Predictive Analytics

Was Sie über Predictive Analytics wissen müssen

27.05.2015
Von 
Dr. Wolfgang Martin ist Experte auf den Gebieten Big Data, Business Intelligence, Performance Management, Analytics, Business Process Management, Information Management, Information Governance sowie Cloud Computing (SaaS, PaaS). Sein Spezialgebiet sind die Wechselwirkungen technologischer Innovation auf das Business und damit auf die Organisation, die Unternehmenskultur, die Businessarchitekturen und die Geschäftsprozesse.
Dank Predictive Analytics wissen Unternehmen schon vorher, wie Kunden reagieren und können so Umsatz- und Gewinnpotenziale heben. Wir zeigen, was Sie wissen müssen.
Kundendaten zu sammeln ist das eine. Aber die Königsdisziplin ist, aus diesen Daten rechtzeitig die richtigen Schlüsse zu ziehen und danach zu handeln.
Kundendaten zu sammeln ist das eine. Aber die Königsdisziplin ist, aus diesen Daten rechtzeitig die richtigen Schlüsse zu ziehen und danach zu handeln.
Foto: alphaspirit, Fotolia.com

Smart Data schlägt Big Data. Allerdings: Kein Mensch kann in die Zukunft schauen. Kein Mensch kann Daten aus der Zukunft kennen, geschweige denn analysieren. Doch es gibt Methoden, wie man aus Daten aus der Vergangenheit auf zukünftige Trends und Entwicklungen schließen kann. Das ist Ziel und Aufgabe von Predictive Analytics, eine der zentralen Herausforderungen für digitale Unternehmen, die Kundenerlebnismanagement als kritischen Erfolgsfaktor begreifen.

Predictive Analytics ist nicht unbedingt neu. Viele Unternehmen nutzen im Vertrieb ein Forecasting-System, beispielsweise Funnel-Management, um die vorhandenen Leads monetär nach vermutlichem Volumen, nach voraussichtlicher Dauer bis zum Abschluss und mit einer Wahrscheinlichkeit des erfolgreichen Abschlusses zu bewerten. Dann nutzen diese Unternehmen auch bereits Predictive Analytics.

Auch eine Vorschlagsmaschine in einem Webshop ist eine Anwendung von Predictive Analytics. Oder das Anwenden von Marketing-Modellen, um Entscheidungshilfen zu bekommen, welche Anzeige auf welcher Seite eines Mediums erscheinen soll, zählt dazu. All das sind Formen von Predictive Analytics, nämlich die Anwendung von Analytik zum Berechnen von Wahrscheinlichkeiten des Eintretens von Ereignissen wie

  • der Abschluss eines Vertrages,

  • das Annehmen von Kaufempfehlungen,

  • die Chance und das Risiko des Treffens von Maßnahmen etc.

Predictive Analytics gehört genau wie Data Discovery (Entdecken von Zusammenhängen in Datenmengen) und Datenvisualisierung in die Familie der Konzepte von Analytik. Alle zusammen gehören mit den Konzepten von Performance Management und deren Umsetzungsformen zu Business Intelligence.

Im Zuge der Digitalisierung der Welt wird Predictive Analytics aber immer wichtiger. Es dient insbesondere dazu, die Spuren der digitalen Kunden im Big Data quer über alle Kanäle und Kontaktpunkte zu entdecken, zu analysieren und zukünftiges Kundenverhalten und Kundeneigenschaften vorherzusagen. Aus der Datenvielfalt und dem Datenvolumen aus mannigfaltigen Datenquellen wird aus Big Data gleichsam die Essenz herausgefiltert: Smart Customer Data. Das bedeutet neue Einsichten in Kunden und Markt und bietet die Basis für bessere Entscheidungen, Aktionen und Maßnahmen. Schließlich wird Predictive Analytics zum Impulsgeber für Innovation.

Predictive Analytics basiert im Wesentlichen auf Data Mining. Klassische Data-Mining-Methoden umfassen beispielsweise Regressionsanalyse, Klassifizierung (Clustering), neuronale Netze sowie Assoziationsanalysen. Über ein solches Erkennen von Mustern in Datenmengen nutzt Predictive Analytics auch statistische Berechnungen, maschinelles Lernen, Elemente der Spieltheorie sowie Methoden des Operations Research, wie Optimierungsrechnung und Simulationsverfahren. Dahinter steckt demnach eine ganze Menge Mathematik und Statistik, heute auch noch Linguistik, wenn Text Mining, bzw. Textanalytik auf nicht-strukturierte Daten wie Texte, Blogs, Tweets etc. angewendet werden soll.

Predictive Analytics ist der heute am meisten verwendete Begriff hierzu, aber er steht nur gleichberechtigt neben Descriptive Analytics und Prescriptive Analytics. Was ist also was?

  • Descriptive Analytics beschäftigt sich mit der Vergangenheit. Es dient dazu, Beziehungen zwischen Kunden und Produkten zu verstehen. Ziel ist es, von der Vergangenheit zu lernen, um mittels dieses Wissens in der Zukunft besser entscheiden zu können. Typische Beispiele sind OLAP-Analysen. Das Problem solcher Analysen besteht darin, dass man zwar Korrelationen aufdecken kann, aber solche Korrelationen rein zufällig sein können und daher nicht ausreichen, um Ursache-Wirkungs-Zusammenhänge zu identifizieren. Descriptive Analytics ist aber ein erster wichtiger Schritt, um neue, unbekannte und nicht-triviale Einsichten in Daten zu bekommen.

  • Predictive Analytics beschäftigt sich mit der Zukunft. Predictive Analytics ermöglicht die Abschätzung der Wahrscheinlichkeit des Eintretens eines zukünftigen Ereignisses. Das klingt im ersten Augenblick kompliziert, aber machen wir uns das an einem weiteren Beispiel klar, dem Kredit-Scoring: Hier soll die Wahrscheinlichkeit abgeschätzt werden, mit der ein Kunde die zukünftigen Ratenzahlungen eines gewährten Kredits nicht leisten könnte. Das dient der Risiko-Abschätzung einer Kreditvergabe und liefert so eine Entscheidungsunterstützung. Es werden also historische und Transaktionsdaten genutzt, um Muster in den Daten zu entdecken. Mittels statistischer Modelle und Algorithmen werden dazu Beziehungen in den verschiedenen Datenmengen identifiziert.

  • Prescriptive Analytics liefert Vorschläge basierend auf Predictive Analytics. Diese Methode setzt auf Predictive Analytics auf und geht noch einen Schritt weiter. Sie liefert zusätzlich auch Erklärungen, warum ein zukünftiges Ereignis eintreten wird und gibt Empfehlungen, wie man auf ein solches Ereignis reagieren sollte. Im Falle des Kredit-Scorings bekäme man also zusätzlich noch Information, warum der Kunde nicht zahlen können wird, und welches die beste Entscheidung sei, den Kredit zu vergeben oder nicht. Prescriptive Analytics versucht also die Auswirkung zukünftiger Entscheidungen abzuschätzen, um so Entscheidungen zu bewerten, bevor sie getroffen werden.