Keine Angst vor der Generation Y

Revierkämpfe in den IT-Abteilungen

25.11.2010
Von 
ist freie Wirtschaftsjournalistin in London.
Die Digital Natives stürmen in die IT-Organisationen - mit Ehrgeiz, Elan und 1a-Abschlüssen. Kein Grund für die Stammbelegschaft, sich verunsichern zu lassen - vorausgesetzt, einige Regeln der Zusammenarbeit werden beachtet.
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Zu Beginn seines Informatikstudiums hat Jürgen Herrmann noch mit Lochkarten gearbeitet. Jetzt ist er 51 und hat bei IBM Global Business Services mit Mitarbeitern zu tun, die Cloud Computing bereits aus dem Studium kennen. "Für die ist E-Mail schon eine alte Technologie", sagt Herrmann. Er, der Abteilungsleiter im Bereich IT Enterprise Application Solutions der Unternehmensberatung, greift dagegen am liebsten noch immer zum Telefonhörer, während ihn junge Kollegen mit SMSen zuballern.

Annette Kluge, Universität Duisburg-Essen: "Altersgemischte Teams sind in der deutschen Wirtschaft auf dem Vormarsch."
Annette Kluge, Universität Duisburg-Essen: "Altersgemischte Teams sind in der deutschen Wirtschaft auf dem Vormarsch."
Foto: Annette Kluge/Universität Duisburg-Essen

Es ist nicht zu übersehen: Die Generation Facebook stürmt die IT-Abteilungen der Unternehmen. Etablierte Teams wirbelt sie mächtig durcheinander. Am besten, die Generation Commodore 64 stellt sich schon einmal darauf ein. Denn "altersgemischte Teams sind in der deutschen Wirtschaft auf dem Vormarsch", sagt Annette Kluge, Teamforscherin und Inhaberin des Lehrstuhls für Wirtschafts- und Organisationspsychologie an der Universität Duisburg-Essen. Die Gründe für den Trend zu Alt-Jung-Arbeitsgruppen liegen auf der Hand. Die Belegschaften altern, die Rente mit 67 kommt. Die jahrzehntelange Frühverrentung ist gestoppt. Und der demografische Wandel sorgt für eine neue Altersdurchmischung im Job.

So werden aus alten Hasen im Lauf der Zeit noch ältere Hasen. Und die sollen immer wieder mit jungen Hüpfern zusammenarbeiten. Eine Konstellation, die reichlich Sprengkraft birgt. "Die Firmen versprechen sich von altersgemischten Teams eine perfekte Kombination von umfassendem Erfahrungswissen und aktuellem Universitätswissen", sagt Kluge. "In der Praxis aber überschatten häufig Beziehungsprobleme zwischen Alt und Jung den Wissensaustausch."

Auch in IT-Abteilungen ist der Clash der Generationen nicht unbekannt. Die Klassiker sind bekannt: Junge preschen vor, Alte lassen auflaufen. Es wird gemault und gemauert, gelästert, intrigiert und gegen die Wand gelaufen. Die Kluft von 20 plus x Lebensjahren ist groß. Teamforscher sprechen vom Ingroup-Outgroup-Phänomen. Um den eigenen guten Selbstwert zu erhalten, wertet man die Eigenschaften der eigenen Gruppe auf und die der anderen ab. So sind Konflikte programmiert.

Das Ideal dagegen sieht anders aus. Wenn Alt und Jung in einer Gruppe zusammenarbeiten, profitieren alle, heißt es. Auf generationsübergreifende Teams schwören Unternehmen von der Deutschen Bahn bis zur Deutschen Bank. Je größer die Firma, desto eher setzt sie auf das Miteinander von Youngsters und Oldies. Ab 250 Beschäftigten finden sich solche Teams bereits in jedem zweiten Unternehmen. Das hat das Institut für Mittelstandsforschung Bonn in einer repräsentativen Studie herausgefunden. Im Mittelstand arbeiten immerhin 36 Prozent der Betriebe altersgemischt.