Ein System, das selbstständig auf Basis bestimmter Parameter Aktien kauft und verkauft - ist das selbst smart oder ist es nur intelligent programmiert? Welche Anforderungen muss ein Softwareservice eigentlich erfüllen, um tatsächlich als "smart" eingestuft zu werden?
Alles wird Smart
- AEG Puzzle Skylight
Wie vielschichtig das Smart Home inzwischen ist, zeigt unter anderem AEG mit der smarten Technologie "Hob2Hood" für die Dunstabzugshaube Puzzle Skylight. Über einen Infrarotsensor "kommunizieren" Kochfeld und Abzugshaube künftig miteinander, wodurch manuelle Bedienung der Vergangenheit angehören soll. - AEG SenseCook
Der Backofen SenseCook - ebenfalls aus dem Hause AEG - kommt mit einem integrierten Kerntemperatur-Sensor. Der soll sicherstellen, dass jegliche Speisen punktgenau zubereitet werden - ohne zwischendurch den Ofen öffnen zu müssen, versteht sich. Ein TFT-Farbidsplay hält den Nutzer über alle wichtigen Prozesse auf dem Laufenden. - AVM FritzDect 300
AVM zeigt auf der IFA nicht nur neue Fritzboxen und Zubehör, sondern hat auch Smart-Home-Produkte dabei. Beispielsweise den smarten Heizkörperregler FritzDect 300. Eingerichtet wird das Ding über die Fritzbox - per App auch von unterwegs. - Devolo Home Control
"Das erste Smart Home zum Selbermachen" verspricht Devolo mit seiner Smart-Home-Lösung Home Control. Dazu schnürt Devolo einige Komplettpakete, Kunden dürfen aber auch aus einem umfänglichen Portfolio verschiedenster Devices (Rauchmelder, Thermostate, Funkschalter, etc.) wählen und sich ihr individuelles Paket zusammenstellen. - D-Link DCH-Z410
D-Link zeigt auf der IFA mit dem DCH-Z410 ein smartes Heizungsthermostat, dass sich nahtlos in D-Links Smart-Home-Systemhub einfügt. - Dyson Pure Hot+Cool Link
Dyson stellt auf der IFA mit dem Pure Hot+Cool Link ein Multifunktions-Device vor, das Luftreiniger, Heizlüfter und Ventilator sein will. Wer sich das Ding in die Wohnung stellt, kann auch von unterwegs per App überprüfen, ob in Sachen Luftqualität alles im Reinen ist. - Dyson 360 Eye
Natürlich hat Dyson auch eine Staubsauger-Innovation im IFA-Gepäck: 360 Eye heißt der erste Saugroboter der Briten. Der lässt sich per Smartphone-App steuern und verfügt über Infrarotsensoren und eine 360-Grad-Kamera. So soll der Dyson 360 Eye zuverlässig jeden noch so versteckten Winkel finden und bereinigen. - Krups Latte Smart EA 860E
Krups präsentiert auf der IFA seinen ersten smarten Kaffeevollautomaten, der sich mittels Bluetooth oder auch per Smartphone-App steuern lässt. Über besagte App dürfen Nutzer außerdem ihre eigenen Kaffeespezialitäten kreieren und speichern. Die Applikationen hält darüber hinaus auch zahlreiche Daten zur Nutzung bereit, schickt Warnhinweise, wenn mal wieder eine Entkalkung oder Reinigung ansteht und hilft auch bei Serviceanfragen weiter. - LG SmartThinq-Hub
LG hat auf der IFA sein komplettes Smart-Home-Portfolio dabei, das nun auch mit Amazon Echo kompatibel ist. Zu den Produkt-Highlights zählt beispielsweise der intelligente Windows-10-Kühlschrank Smart Instaview. - Netatmo Smart Radiator Valve
Netatmos Smart-Thermostat für die Heizung besitzt ein E-Ink-Display und ist mit Apples HomeKit kompatibel. - Philips Hue Bewegungsmelder
Philips erweitert sein intelligentes Beleuchtungssystem Hue um einen Bewegungsmelder. Der soll dank zwölf verschiedener Sensoren für eine nutzerfreundliche Automatisierung von bis zu 50 Lichtquellen sorgen. - Roberts Radio R100
Roberts Radio zeigt auf der IFA diverse smarte Radios. Die sind nicht nur für den Empfang digitaler Sender geeignet, sondern können - wie das R100 - auch auf Smartphones und Tablets, sowie auf Streaming-Dienste wie Spotify zugreifen. - Samsung Family Hub RB7500
Auch Samsung hat Produkte für das Smart Home nach Berlin mitgebracht. Zum Beispiel den Family Hub RB7500. Dabei handelt es sich um einen Kühlschrank, der mit Wifi, Full-HD-LCD-Touchscreen und Mirroring-Funktionen ausgestattet ist. Sie können mit diesem Kühlschrank also digitale Einkaufslisten führen, online shoppen, das TV-Bild spiegeln oder Musik hören. Per Smartphone-App lässt sich der Inhalt des Family Hub über drei hochauflösende Kameras im Innenraum überprüfen. - Tado Smart Radiator Thermostat
Auch Tado hat zur IFA ein smartes Thermostat mitgebracht. Das nutzt weiße LED-Lämpchen, um die Temperatur besonders elegant zur Geltung zu bringen.
Das Adjektiv "smart" wird zurzeit inflationär benutzt. Es gibt Smart Watches, Glasses, TVs, Homes, Factories oder sogar smart Cities" zählt Andreas Riegg auf. "Dabei sollen alle diese Produkte, Services und Umgebungen mehr können als ihre un-smarten Pendants, aber was sie genau schlau macht, ist nicht wirklich definiert." Dabei seien die Anforderungen an "Smartness" ganz wichtig, findet der Leiter der Arbeitsgruppe Smart Services im SOA Innovation Lab, einem Anwenderverband aus Großunternehmen, der sich mit den Themen Enterprise Architecture Management und serviceorientierten Architekturen auseinandersetzt. Unternehmen, die einen solchen Service entwickeln, Komponenten dafür bauen oder ihn auch nur professionell nutzen möchten, müssten schließlich wissen, um welche Eigenschaften es genau geht. Sei es um verschiedene Smart Services miteinander vergleichen zu können, entsprechende Eigenschaften selbst zu entwickeln, Komponenten dafür einzukaufen, oder solche Services in die eigene Enterprise Architektur einzubetten.
Die Arbeitsgruppe im SOA Innovation Lab, hat deshalb ein Referenzmodell für Smart Services entwickelt, mit dem sich genau verstehen lassen soll, was einen Service smart macht und welche Eigenschaften ein solcher Service bis zu welchem Grad aufweisen soll, wenn man ihn entwickelt. "Das Referenzmodell stellt ein Bauprinzip dar, keinen Plan und keine Werkzeuge, mit denen ein solcher Smart Service entwickelt werden kann", betont Riegg.
Um herauszubekommen, welche Eigenschaften den Begriff "Smartness" definieren, untersuchte die Arbeitsgruppe zunächst generische Definitionen. Zum Beispiel, die von Michael Youngblood: "Eine smarte Umgebung kann Wissen über sich selbst und seine Bewohner sammeln und anwenden, um ihre Lebensumstände zu verbessern." Oder die der Eastern Connecticut State University: "Smart Devices sind elektronische Geräte, die schnurlos, mobil und immer verbunden sind. Sie beherrschen Daten-, Sprach- und Videokommunikation, können im Internet surfen, ihre Lokation bestimmen und sie können bis zu einem gewissen Grad autonom agieren."
Referenzmodell für Smart Services
Aber auch Definitionen über menschliche und künstliche Intelligenz spielten bei der Annäherung an den Begriff eine Rolle. "Mit Smartness backen wir allerdings bewusst deutlich kleinere Brötchen als mit Künstliche Intelligenz (KI)", erklärt Riegg. Zum einen sei der Begriff Künstliche Intelligenz sehr stark mit dem Vergleich zur menschlichen Intelligenz aufgeladen. Zum anderen seien die Ziele hochgesteckt. Die Encyclopaedia Britannica dazu: "Künstliche Intelligenz ist die Fähigkeit (eines Computers oder Computer kontrollierten Roboters) zu schlussfolgern, Bedeutung zu entdecken, zu generalisieren und aus vergangenen Erfahrungen zu lernen." Diesen KI-Attributen stellt die SOA-Gruppe vier konkrete Fähigkeiten oder Capabilities gegenüber, die "Smartness" definieren:
Self Description - Ein Service kann sein eigenes Verhalten beschreiben und macht sich so für andere Services nutzbar. Diese Fähigkeit kann unterschiedlich ausgeprägt sein. Statisch, semantisch und dynamisch. Im Gegensatz zu "statisch" nutzt eine semantische Selbsterklärung zum Beispiel eine bestimmte Sprache, die den Sinn der Selbstbeschreibung für andere Services verständlich macht. Dynamisch wird die Beschreibung, wenn der Service zum Beispiel neu integrierte Fähigkeiten in seine Beschreibung aufnimmt und damit jederzeit auf Knopfdruck in der Lage ist, seine aktuell gültige Servicebeschreibung zu liefern.
Beispiel: Der Ortungsservice eines Handys macht sich gegenüber anderen Services als solcher erkennbar und kann für Ortungen zum Beispiel in Navigationssystemen oder Bewertungsportalen genutzt werden. Der Service weiß, ob er funktioniert oder nicht.
Context Consideration - Ein Service kann die Umgebung und deren Zusammenhänge (also den Kontext) erkennen, in dem er benutzt wird. Auch diese Fähigkeit ist in Abstufungen definiert: Erfassen, verarbeiten, reagieren. Der Service erfasst einen bestimmten Zusammenhang, verarbeitet seine Auswirkungen und reagiert darauf zum Beispiel mit einem "alternativen" Lösungsvorschlag.
Beispiel: Ein Navigationssystem erkennt, dass es von einem Fußgänger zur Nachtzeit befragt wird und schlägt eine Route vor, die zu Fuß nachts auch als ausreichend sicher angesehen werden kann. Und wenn es eine solche Route beginnend von dem aktuellen Standort nicht gibt, dann empfiehlt es dringend zum Beispiel doch besser ein Taxi zu rufen.
Learning - Ein Service kann sein Verhalten aufgrund von Informationen verändern, um sich neuen Zusammenhängen anzupassen. Diese Fähigkeit ist abgestuft, von Anpassen über Verbessern bis hin zu Selbstverbessernd. Mit "Verbessern" ist gemeint, dass ein Service aufgrund früherer Ereignisse und Erfahrungen sein Verhalten anpassen kann. Der Nutzer kann eingreifen. Mit "Selbstverbessernd" ist gemeint, dass der Service mit Mitteln der Selbstoptimierung oder Selbstheilung komplexe Situation ohne Eingreifen des Nutzers meistern kann.
Beispiel: Ein digitaler Assistent "lernt", dass sein Nutzer in 90 Prozent der Fälle aus den drei vorhandenen "Jörg" in seinem Adressbuch mit dem ersten telefoniert. Der Assistent wählt daraufhin standardmäßig die Telefonnummer des ersten Jörg.
Agency - Ein Service kann durch Interaktion mit anderen Services und proaktivem Verhalten die ihm gesteckten Ziele selbständig erreichen. Auch diese Fähigkeit ist abgestuft in cooperate, plan und execute. Ein Service auf der Stufe "cooperate" kann mit anderen Services kooperieren, um seine Ziele zu erreichen. "Plan" bedeutet, dass ein Service auf Basis von Informationen, die ihm über interne Schritte zur Verfügung stehen, sein Ziel innerhalb eines bestimmten Aktivitätenmusters erreichen kann - zum Beispiel in dem er mit anderen bekannten und zugelassenen Services interagiert. Auf der Stufe "execute" kann der Service auch mit anderen Services interagieren, die vorher noch nicht bekannt waren, die ihm aber helfen können, seine Ziele zu erreichen.
Beispiel: Ein Aktienhandels-Service interagiert mit anderen Services, die ihn zum Beispiel in kurzen Zeitintervallen über den aktuellen Wert von Börsenpapieren informieren. Der Handelsservice vergleicht die aktuellen Kurse, mit den Schwellenwerten, die ihm für sein Portfolio vorgegeben sind. Werden die Schwellenwerte erreicht, kauft oder verkauft der Service selbsttätig. Dabei kann es sein, dass ihm ein Schwellenwert für das gesamte Portfolio vorgegeben ist oder für einzelne Papiere oder er sogar auf wechselnde Schwellenwertvorgaben reagiert, die ihm von einem anderen Service aktuell zur Verfügung gestellt werden.