Der Kunde steht heute mehr denn je im Mittelpunkt der Unternehmensaktivitäten. Produktentwicklung, Marketing, Vertrieb und Service werden auf die Bedürfnisse und Wünsche des Kunden ausgerichtet. Dies soll zur Kundenbindung und Neukundengewinnung beitragen und somit langfristig den Unternehmenserfolg sichern.Doch reichen ein guter Service und Qualitätsprodukte heute meist nicht mehr aus und sind kein Garant mehr für einen dauerhaften unternehmerischen Erfolg.Vielfältige Analysen von Absatzdaten und aktiven Produktbewertungen sowie Ergebnisse aus Marktforschungen werden für die strategische Planung eingebunden. Eine weitere Quelle von Informationen bieten soziale Netzwerke und Bewertungsportale, auf denen spezielle Dienstleistungen, Produkte und Unternehmen bewertet werden.
Ein Verfahren zur Auswertung von Meinungsäußerungen durch Kunden bietet das Opinion Mining. Es ermöglicht die automatisierte Suche, Extraktion und Auswertung von Kundenmeinungen in Foren, zum Beispiel Ciao und sozialen Medien wie Facebook oder Google+.
Mit speziell entwickelten und trainierten Algorithmen, lassen sich dadurch Informationen zur Bewertung von Produkten, Services und der Unternehmensreputation gewinnen. Das Verfahren ermöglicht die Extraktion positiver, neutraler und negativer Meinungen. Zudem können auch Wünsche, Ideen und Beschwerden ermittelt und analysiert werden. Ein Projekt des Instituts für Informationssysteme (iisys) in Hof hat gezeigt, dass der Einsatz des Verfahrens bei der automatisierten Analyse von Versicherungsprodukten und -leistungen zu guten und vielversprechenden Ergebnissen führt.
Was kann Opinion Mining - und was nicht?
Bei dem Verfahren werden zunächst Branchen- und Aspekt-spezifische Listen erzeugt, die zum Teil automatisiert, zum Teil manuell erweitert werden. Dadurch wird das Verfahren mit den nötigen Informationen ausgestattet, um im in den Foren und auf den Plattformen nach Schlüsselwörtern zu suchen. Als Meinungsäußerung identifizierte Texte und Sätze werden anschließend über eine Aspekt-basierte Auswertung als positiv, neutral oder negativ eingestuft. Aspekt-basiert heißt dass ermittelt wird, auf welchen der genannten Aspekte sich die Wertung des Kunden bezieht.
Mit diesem Vorgehen gelang es der Forschungsgruppe des iisys, eine Genauigkeit von 90 Prozent sowie eine Vollständigkeit von circa 80 Prozent bei positiven und circa 60 Prozent bei negativen Äußerungen zu erreichen. Es ist jedoch zu erwähnen, dass es sich hierbei um Laborwerte handelt, die in einem abgesteckten Rahmen ermittelt wurden.
Das Verfahren gelangt an seine Grenzen, wenn es um die Erkennung von Ironie und Sarkasmus geht sowie bei der Auswertung sehr kurzer Nachrichten - zum Beispiel Twitter - oder unvollständiger Texte. Zudem muss das Verfahren auf den zu untersuchenden Kontext abgestimmt werden. Eine einmalige Entwicklung und anschließende Übertragung in verschiedene Branchen und Unternehmen ist nicht möglich. Dies liegt an der Erstellung spezifischer Listen zur Meinungsermittlung, in denen Produkte und Bezeichnungen individuell vom Unternehmen abhängen. Die Forschung beschäftigt sich bereits mit der Automatisierung der Listenerstellung, sodass in den kommenden Jahren eine zunehmende Verbesserung des Verfahrens zu erwarten ist.
Kundenorientierte Branchen können profitieren
Opinion Mining kann in vielen Unternehmen eingesetzt werden. Besonders in bereits stark digitalisierten Branchen bietet sich der Einsatz des Verfahrens an. Neben der Versicherungsbranche, können auch Unternehmen anderer Branchen von dem Verfahren profitieren.
Großes Potenzial bietet sich scheinbar in der Finanzbranche, der Dienstleistungs- und Handelsbranche sowie der Industrie für Konsumgüter. Hier ist die Ermittlung der Kundenmeinungen und -wünsche aufgrund des großen Wettbewerbs besonders wichtig. Im Folgenden soll aufgezeigt werden, in welchen Bereichen sich Potenziale ergeben und ausschöpfen lassen.