Die Anwender von Salesforce sollen künftig ihre in den Cloud-Systemen abgelegten Kundendaten einfacher verknüpfen und verwalten können. Dafür kündigte der Cloud-Spezialist auf seiner jährlichen Kundenkonferenz Dreamforce die Lösung "Customer 360" an. Das CRM-Werkzeug soll künftig ein Kernelement der "Customer Success Platform" bilden. Salesforce zufolge ließen sich damit die eigenen Anwendungen "auf neue Art und Weise untereinander vernetzen und kanalübergreifende Kundenerfahrungen aus einem Guss gestalten".
Anwenderunternehmen könnten mit Hilfe von "Customer 360" anwendungs- beziehungsweise abteilungsspezifische Silos mit Kundendaten aufbrechen und so einheitliche Kundenprofile erstellen. Auf dieser Grundlage stelle Customer 360 den Kunden in den Mittelpunkt der Geschäftstätigkeit und ermögliche Unternehmen durch die Vernetzung von Service, Marketing, Handel und mehr, die Kundenerfahrung neu zu definieren, versprechen die Salesforce-Verantwortlichen. Diese Verknüpfung soll sich innerhalb des Cloud-Kosmos von Salesforce mit wenigen Klicks umsetzen lassen. Das Schreiben von zusätzlichem Code sei nicht erforderlich.
Kunden erwarten passgenaue Ansprache
Kunden würden erkennen, wenn sich ein Unternehmen um kanalübergreifende Erfahrungen bemühe, sagte Bret Taylor, President und Chief Product Officer bei Salesforce. Befragungen hätten ergeben, dass für 70 Prozent der Kunden die Qualität der einzelnen Erfahrungen mit einer Marke der entscheidende Faktor für einen weiteren Kauf oder einen Vertragsabschluss sei. Kunden erwarteten, dass Unternehmen ihre Kontakt- und Kaufhistorie sowie weitere bekannte persönliche Informationen für die Interaktion nutzen.
Lesen Sie hier mehr zum Cloud-Kosmos von Salesforce:
Doch diese Erwartungen würden heute in der Regel noch enttäuscht, konstatiert Salesforce. Hotline-Mitarbeiter hätten keinen Zugriff auf die Kaufhistorie, für ein eben erst erworbenes Produkt trudelten weiterhin Werbe-Mails ein und beim Telefonat mit dem Service laute der Rat, der Kunde solle sich an eine andere Stelle wenden, da die gesuchten Informationen nicht vorlägen. Solche Situationen seien ein Beleg dafür, dass Mitarbeiter mit Kundenkontakt keinen Zugriff auf ein vollständiges Profil und so nur einen eingeschränkten Blick auf den Kunden hätten.
Für viele Firmen bedeute es eine große Herausforderung, eine einheitliche Kundensicht zu erzeugen. Denn die dafür notwendigen Informationen seien meist auf mehrere Systeme verteilt. Herkömmliche Methoden, Kundendaten über verschiedene Anwendungen hinweg zu verbinden, seien oft aufwendig und starr. An dieser Stelle will Salesforce sein Customer 360 ins Spiel bringen.
Customer 360 verspricht effizienteres Datenmanagement
Customer 360 umfasst Salesforce zufolge verschiedene Plattformdienste, die das Datenmanagement über die Anwendungen in der Salesforce-Cloud hinweg verbessern sowie schnellen Zugriff auf konsistente und abgeglichene Daten erlauben sollen. Diese Funktionen bietet die Salesforce-Lösung:
Über eine klickbasierte Oberfläche für das Anwendungs- und Datenmanagement könnten Admins Daten über mehrere Clouds hinweg zuordnen und abgleichen sowie ein Datenmodell definieren, das die Daten aus allen verbundenen Systemen an einer Stelle sichtbar macht. Damit würden die bis dato vielfach verwendeten Punkt-zu-Punkt-Verbindungen obsolet, verspricht der Softwarehersteller.
Durch eine einzige eindeutige ID könne jede Salesforce-Anwendung kanalübergreifend den Kunden erkennen, unabhängig davon, wie er sich identifiziert (Name, E-Mail-Adresse, Telefonnummer, Social-Media-Name usw.). Beim Datenmanagement werde das Kundenprofil über die Clouds hinweg aufbereitet, verglichen, angepasst und aktualisiert. Salesforce betont an dieser Stelle den Unterschied zu bisherigen Lösungsansätzen: "Im Unterschied zu riesigen, kostspieligen und langsamen Datenseen oder -Warehouses belässt Customer 360 die Datensätze in dem System, in das sie ursprünglich eingegeben wurden und ruft sie nur bei Bedarf ab."
Unternehmen könnten dank vorkonfigurierter Pakete für Service, Marketing und Commerce Cloud gängige Kunden-Szenarien schnell umsetzen. Dazu gehörten beispielsweise, dem Service die Sicht auf die Kaufhistorie des Webshops zu ermöglichen oder die automatische Auslösung einer Journey in der Marketing Cloud aufgrund eines Ereignisses in der Commerce Cloud. Die Pakete enthielten die dafür notwendigen Komponenten, hieß es.
Ganzheitliche Kundensicht neu umgesetzt?
Die Salesforce-Verantwortlichen behaupten, das Konzept einer ganzheitlichen Kundensicht damit neu umgesetzt zu haben. Customer 360 ermögliche einen effizienten und sicheren Umgang mit Daten, indem es diese in den jeweiligen zur Verwaltung vorgesehenen Systemen belässt und nur bei Bedarf abruft, anstatt dafür umfangreiche zentralisierte Datenseen aus Duplikaten zu generieren, beschreibt der Cloud-Pionier seinen Ansatz.
Die Idee, Daten nicht aufwendig in Data Lakes oder klassischen Data-Warehouse-Strukturen zu sammeln, ist allerdings nicht so neu, wie Salesforce das glauben machen mag. Konkurrent SAP hat vor einem Jahr seinen Data Hub vorgestellt, der Anwendern das Daten-Handling vereinfachen soll. Über Datenpipelines sollen sich Datenflüsse und -bearbeitung lenken und steuern lassen. Dabei bleiben SAP zufolge die Daten an ihrem ursprünglichen Ablageort. Mit seiner neuen CRM-Lösung C/4HANA, die SAP Anfang Juni auf seiner Kundenkonferenz Sapphire vorgestellt hatte, verspricht der deutsche Softwarekonzern seinen Anwendern ebenfalls eine einheitliche Sicht auf Kundendaten sowie eine Verknüpfung über verschiedene Softwarekomponenten für Vertrieb, Marketing und Service hinweg. SAP-Chef Bill McDermott kündigte an, damit dem CRM-Platzhirsch Salesforce wieder Paroli bieten zu wollen.