Erfolgreiche Unternehmen geben ihre Technikbudgets eher für Business Intelligence (BI) und Analytics als für Enterprise Resource Planning (ERP) aus, hat das Marktforschungs- und Beratungsunternehmen Gartner in seiner jährlichen Anwenderbefragung ermittelt. Demnach bezeichnen im laufenden Jahr gerade einmal acht Prozent der "Top-Performer" unter den Befragten das Thema ERP als Investitionspriorität Nummer eins.
Das sei auch gut so, meinen die Analysten. Denn die in ERP investierten Mittel fehlten am Ende für Projekte, die das Unternehmen wirklich voranbrächten. Das seien beispielsweise Advanced Analytics, Internet der Dinge, Digital Security, Business-Algorithmen, lernfähige Maschinen und Virtual Customer Assistants.
Aber viele Unternehmen haben nun einmal umfangreiche, komplexe und zumeist auch betagte "Systems of Record" zu pflegen. Und deren Wartung verschlingt pro Jahr einen Betrag, der im Durchschnitt etwa einem Fünftel der ehemals gezahlten Lizenzkosten entspricht. Das gilt zumindest dann, wenn das Unternehmen diesen Service dem ursprünglichen Softwarelieferanten anvertraut, wie es hierzulande immer noch die allermeisten Anwenderunternehmen tun.
Software-Support-Kosten - ein Eisberg
Das in Las Vegas beheimatete Serviceunternehmen Rimini Street hingegen macht es für die Hälfte, so verpricht President Sebastian Grady. "Wir haben fürs Erste ein ganz einfaches Preismodell", erläutert er: "Egal, welchen Rabatt der Kunde ausgehandelt hat, wir berechnen ihm genau 50 Prozent dessen, was er dem Softwarelieferanten zahlt." Dieser Lieferant ist nicht immer, aber derzeit noch am häufigsten Oracle. Das in Europa vor allem mit Datenbanksoftware sowie mit zugekauften Customer-Relationship-Management-(CRM-) und Human-Resources-(HR-)Paketen bekannt gewordene Unternehmen hat in den USA eine große Kundenbasis für seine ERP-Systeme. Zunehmend gewinnt Rimini Street allerdings auch Anwender von SAP-Software für sein Dienstleistungsangebot.
Unter dem Strich stellt Grady seinen Kunden sogar eine noch viel höhere Ersparnis in Aussicht als die 50 Prozent Nachlass. Softwarewartung durch den ERP-, CRM- oder BI-Anbieter sei mit einem Eisberg vergleichbar (siehe Seite 34: "Die ,wahre` Wartungsrechnung"): Der sichtbare Teil, also die in vielen Fällen einfach notwendige Softwarepflege, mache nur etwa die Hälfte des Gesamtaufwands aus. Hinzu kämen "erzwungene Upgrades" in Form von "Support-Paketen", Unterstützung für individuelle Anpassungen ("Customization Support") und, nicht zu vergessen, Eigenleistungen des Anwenders ("Self Support"). Rimini Street hingegen zwinge seinen Kunden keine Upgrades auf, sondern empfehle sie nur, wenn das Anwenderunternehmen davon einen geschäftlichen Vorteil habe, beteuert der President. Customizing und maßgeschneiderter Support seien in der Wartungsgebühr enthalten. Und am Ende liege die tatsächliche Ersparnis für den Kunden bei 75 bis 90 Prozent.
Geschäftsjahr | 2016 | 2015 | 2014 | 2013 | 2012 | 2011 | 2010 | 2009 |
Oracle | ||||||||
Lizenzen | 7,276 | 8,535 | 9,416 | 10,321 | 9,906 | 9,235 | 7,533 | 7,123 |
Updates/Support | 18,861 | 18,847 | 18,206 | 17,142 | 16,210 | 14,796 | 13,092 | 11,754 |
Gesamtumsatz | 37,047 | 38,226 | 38,275 | 37,180 | 37,121 | 35,622 | 26,820 | 23,252 |
SAP | ||||||||
Lizenzen | - | 4,835 | 4,399 | 4,516 | 4,658 | 3,971 | 3,265 | 2,607 |
Updates/Support | - | 10,093 | 9,368 | 8,738 | 8,237 | 6,967 | 6,133 | 5,285 |
Gesamtumsatz | - | 20,793 | 17,560 | 16,815 | 16,223 | 14,233 | 12,464 | 10,672 |
Oracle: Angaben in Milliarden Dollar; SAP: Angaben in Milliarden Euro; Quelle: Geschäftsberichte |
Außerdem will Grady nicht nur mit besseren Preisen, sondern auch mit mehr Servicequalität punkten. Derzeit arbeiteten mehr als 830 zumeist hoch qualifizierte Menschen für Rimini Street, sagt er: "Wir heuern Leute an, die 150.000 bis 200.000 Dollar im Jahr verdienen. Das sind keine Berufsanfänger für einen Level-1- oder Level-2-Support. Das sind Experten, die 20 Jahre Erfahrung haben und den Kunden wirklich weiterhelfen können." Ein Service-Verantwortlicher betreue bei Rimini Street auch nur vier Kunden, so Grady. Die Service-Level-Agreements sagten für den Notfall eine Reaktionszeit von 15 Minuten zu. "Außerdem fixen wir sofort und verweisen nicht auf ein nächstes Release."
Kontinuierliches Umsatzwachstum
In den USA ist Rimini Street mit diesem Angebot bereits ziemlich erfolgreich: Eigenen Angaben zufolge verzeichnete das Unternehmen zum Ende des dritten Quartals (30. September 2016) mehr als 1600 Kunden. Der weltweite Umsatz lag im vergangenen Jahr bei 118 Millionen Dollar - und wurde in den ersten neun Monaten des laufenden Geschäftsjahrs schon um etwa elf Millionen Dollar übertroffen.
Eigenen Angaben zufolge wächst Rimini Street seit nunmehr 43 Quartalen kontinuierlich, in den vergangenen dreieinhalb Jahren sogar um durchschnittlich 38 Prozent im Jahr. 43 Quartale - das sind fast elf Jahre. Etwa genauso alt ist das Unternehmen.
Rimini Street wurde im September 2005 gegründet. Zufall oder nicht - im selben Jahr übernahm Oracle den HR-Spezialisten Peoplesoft. Letzterer erwies sich häufig als Reservoir für Unternehmer- und Management-Talente. So ließen sich beispielsweise Peoplesoft-Gründer Dave Duffield und seine rechte Hand Aneel Bhusri nach der Akquisition auszahlen und riefen den Human-Capital-Management-(HCM-)Spezialisten Workday ins Leben. Wodurch sie zu Mitbewerbern für Oracle wurden.
Third-Party-Maintenance für Software
Auch durch den ehemaligen Peoplesoft-Vertriebschef Seth Ravin erwuchs Oracle ein Konkurrent - wenn auch auf einem ganz anderen Gebiet. Ravin hatte Peoplesoft schon zwei Jahre vor der Übernahme verlassen und war bei der Suche nach einer neuen Herausforderung auf den Dienstleister TomorrowNow gestoßen. Das 1998 gegründete Unternehmen übertrug erstmals das Third-Party-Maintenance-Konzept vom Hardware- auf den Standardsoftwaremarkt. 2002 stieg Ravin dort als President ein.
Unter Ravins Leitung wandelte sich TomorrowNow von einem kleinen "Boutique"-Anbieter für technische Beratungs- und Serviceleistungen zu einem unabhängigen Support-Anbieter für Peoplesoft-Produkte. Das Unternehmen offerierte die Pflege der Standardsoftware gegen ein - im Vergleich zum Softwarelieferanten - moderates Entgelt. 2004 weitete es sein Angebot auf Produkte von JD Edwards aus. Der Spezialist für mittelständische ERP-Lösungen firmierte damals im Zuge von Akquisitionen ebenfalls unter dem Firmendach von Oracle.
Infolgedessen dürfte der Vorstoß des Wartungsdienstleisters Oracle gar nicht geschmeckt haben, denn die kontinuierliche Pflege älterer Softwareprodukte wirft für die großen Anbieter unter dem Strich etwa genauso viel ab wie der Verkauf von Lizenzen.
Schneller als Oracle reagierte jedoch die zunächst gar nicht bedrohte SAP. Auf der Jagd nach wechselwilligen US-Kunden beschloss der deutsche Softwarekonzern kurzerhand, TomorrowNow zu akquirieren. Anfang 2005 meldeten die Medien Vollzug.