KI in der Industrie

Renaissance der Ingenieurskunst?

01.02.2024
Von 
Jürgen Hill ist Chefreporter Future Technologies bei der COMPUTERWOCHE. Thematisch befasst sich der studierte Diplom-Journalist und Informatiker derzeit mit aktuellen IT-Trendthemen wie KI, Quantencomputing, Digital Twins, IoT, Digitalisierung etc. Zudem verfügt er über einen langjährigen Background im Bereich Communications mit all seinen Facetten (TK, Mobile, LAN, WAN). 
Chatbots agieren KI-gestützt, KI kontrolliert die Produktqualität – doch was kann KI in der Industrie wirklich leisten?
Der Maschinenbau steht vor gewaltigen Umwälzungen, wenn künftig die Ki die Maschinen konstruiert und baut.
Der Maschinenbau steht vor gewaltigen Umwälzungen, wenn künftig die Ki die Maschinen konstruiert und baut.
Foto: Summit Art Creations - shutterstock.com

Der spannenden Frage, ob Maschinen Maschinen bauen können, ging Jan Seyler, Leiter der Entwicklung für KI und Steuerungen bei der Festo SE & Co. KG, auf der ersten KI-Konferenz der Hannover Messe nach. Seine Antwort ist ein klares Ja, denn nichts anderes machen Roboter heute, wenn sie etwa in der Produktion ein Auto zusammenbauen.

KI entwirft Maschinen

Viel entscheidender ist dagegen für Seyler die Frage, ob KI Maschinen bauen kann? Sollte dies gelingen, würde das den gesamten klassischen Maschinenbau-Prozess umwälzen und wir könnten, so der KI-Experte, eine Renaissance der Ingenieurskunst erleben.

Seyler zufolge gibt es zwar noch Herausforderungen, doch er ist überzeugt, dass diese sehr bald gelöst werden. "In naher Zukunft wird KI Maschinen entwerfen, die in der realen Welt tatsächlich funktionieren", so der KI-Experte.

Ende des klassischen Maschinenbaus?

In diesem Szenario würde der Mensch nicht mehr wie im klassischen Maschinenbau eine zentrale Rolle spielen - unterstützt von digitalen Werkzeugen. Vielmehr könnte eine KI dann aktiv Vorschläge unterbreiten, wie eine Maschine aussehen könnte.

Der Siegeszug der KI könnte eine Renaissance der klassischen Ingenieurskunst einleiten.
Der Siegeszug der KI könnte eine Renaissance der klassischen Ingenieurskunst einleiten.
Foto: Gorodenkoff - shutterstock.com

Auf der KI-Konferenz skizzierte der Festo-Manager wie ein solcher Entwicklungsprozess aussehen könnte. Ähnlich wie bei der Kommunikation mit ChatGPT steht auch hier zu Beginn die Definition einer Aufgabe - etwa "Konstruiere eine Maschine, die Schrauben in ein Gewinde dreht".

Das muss die KI können

Um diese Aufgabe bewältigen zu können, benötigt eine KI nach Meinung von Seyler drei Fähigkeiten:

  • Einen Überblick über Tausende von Einzelteilen,

  • Ein Verständnis für die Funktion dieser Teile und welche neuen Möglichkeiten sich durch das Zusammenspiel zweier Teile ergeben,

  • Die Möglichkeit, den eigenen Entwurf mit Hilfe von Simulationsmodellen zu testen.

Um einer KI dieses Know-how zu vermitteln, wäre eine präzise digitale Beschreibung aller notwendigen Einzelteile erforderlich. Egal, ob es sich beispielsweise um Gelenke und Segmente eines Roboterarms dreht, oder um die Antriebssysteme, die die Bewegung des Roboterarms steuern.

Revival der Ingenieurskunst?

Und zum Schluss muss die KI noch in der Lage sein, die von ihr entwickelte Maschine in einer Simulation auf ihre Funktionsweise zu testen. Hier sieht der Festo-Experte noch etliche Herausforderungen.

Allerdings ist Seyler zuversichtlich, dass diese bald gemeistert werden. Wenn dann KI Maschinen konstruiert, dürfte dies Auswirkungen auf das Berufsbild des Ingenieurs haben. Die Ingenieurswissenschaften, die heute die mathematische Lösung eines Problems offerieren, dürften dann, so Seyler, weniger entscheidend sein. Gefragt sei dagegen die klassische Ingenieurskunst, die kreative Ideen entwickelt, die dann die KI umsetzt.