Der unvorbereitete Kandidat
Umgekehrt gibt es immer noch viele Bewerber, die zu nachlässig sind oder unangemessene Forderungen stellen. Schoon beobachtet, dass sich Kandidaten immer weniger Zeit für die Vorbereitung eines Interviews nehmen. "Heute ist Absolventen oft der Respekt vor dem Berufseinstieg abhandengekommen, nicht zuletzt weil sie von vielen Firmen über Gebühr hofiert werden." Laut Kinkel von Cirquent würden junge Bewerber ohne nennenswerte berufliche Erfahrungen den Bewerbungsprozess überstürzt und mit abwegigen Erwartungen angehen. "Nicht zuletzt in der Krise legen wir Wert darauf, dass die Gehaltswünsche sich in vernünftigem Rahmen bewegen und Entscheidungen überlegt getroffen werden."
Halten wir fest: IT-Kräfte, die Spezialwissen durch Schlüsselqualifikationen und interdisziplinäre Erfahrungen ergänzen, werden immer wichtiger für Unternehmen. "Der Workflow-Spezialist kennt sich mit der Ablauf- und Aufbauorganisation aus", beschreibt Elisabeth Heinemann, Informatikprofessorin von der Fachhochschule Worms, diesen Trend. "Ein SAP-Berater überzeugt, weil er mit Fachbereichen kommuniziert und betriebswirtschaftlich argumentiert."
Nicht alle wollen den Bachelor
Und an diesem Anforderungsprofil scheitern, das berichten zumindest einige Personaler, viele Bachelor-Absolventen. Auch wenn sie nicht leisten können, was einem IT-Experten mit einigen Jahren Berufserfahrung abverlangt wird, sind Bewerber erwünscht, die, wie Personaler Schoon verlangt, eigenständig Probleme bewältigen und sich gut organisieren können. Seit der Umstellung auf Bachelor und Master würden Studenten jedoch eher durchs Studium hasten, als sich Lösungen auf eigene Faust zu erarbeiten.
Diese Einschätzung teilt Cirquent-Personaler Kinkel. Für ihn liegt die Wurzel des Übels im extrem komprimierten Lernstoff. Eingezwängt in ein enges Studienkorsett, hätten Bachelor-Studenten kaum Zeit, um fachliche Schwerpunkte auszuloten und praktische Erfahrungen zu sammeln. Für Access-Beraterin Schlomann, die pro Jahr Hunderte Bewerbungen gründlich prüft, sind die Aussichten auf einen Karriereeinstieg für Bachelor-Absolventen derzeit ziemlich mau: "Anwender wie IT-Unternehmen entscheiden sich eher für Absolventen mit Master und Diplom, weil es Bachelors noch an technischer Tiefe und praktischen Erfahrungen mangelt."
Freilich gibt es auch positive Nachrichten für die relativ neue Absolventengeneration. Bei CAS werden sie als ebenbürtige Wettbewerber gegenüber Master- und Diplom-Absolventen eingestuft. "Wir machen keinen Unterschied", sagt Personaler Kleinhans. Wichtig sei allein, ob der Bewerber mit seinen Soft Skills und praktischen Erfahrungen punkten könne. Und hier könne der Bachelor unter einer Voraussetzung sogar die Nase vorn haben: "Zwar pauken Bachelor-Studenten mehr", räumt Kleinhans ein. "Jedoch kompensieren einige die Verschulung durch eine vorgelagerte Ausbildung. Das überzeugt Arbeitgeber."
Doch auch Bachelor-Normalos müssen nicht den Kopf in den Sand stecken. Für Professorin Heinemann ist jeder im Vorteil, der "über den Tellerrand hinausschauen" will. Selbst wenn im Bachelor-Studium wenig Zeit dazu bleibe, könne jeder Student ein interdisziplinäres Wahlpflichtfach belegen und sich Branchenkenntnisse aneignen. Das komme bei Unternehmen an: "Absolventen haben eine Idee davon, wie sie sich zum Beispiel als IT-Kraft bei BMW einbringen können."
Access-Beraterin Schlomann rät Bachelor-Studenten lieber, noch den Master dranzuhängen. Wer unbedingt früher in den Beruf einsteigen wolle, sollte zumindest ein sechsmonatiges Praktikum absolviert oder als Werkstudent Einblick in die IT-Welt gewonnen haben. Zumindest Heinemanns Studenten scheinen das beherzigt zu haben. Alle Absolventen des ersten Bachelor-Jahrgangs hätten sofort eine Stelle gefunden: "Einer hat seine Abschlussarbeit über multikulturelles Projekt-Management geschrieben und ist von einem IT-Beratungsunternehmen gleich als Junior-Projekt-Manager eingestellt worden."
- Bewerbungsgespräch
"Warum sollen wir gerade Sie einstellen?" Als Bewerber zahlt es sich aus, auf diese Frage im Vorstellungsgespräch vorbeireitet zu sein. Was Sie sonst noch über eine erfolgreiche Bewerbung wissen sollten, das sagt Ihnen Cornelia Riechers, Autorin des paradoxen Bewerbungsratgebers "So bleiben Sie erfolgreich arbeitslos.", in den folgenden zehn Tipps. - Traumberuf
Der erfolgreiche Bewerber weiß, was er will. Er hat das, was er am allerliebsten tut, zu seinem Beruf gemacht. Die Freude an seiner Arbeit gibt ihm immer genug Kraft, um sich und seine Familie damit zu ernähren, auch in schlechten Zeiten. Wenn er in einer Firma seinen Job verliert, findet er im Handumdrehen etwas Neues oder macht sich selbständig. - Eigeninitiative
Der erfolgreiche Bewerber wartet nicht, wie der Mann auf dem Bild, bis jemand an seiner Haustür klingelt und ihm seinen neuen Job auf dem Silbertablett serviert. Er wird selbst aktiv und setzt alle Hebel in Bewegung. In seine Bewerbungskampagne investiert er genauso viel Arbeit wie in eine Vollzeitanstellung. Rückschläge verkraftet er gut, weil er immer mehrere Eisen im Feuer hat. - Zielgerichtete Bewerbung
Der erfolgreiche Bewerber sieht ein Unternehmen nicht als Anlaufstelle für seine Versorgungsansprüche. Vielmehr agiert er wie ein Verkäufer, der dem Arbeitgeber einen Nutzen bietet und dafür eine Vergütung erhält. Er zeigt dem Unternehmen, was er leisten kann, um dessen Umsätze und Gewinne zu steigern. - Selbstpräsentation
Der erfolgreiche Bewerber knausert nicht und übertreibt nicht. Sein Foto misst etwa sechs mal neun Zentimeter, seine schlichte, praktische Bewerbungsmappe umfasst maximal sieben bis zehn Dokumente. Sein Anschreiben passt auf ein Blatt; sein Lebenslauf darf sich über zwei bis drei Seiten erstrecken. Beim Vorstellungsgespräch tritt er bescheiden, jedoch nicht unterwürfig auf und strahlt Selbstvertrauen aus, ohne arrogant oder anmaßend zu wirken. Achten Sie auf Ihre Körperhaltung: verkrampfte Hände und unruhige Füße wirken unsicher. - Stärken und Schwächen
Der erfolgreiche Bewerber besinnt sich auf seine besonderen Stärken. Dann findet er heraus, welche Unternehmen Bedarf an seinem Können haben. An diese wendet er sich, lange bevor sie ein Stellenangebot veröffentlichen. So erschließt er den verdeckten Stellenmarkt und verschafft sich dadurch Vorteile. - Wege zum Markt
Der erfolgreiche Bewerber kennt mehr als einen Weg zum neuen Job. Er reagiert auf Angebote in Printmedien und Internet-Jobbörsen, er schaltet auch ein eigenes Stellengesuch. Die Möglichkeiten der Agentur für Arbeit schöpft er aus, einschließlich der angeschlossenen Institutionen wie ZAV (Zentrale Auslands- und Fachvermittlung). Er geht von selbst auf Firmen zu, nicht nur per Telefon, Brief und E-Mail, sondern auch persönlich. Sein berufliches und privates Kontaktnetzwerk nutzt er, um seinen Aktionsradius zu erweitern. Und er optimiert seinen Auftritt mit der Unterstützung eines Outplacement- oder Karriereberaters. - Bewerbungsmappe
Der erfolgreiche Bewerber gestaltet seine Bewerbungsunterlagen so, dass der Arbeitgeber seine Eignung für den angestrebten Job erkennt. Er legt den Schwerpunkt auf diejenigen Erfahrungen und Kompetenzen, die ihn dafür qualifizieren. - Anschreiben
Der erfolgreiche Bewerber befasst sich gründlich mit einem Stellenangebot, bevor er es beantwortet. Seine Analyse beginnt ganz oben, bei der Selbstdarstellung des Unternehmens und der Beschreibung der Aufgaben. Er versteht, worauf es bei der ausgeschriebenen Position ankommt, und arbeitet in seinem Anschreiben Punkt für Punkt alles ab, was er in Bezug auf die Anforderungen zu bieten hat. Dabei vergisst er auch seine Englisch- und IT-Kenntnisse nicht. - Vorstellungsgespräch
Im Vorstellungsgespräch zeigt der erfolgreiche Bewerber, dass er sich mit seinem zukünftigen Unternehmen und seiner Tätigkeit dort intensiv beschäftigt hat und dass er die anstehenden Aufgaben lösen kann. Außerdem spürt man seine Freude an genau dieser Arbeit, deshalb hat er die Nase vorn und kann die Konkurrenz ausstechen. - Einarbeitungszeit
In der Probezeit achtet der erfolgreiche Bewerber vor allem darauf, sich in das bestehende Team einzufügen. Er weiß, dass sein Erfolg nur zu zwanzig Prozent von seinen fachlichen Leistungen abhängt. Weil er dafür sorgt, dass sein Chef und seine neuen Kollegen ihn mögen, umgibt ihn automatisch auch der Nimbus des Tüchtigen.