IBM erzielt Durchbruch

Quantencomputing wird zuverlässiger

16.06.2023
Von 
Heinrich Vaske ist Editorial Director a.D. von COMPUTERWOCHE, CIO und CSO.

Berechnung 600.000 Mal durchgeführt

"Wir können das Rauschen heute präzise verstärken und dann dieselbe Schaltung erneut ausführen", erläutert Abhinav Kandala, IBM-Manager und Co-Autor des Nature-Artikels. "Sobald wir die Ergebnisse der verschiedenen Rauschpegel haben, können wir zurückrechnen, wie das Ergebnis sich verändert hat." Die Forscher fanden clevere Wege, um das Rauschen nach und nach abzuschwächen und die Fehler zu reduzieren. Insgesamt führte der Computer die Berechnung 600.000 Mal durch und kam schließlich zu einer Antwort bezüglich der Gesamtmagnetisierung, die von den 127 Stabmagneten erzeugt wird.

Aber wie gut war die Antwort? Um Hilfe zu erhalten, wandte sich das Team an Physiker der University of California in Berkeley. Obwohl ein Ising-Modell mit 127 Stabmagneten zu groß ist und zu viele mögliche Konfigurationen aufweist, um mit einem herkömmlichen Supercomputer berechnet werden zu können, liefern klassische Algorithmen doch annähernde Antworten, wenn moderne Komprimierungstechniken eingesetzt werden.

Überraschend gute Resultate

Michael Zaletel, Physikprofessor in Berkeley und ebenfalls Co-Autor des Nature-Artikels, sagte, er habe geglaubt, dass seine klassischen Algorithmen besser abschneiden würden als IBMs Quantenalgorithmen. "Es ist ein bisschen anders gekommen", musste der Wissenschaftler einräumen. Bestimmte Konfigurationen des Ising-Modells hätten exakt gelöst werden können. Bei einfacheren Aufgaben seien sich die klassischen und die Quantenalgorithmen einig gewesen. Bei komplexeren lieferten der Quanten- und der klassische Algorithmus unterschiedliche Antworten, wobei der Quantenalgorithmus korrekter war.

In Fällen, in denen die Quanten- und die klassischen Berechnungen weit auseinandergingen, war es unmöglich hundertprozentig nachzuweisen, ob das Quantenergebnis präzise ist. Die Wissenschaftler haben aber Grund zu der Annahme, dass das der Fall ist, auch wenn die Beweise fehlen. Das Team versucht nun, auch den klassischen Algorithmus um ein Verfahren der sukzessiven Fehlerreduktion zu ergänzen, um so möglicherweise doch noch die Leistung der Quantenberechnungen erreichen oder übertreffen zu können.

Das Verfahren der Fehlerreduktion wird in herkömmlichen Computern und für die Datenübertragung längst eingesetzt, bei Quantencomputern ist sie dagegen noch nicht so weit fortgeschritten. Noch sind die Prozessoren, die die erforderlichen Mengen an Qubits verarbeiten können, nicht verfügbar. Aus Sicht der IBM-Wissenschaftler handelt es sich bei dem Verfahren noch eher um eine Zwischenlösung, die aber bereits für komplexere Probleme, auch jenseits des Ising-Modells, eingesetzt werden könne. (hv)