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Schatten-IT ist verbreitet und riskant

03.04.2011
Von 
Daniela Hoffmann ist freie IT-Fachjournalistin in Berlin.

Zentral oder dezentral

"IT funktioniert dann gut, wenn die Beteiligten keine ideologischen Barrieren aufbauen." Rainer Janßen, Münchener Rück
"IT funktioniert dann gut, wenn die Beteiligten keine ideologischen Barrieren aufbauen." Rainer Janßen, Münchener Rück
Foto: Münchener Rück

Jede Diskussion um Schatten-IT gelangt irgendwann zum Punkt, an dem Zentralisierung der einzig gangbare Weg scheint. "Die Kunst besteht darin, die richtige Stellgröße zu finden: Bis wohin gibt Zentralisierung Sinn, und wo sollen Entscheidungen selbständig getroffen werden?", fragt Janßen. Sinnvoll erscheint es dem CIO, Themen, die einen übergeordneten Zweck haben und eine übergreifende Infrastruktur erfordern, zentral zu verwalten. "In wirtschaftlicher Hinsicht ist die Dezentralisierung auch problematisch, weil Einkaufsmacht verloren geht. Es ist zudem nicht sicher, ob die einzelnen Abteilungen fachliche Begriffe einheitlich interpretieren und ob sie die Sicherheitsstrategie verstehen und umsetzen", zweifelt Janßen.

Freiräume mit Grenzen

Holger Wolff, MaibornWolff et al GmbH: "Die IT muss in der Lage sein, multiple Provider-Landschaften zu managen."
Holger Wolff, MaibornWolff et al GmbH: "Die IT muss in der Lage sein, multiple Provider-Landschaften zu managen."
Foto: MaibornWolff et al GmbH

IT-Berater Wolff empfiehlt deshalb, den Anwendern in einem abgesteckten Rahmen mehr Freiheiten zu gewähren. "Teilweise sind dezentrale Konzepte in definierten Nischen sinnvoll, wenn man IT-Nutzern zum Beispiel Freiraum bei Anwendungen auf vordefinierten Plattformen einräumt", schildert er eine Alternative. Allerdings sei Transparenz auf keinen Fall verhandelbar und ein zentrales Applikations-Inventory notwendig. "Schatten-IT in dem Sinne, dass hinter dem Rücken der IT-Abteilung agiert wird, ist nicht tolerierbar", betont Wolff.

Strategien gegen die heimliche IT

Wittenstein-CIO Schuster hat sich für den zentralen Weg entschieden: "Wir schaffen Schatten-IT konsequent ab. Dabei ziehen wir uns bei Innovationsthemen nicht zurück, sondern stellen Plattformen zur Verfügung, auf denen dann Lösungen angesiedelt werden können." Wichtig sei, dass die IT die Fachabteilungen mit ihrem Leistungsangebot überzeugen könne, und das sei ein aufwendiger Prozess. Auch Miodrag Nussbaumer, IT-Leiter bei der 400 Mitarbeiter zählenden Demmel AG, baut auf Zentralisierung: "Gerade für Mittelständler, die nur begrenzte Manpower in der IT haben, ist es wichtig, einen strikteren Kurs zu wählen um effizienter arbeiten zu können."

Die Anwender auf diese Richtung einzuschwören falle nicht immer leicht. Vor allem Mitarbeiter in der Entwicklung und Konstruktion seien ein kreatives Umfeld gewöhnt. "Hier ist die Überzeugungsarbeit besonders schwierig", sagt Nussbaumer, zumal die IT-Nutzer außer stabiler laufenden Anwendungen von einer erfolgreichen Standardisierung und verlässlichen Sicherheitsrichtlinien wenig hätten. "Entscheidend ist, zu vermitteln, dass die Arbeit in der IT gestrafft wird und damit erst der Raum für wichtige, strategische Inhalte und Innovation entsteht", so der IT-Leiter des Anbieters für industrielle Kennzeichnungen und Kommunikationssysteme.

Häufig helfen auch finanzielle Argumente. "Wenn Fachabteilungen zum Beispiel aus Wettbewerbsgründen eine Ad-hoc-Lösung benötigen, sollte die Abteilung informiert werden, dass durch die Integration Folgekosten entstehen - und das auch unterschreiben", fordert Janßen. Zudem geben die Fachbereiche nützliche Funktionen auf, etwa Analysen für das Cross-Selling.