Facebook, Instagram, TikTok und Co. sind aus dem Alltag vieler Menschen nicht mehr wegzudenken. Auch im Unternehmensbereich spielen soziale Medien heute eine wichtige Rolle. Laut Digitalverband Bitkom nutzen rund drei von vier Unternehmen (72 Prozent) diese Kanäle für ihre Öffentlichkeitsarbeit. Das wundert nicht, schließlich sind Kanäle wie Facebook, Twitter, Xing, LinkedIn oder Instagram perfekte Kanäle für Dialog und Beziehungsmanagement mit unterschiedlichsten Stakeholdern des Unternehmens.
Social-Media-Plattformen bieten die Möglichkeit, immer wieder, auch durch kleinere Stories, täglich Kontakt aufzunehmen sowie Lob und Kritik einzusammeln. Der Vorteil: Mithilfe einer konstruktiven und kontinuierlichen Feedback-Kultur können Unternehmen ihre Produkte und Services so noch besser an den Bedürfnissen ihrer Zielgruppe ausrichten. Allerdings ist immer wieder zu beobachten, dass es mit dem Verständnis dieser Kanäle nicht immer zum Besten steht. Social Media ist weder eine Litfass-Säule noch ein Portal für den Absatz von Pressemitteilungen.
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Pressearbeit ist bei der Reichweite weit vor Social Media
Weil es viel leichter ist, mal eben ein Status-Update zu posten, statt der Fach- oder Wirtschaftspresse ein Themenangebot zu einem Branchenthema anzubieten, schiebt so manches Unternehmen seine Pressearbeit aufs Abstellgleis, befasst sich gar nicht mehr damit oder verwechselt soziale mit redaktionellen Medien.
Eine solche Entscheidung sollte allerdings auf den folgenden strategischen Überlegungen gründen:
Wo halten sich die relevanten Zielgruppen auf?
Welche Funktion erfüllen die verschiedenen Kanäle (Redaktion: Information und Meinungsbildung vs. Social Media: Dialog und Emotion)?
Welcher Kanal ist für die aktuellen und langfristigen Ziele am besten geeignet?
Wer sich die Mühe macht, über Pressearbeit nachzudenken, sollte mehrere Faktoren, die für das Reputationsmanagement eines Unternehmens wesentlich sind, ins Kalkül ziehen:
1. Reichweite: Soziale Medien spielen in der modernen Öffentlichkeitsarbeit zwar eine wichtige Rolle, werden aber selbst von PR-Profis in ihrer Wirksamkeit in puncto Reichweite oft überschätzt. Entgegen der landläufigen Meinung sind allein über eine einzige Veröffentlichung in Print- und Online-Medien organisch nach wie vor wesentlich mehr Menschen zu erreichen als über mehrere Posts auf Facebook, Twitter und Konsorten.
Konkret bedeutet das: Während ein Post in sozialen Medien organisch bestenfalls ein paar hundert Likes erzielt, erreicht die Veröffentlichung eines redaktionellen Beitrags in der Fach- oder Special-Interest-Presse - je nach Auflage, Thema und Ausrichtung - Reichweiten in mindestens vier- bis sechsstelliger Höhe. Auflagen, Impressions und Visits stehen bei "klassischen" Medien in der Regel fest, so dass die zu erzielende Reichweite schon vor dem ersten Beitrag transparent und definiert ist. Dagegen ist die organische Reichweite von Social Media Posts volatil und lässt sich schwer vorhersagen - frei nach dem Motto "Post & Pray".
2. Nachhaltigkeit der Botschaft: Der Social Media Post rutscht in der Timeline, gerade bei hoher Aktivität des Kontoinhabers beziehungsweise Absenders, eher nach unten und fällt damit schnell der Vergessenheit anheim. Redaktionelle Beiträge sind dagegen in der Regel per Link im Netz auffindbar, hallen so deutlich länger nach und sind damit ein wichtiger Baustein für ein langfristiges Reputationsmanagement.
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3. Fokus und Zielgruppenorientierung: Anders als Social Media adressieren Unternehmen mit Pressearbeit stets eine regional und oder inhaltlich klar umgrenzte Zielgruppe. Um wen es sich genau handelt, zeigt ein Blick in die Mediadaten, die in der Regel frei im Netz verfügbar sind. Social Media Posts dagegen erreichen wechselnde Empfängerinnen und Empfänger, die Zielgruppe ist schwieriger abzugrenzen, und wen ein Post am Ende wirklich erreicht, unterliegt unter Umständen nicht immer transparenten Einflussfaktoren wie etwa dem Interaktionsgrad der eigenen Community.
4. Der Kanal als richtiges Mittel zum Zweck: Pressearbeit eignet sich sehr gut dafür, vertiefende Information über das eigene Unternehmen in der Öffentlichkeit zu etablieren und auf Langfristigkeit angelegte Beziehungspflege mit Medien und Meinungsmachern zu betreiben. Social Media hingegen ist auf Dialog und Communitybuilding mit den Zielkundinnen und -kunden ausgelegt. Beides hat seine absolute Berechtigung und sollte deshalb im Kommunikationsmix eines Unternehmens integriert sein. Erfahrungsgemäß eignen sich soziale Medien auch dafür, um zur Lektüre weiterführender Inhalte wie Fachbeiträge anzuregen und das Interesse recherchierender Journalisten für Fokusthemen gezielt zu wecken.
5. Entscheidungshilfe: Veröffentlichungen in der Fach- oder Special-Interest-Presse können Studien zufolge eine wichtige Entscheidungshilfe während der Customer Journey sein. Nicht nur Verbraucherinnen und Verbraucher, auch Entscheidende in Unternehmen ziehen gern das Urteil unabhängiger Medien zu Rate, wenn es darum geht, die Wahl für ein Produkt oder einen Service "neutral" zu verifizieren und eine bereits emotional getroffene Entscheidung noch einmal rational zu rechtfertigen. Das zeigt unter anderem eine von Greven Medien in Auftrag gegebene GFK-Online-Umfrage. Demnach gehören Medienberichte in Fachmagazinen oder der Lokalpresse zu den Top 5 der Einflussfaktoren auf die Kaufentscheidung von Konsumentinnen und Komsumenten. Immerhin lässt sich laut der Befragung jeder Siebte (13,7 Prozent) nach eigener Aussage davon inspirieren. Warum Medienberichte eine derart überzeugende Wirkung haben? Wenn unabhängige Dritte wie "die Presse", die als Gatekeeper gilt, über ein Unternehmen redaktionell berichten, genießt das bei vielen nach wie vor eine weit höherere Glaubwürdigkeit als werbliche Informationen oder eigeninitiertierte Äußerungen in den sozialen Medien.
Ein mögliches Gegenargument zur Pressearbeit: Unternehmen müssen sich an vorgegebene Veröffentlichungsfrequenzen der Redaktion halten, während sie in Social Media als Absender (Achtung Glaubwürdigkeit!) selbst über Zeitpunkt und Format der Veröffentlichung bestimmmen. Auch besteht kein Anspruch auf das Aufgreifen von Themenangeboten oder die Veröffentlichungen von Texten. Die redaktionelle Hoheit obliegt dem Medium selbst, die Themenauswahl richtet sich nach dem Bedarf der Zielgruppe und der eigenen programmatischen Ausrichtung.