Unternehmenskultur

Projektmanagement-Methode muss zur Firma passen

09.10.2014
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Mit mehr als 20 Jahren Projekterfahrung in der ITK-Branche schreibt Hauke Thun als Experte zu den Themen Projektmanagement & Führung. Der Managing Director des House of PM verfügt über Zertifizierungen nach GPM/IPMA Level D, PMI/PMP und OGC/PRINCE2 sowie SCRUM ALLIANCE/Certified Scrum Master. Außerdem engagiert er sich als Assessor für den IPMA Project Excellence Award und seit 2013 als IPMA DELTA Foreign Assessor.

PMI: Skalierbarkeit und größtmögliche Transparenz

PMI managt Projekte "amerikanisch", ist daher gekennzeichnet durch eine hohe Skalierbarkeit und durch die Orientierung an Geldwerten und Leistungszahlen. Es basiert im Wesentlichen auf dem PMBOK® Guide, einer Zusammenstellung von standardisierten Prozessen, die vom Project Management Institute definiert und gepflegt werden. Zu jedem Prozess beschreibt das PMBOK® Input, Output Werkzeuge und Verfahren. So schafft es die Basis für ein gemeinsames Verständnis von Begriffen und Methoden. Notwendige Kompetenzen für Projektmanager hingegen werden nicht definiert.

Die hohe Transparenz, die PMI mit der Fokussierung auf skalierbare Parameter in einem Unternehmen zwangsläufig schafft, kann im Projekt für Irritationen sorgen. Denn nicht wenige Projektmitarbeiter, gerade in Deutschland, können sich schlechter mit der in diesem System angelegten Transparenz und den dafür offenzulegenden, mitunter sensiblen Daten abfinden.

PMI ermöglicht ein "maßgeschneidertes" Projektmanagement: Prioritäten, Tiefe und Intensität können in den verschiedenen Bereichen problemlos situativ und variabel festgelegt werden.

IPMA stellt die Projekt-Beteiligten in den Vordergrund

Der Mensch, bzw. die Führungskraft und die Projektteilnehmer inklusive ihren verschiedenen, individuellen Kompetenzen stehen bei IPMA am stärksten im Fokus. Zahlenbasierte Parameter und Skalierbarkeit nehmen eine untergeordnete Rolle ein. Auch die "deutsche" Methodik IPMA zeichnet sich durch ihren Werkzeugkastencharakter aus - Projektmanager haben hier am stärksten die Möglichkeit, Aufgaben anzupassen und kompetenzbasierte Entscheidungen zu treffen.

Abbildung 3: Die verbreitetsten PM-Standards im Vergleich
Abbildung 3: Die verbreitetsten PM-Standards im Vergleich
Foto: PM Firefighters Projekt Management GmbH

Rigide Abläufe bei PRINCE2

PRINCE2 hingegen definiert die Rollen von Management, Stakeholdern und Projektmitarbeitern weit stärker als die anderen beiden Methoden und verlangt von allen Projektteilnehmern, dass sie sich voll und ganz dem Erfolg des Projekts unterordnen. Der Projektmanager und sein Team müssen den strikten Anweisungen, die dieses System vorgibt, penibel folgen. Die Stakeholder sind ebenfalls gehalten, sich der Methodik anzupassen - das gilt ausdrücklich auch für das Top-Management. Hinter dieser Rigidität verbirgt sich eine Menge Konfliktpotenzial, denn PRINCE2 ist dadurch gerade in seiner Implementierung das aufwändigste der drei Systeme.

Doch die geschlossene Systematik von PRINCE2 bietet projektführenden Unternehmen auch viele Vorteile: Durch die klare Strukturierung und Aufgabenverteilung, definiert die Methodik genau, was jeder Projektteilnehmer zu tun hat. So kann PRINCE2, nachdem es erfolgreich implementiert wurde, Projekten zu mehr "Selbstlauf" verhelfen. Ein wenig überspitzt lässt sich sagen, dass PRINCE2 "Projektmanagement für Dummies" ist. Netter formuliert ist hier der Begriff "Management by exception" zutreffend: Durch die klaren Vorgaben der Methodik, soll das Management nur in Ausnahmesituationen intervenieren müssen.

SCRUM: Inkrementelles Annähern an das Projektergebnis

Die regelmäßige Lieferung von funktionsfähigen und qualitätsgesicherten Zwischenprodukten in kurzen Intervallen steht bei der agilen Projektmanagement-Methode SCRUM im Vordergrund. Dazu setzt SCRUM auf eine möglichst kurze initiale Entwurfsphase, bei der zunächst der Projektrahmen und die ersten Anforderungen festgelegt werden, und mehrfache, kurze Iterationen (SPRINTS) von Anforderungsanalyse, Design, Umsetzung und Test. So ermöglicht es schnelles Feedback zwischen den Akteuren und eine flexible, situationsbezogene Umsetzung und Anpassung der Ziele.

SCRUM liefert ein klar strukturiertes, in sich geschlossenes Vorgehensmodell für agiles Projektmanagement. Es erfordert idealerweise, dass die Projekt-Teams sich stellende Herausforderungen auf dem kurzen Weg lösen. Starre hierarchische Führungsmodelle und große geographische Distanzen zwischen den verschiedenen Teams sind beim Aufbau agiler Strukturen daher eine Hürde.

Fazit

Das für ein Unternehmen passende Projektmanagement-System ist von individuellen Faktoren abhängig und kann nicht pauschal beantwortet werde. Die Entscheidung für die Implementierung eines dieser Systeme hat immer weitreichende Folgen auf die Arbeitsabläufe und die Projektarbeit in einem Unternehmen. Die Auswahl der Methodik sollte sich deshalb immer zwingend an der Unternehmenskultur und gewünschten Führungsphilosophie orientieren.