Es gibt Bereiche, in denen IT aus der Fachabteilung kommen muss, weil sie das Fachwissen hat. Wenn es um Kernanwendungen und eine integrierte Unternehmensplattform geht, ist das jedoch fatal", warnt Rainer Janßen, CIO der Münchener Rückversicherungs-Gesellschaft AG. Sicher gebe es Grauzonen, in denen sich die zentrale IT den Wünschen der Anwender beugen müsse. "Excel ist beispielsweise als Produktivitäts-Tool für die Anwender gewollt. Doch oft ist für den Anwender der Übergang zwischen individuellem Tool und einem Stück auditierfähiger IT, das den Anforderungen an Revisionssicherheit entspricht, nicht transparent", erklärt Janßen.
Das heimliche IT-Budget
"Es gibt nur wenige Unternehmen ohne Schatten-IT. Dennoch wird über das Thema nur ungern gesprochen", beobachtet Andreas Resch, Managing Partner bei dem Beratungshaus Modalis. Offiziell stehen nur in Ausnahmefällen IT-Budgets für IT-Anschaffungen in den Fachbreichen bereit, doch mit ein bisschen Kreativität schafften es Mitarbeiter immer wieder, eigene Lösungen an der IT vorbei einzuführen. Wer bei einem Spaziergang durch die Abteilungen mal unter die Tische schaut, wird meist fündig. Gerade in größeren Unternehmen gebe es teilweise Tausende von Servern außerhalb der IT-Regie, so Resch.
- CW-Umfrage Anwenderzufriedenheit
Kompetent und freundlich, so wünschen sich die Fachbereiche die IT. Nicht immer wird ihnen dieser Wunsch erfüllt - auch wenn sie im Großen und Ganzen mit der Leistung der IT zufrieden sind. Das ist das Ergebnis einer Umfrage unter insgesamt etwa 300 Führungskräften aus Fachbereichen und IT, die die COMPUTERWOCHE im September 2010 betrieben hat. Die wichtigste Ergebnisse finden Sie auf den folgenden Seiten. - Wie verfahren Sie mit nicht genehmigter Software und Hardware?
Insgesamt zeigt sich die zentrale IT großzügig, wenn sie private Installationen entdeckt. Die Meisten erlauben die Nutzung im Einzelfall. Allerdings gehen auch 27,1 Prozent der Befragten konsequent gegen die Schatten-IT vor. <br/><br/> N= 155 (nur IT-Mitarbeiter); Angaben in Prozent - Wie zufrieden sind sie mit der IT?
Die IT-Nutzer wurden um ihre Einschätzung zur Qualität der internen IT gebeten. Lobeshymnen sehen anders aus. Doch immerhin sind die meisten mit den Leistungen der IT-Abteilung zufrieden. <br/><br/> N= 98 (nur IT-Nutzer); Angaben in Prozent - Was glauben Sie: Wie zufrieden sind die IT-Nutzer mit den Leistungen der IT-Abteilung?
Die IT-Mitarbeiter schätzen ihre Leistung im Vergleich zu den befragten IT-Nutzern schlechter ein. Während mehr als 38 Prozent der IT-Nutzer der IT gute bis sehr gute Noten ausstellen (siehe Grafik zuvor), vergeben nur knapp 25 Prozent der IT-Kollegen derart gute Noten. <br/><br/> N= 164 (nur IT-Mitarbeiter); Angaben in Prozent - Was ist Ihnen zur Beurteilung der IT besonders wichtig?
Die Anwender wünschen sich vor allem kompetente und freundliche Mitarbeiter in der IT. Dass die Unternehmens-IT ihnen sämtliche Tools zur Verfügung stellt, die sie privat auch nutzen, ist nur wenigen (14,4 Prozent) wichtig. <br/><br/> N= 90 (nur IT-Nutzer); Angaben in Prozent - Wie gut erfüllt die IT Ihre Anforderungen?
Kompetenz und Freundlichkeit sind die wichtigsten Kriterien zur Beurteilung der zentralen IT, doch in diesem Punkt gaben die Anwender den Kollegen nur eine durchschnittliche Note (2,6). Die beste Bewertung erreicht die IT bei den Kosten. Offenbar sind viele Abteilungen sehr effizient aufgestellt. <br/><br/> N= 88 (nur IT-Nutzer); Angaben: Mittelwert auf einer Skala von eins (vollkommen zufrieden) bis fünf (unzufrieden) - Nutzen sie private IT-Geräte und –Tools am Arbeitsplatz?
Viele IT-Anwender haben private Geräte oder Web-Services am Arbeitsplatz in Gebrauch. Gut ein Drittel der Nutzer hält sich an das Verbot der zentralen IT für diese Tools. Knapp ein Drittel verwendet das Privatequipment mit Erlaubnis. Während der Arbeitszeit sind Social-Media-Sites besonders beliebte Anlaufpunkte im Web. <br/><br/> N= 90 (nur IT-Nutzer); Angaben in Prozent - Sind in Ihrem Unternehmen nicht erlaubte IT-Tools im Einsatz?
Das Gros der IT-Mitarbeiter weiß von nicht genehmigten Installationen auf den Firmen-PCs und von privater Hardware in den Büros der Anwender. Dass es keine Schatten-IT im Unternehmen gibt, können nur 16 Prozent der IT-Mitarbeiter mit Bestimmtheit sagen. <br/><br/> N= 156 (nur IT-Mitarbeiter); Angaben in Prozen - Wie würden Sie den Stellenwert der IT beschreiben?
Gut ein Viertel der Befragten sehen die IT in der Rolle eines Erfüllungsgehilfen. Doch glaubt auch mehr als die Hälfte der Teilnehmer, dass sich die Abläufe mit IT-Einsatz verbessern. Eine Gestaltungsfunktion räumt der IT nur jeder fünfte Befragte ein. <br/><br/> N= 269; Angaben in Prozent - Wie lassen sich Defizite in der IT beheben?
Den IT-Mitarbeiter macht vor allem die dünne Personaldecke zu schaffen. Mehr Leute könnten mehr Qualität liefern, finden 44,23 Prozent. Ein Viertel mahnt mehr IT-Investitionen an. Knapp neun Prozent können keine Mängel erkennen. <br/><br/> N= 156 (nur IT-Mitarbeiter); Angaben in Prozent - Wie lassen sich Defizite in der IT beheben?
Eine völlig andere Meinung vertreten die befragten Geschäftsführer und Vorstände. Nur ein Viertel von ihnen findet, dass die IT-Abteilung personell unterbesetzt ist. Über 40 Prozent der Manager können keine Mängel in der IT erkennen. <br/><br/> N= 29 (nur Geschäftsführer und Vorstände); Angaben in Prozent
"Das Thema ist kritisch, weil unter anderem die Kostentransparenz leidet und Compliance-Vorgaben des Unternehmens unterhöhlt werden", kommentiert Erwin Schuster, Leiter Informationsmanagement der Wittenstein AG, Hersteller von mechatronischer Antriebstechnik. Mit der verborgenen IT entständen undurchschaubare "Schatten"-Prozesse. Daher sei es wichtig, herauszufinden, welche übergreifenden Ineffizienzen und Sicherheitsprobleme drohen.
Neue Entwicklungen wie Mietsoftware, Web-Applikationen oder mobile Endgeräte mit Apps verschärfen das Problem. "Das hermetische Abriegeln des Unternehmens nach außen wird immer schwieriger", schildert Resch seine Erfahrung. Nach jahrelangen Mühen, die IT zu standardisieren und homogenisieren, machen nun die eingeschleusten Geräte und Applikationen diesem Vorhaben den Garaus. "Die IT muss in der Lage sein, multiple Provider-Landschaften zu managen", lautet die Konsequenz von Holger Wolff, Geschäftsführer des Beratungsunternehmens MaibornWolff et al GmbH. Dazu seien Regeln nötig, welche Anwendungen auf interne Daten zugreifen dürfen und wie viel Bandbreite sie benötigen. Der Aufbau intelligenter Plattformen und Netze dürfte eine der großen Herausforderungen der nächsten Jahre werden, erwartet Wolff.