Private Fahrten mit dem Dienstwagen

Richter bestätigen 1-Prozent-Regel

17.04.2013
Von 
Werner Kurzlechner lebt als freier Journalist in Berlin und beschäftigt sich mit Rechtsurteilen, die Einfluss auf die tägliche Arbeit von Finanzentscheidern nehmen. Als Wirtschaftshistoriker ist er auch für Fachmagazine und Tageszeitungen jenseits der IT-Welt tätig.
Es gibt keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die Ein-Prozent-Regel zur Besteuerung privater Fahrten mit dem Dienstwagen. Werner Kurzlechner schildert das Urteil.

Die Ein-Prozent-Regelung zur Besteuerung der privaten Nutzung von Dienstwagen gehorcht keiner lebensweltlichen Logik: Eine Anpassung oder Veränderung der Bezugsgröße Bruttolistenneupreis scheint dem Grunde nach angemessen. Dennoch hat der Bundesfinanzhof (BFH) die Regelung in einem aktuellen Urteil erneut bestätigt. Erneut stellen die Richter in der Entscheidung mit Aktenzeichen VI R 51/11 klar, dass es gegen die Ein-Prozent-Praxis in ihrer aktuellen Gestalt keine verfassungsrechtlichen Bedenken gibt.

814 Euro monatliche Steuer

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Die Überlassung eines Firmenwagens an einen Arbeitnehmer zur privaten Nutzung ist bekanntlich steuerrechtlich als Arbeitslohn zu werten. Zur Bestimmung dieses geldwerten Vorteils kann entweder ein Fahrtenbuch geführt werden, in dem die durch private Fahrten verursachten Kosten festgehalten werden. Oder aber der Arbeitslohn wird pauschal mit einem Prozent des Bruttolistenneupreises bewertet – so unbefriedigend einem das auch erscheinen mag.

Im Entscheidungsfall argumentierte der Kläger, dass problemlos mit der Realität entsprechenden Größen statt des virtuellen Bruttolistenneupreises gerechnet werden könne. Der Mann hatte 3 Jahre lang einen Gebrauchtwagen mit 58.000 gefahrenen Kilometern privat nutzen können. Sein Arbeitgeber hatte das Auto bei einem Wert von 32.000 Euro geleast. Das Finanzamt setzte die Steuer auf nach gültiger Praxis vollkommen korrekte 814 Euro monatlich an, denn der Bruttolistenneupreis belief sich auf 81.400 Euro.

Der Kläger argumentierte, dass bei der Berechnung des Vorteils nicht der Listenneupreis, sondern der Gebrauchtwagenwert zugrunde zu legen sei. Außerdem würden Neufahrzeuge kaum noch zum Bruttolistenpreis veräußert. Der Gesetzgeber müsse deshalb aus verfassungsrechtlichen Gründen einen Abschlag vorsehen. Mit dieser Argumentationslinie hatte der Kläger aber weder vor dem Finanzgericht Erfolg noch mit seiner Revision beim BFH.

Willkürliche Typisierung

Zum Verständnis der rechtlichen Lage ist momentan entscheidend, dass die Nachvollziehbarkeit der vorgebrachten Bedenken im Detail vernachlässigbar erscheint. Die Ein-Prozent-Regelung fällt in die Rubrik der im Kern tatsächlich willkürlichen, aber gängigen Typisierungen und Pauschalierungen, die den Steuerbehörden die Arbeit erleichtern. Der BFH hat erst kürzlich in einem anderen Urteil zur Besteuerung von Firmenfeiern durchblicken lassen, dass er diese Richtwerte manchmal äußerst kritisch sieht und Anpassungen für wünschenswert hält.

Selbst in solchen Fällen passiert im Grunde nicht mehr, als dass die Richter ihre Sicht der Dinge letztlich folgenlos feststellen oder Drohkulissen aufbauen. Bei der Ein-Prozent-Regelung sind derartige Überlegungen aber im Grunde irrelevant, weil die verfassungsrechtlichen Bedenken schon auf einer früheren Stufe hinfällig erscheinen.

Der Pferdefuß aus Sicht der Kritiker ist nämlich die zeitraubende, aber jedem freistehende Möglichkeit, ein Fahrtenbuch zu führen. Aus Sicht des BFH ist ein Abschlag auf den Bruttolistenneupreis aus welchen Gründen auch immer schon deshalb verfassungsrechtlich nicht geboten, weil eine unter Umständen unangemessen hohe Besteuerung durch das Führen eines Fahrtenbuches vermieden werden könnte.

„Die Ein-Prozent-Regelung begegnet insbesondere im Hinblick auf die dem Steuerpflichtigen zur Wahl gestellte Möglichkeit, den vom Arbeitgeber zugewandten Nutzungsvorteil auch nach der so genannten Fahrtenbuchmethode zu ermitteln und zu bewerten, keinen verfassungsrechtlichen Bedenken“, heißt es dazu im Urteil.

Es sei nicht erkennbar, dass der Gesetzgeber dem Zweck, den Nutzungsvorteil insgesamt zu erfassen, verfassungskonform nur dadurch entspricht, dass er als Bemessungsgrundlage die tatsächlichen Neuanschaffungskosten statt des Bruttolistenneupreises wählt. „Die Einschätzung der Kläger, dass der tatsächliche Kaufpreis aus der Buchführung jedenfalls genauso leicht zu ermitteln sei wie die unverbindliche Preisempfehlung des Herstellers, ändert daran nichts“, so der BFH weiter.

BFH argumentiert mit übernommenenen Zusatzkosten

Ferner sei zu berücksichtigen, dass der Vorteil des Arbeitnehmers nicht nur in der Fahrzeugüberlassung selbst liege, sondern auch in der Übernahme sämtlicher damit verbundener Kosten wie Steuern, Versicherungsprämien, Reparatur und Wartungskosten sowie insbesondere der Treibstoffkosten. Alle diese Aufwendungen seien ohnehin weder im Bruttolistenneupreis, noch in den tatsächlichen, möglicherweise geringeren Anschaffungskosten abgebildet.

An der Lage der Dinge ändert es laut Urteil auch nichts, dass der BFH bei der Jahreswagenbesteuerung die tatsächlichen Fahrzeugpreise als relevante Bezugsgröße festgesetzt hat. Bei der Besteuerung des Vorteils durch Rabatte beim Neuwagenkauf werde zwar der Vorteil nicht nach Maßgabe einer grob typisierenden Regelung, sondern auf Grundlage des tatsächlich verwirklichten Sachverhaltes ermittelt und besteuert. Diese Möglichkeit habe der Arbeitnehmer im Rahmen der Nutzungsüberlassung eines Dienstwagens aber ebenfalls, wenn er sich für die Fahrtenbuchmethode entscheidet.

Dieser Artikel basiert auf einem Beitrag der CW-Schwesterpublikation CFOworld. (mhr)