Super-Apps

Nächster Halt Enterprise IT?

01.12.2023
Von 
Linda Rosencrance schreibt seit mehr als 20 Jahren über Technologiethemen - unter anderem für unsere US-Schwesterpublikation CIO.com.
Mobile All-in-One-Apps, die mehrere kleinere Anwendungen und Services in einer Plattform bündeln, sind in manchen Verbrauchermärkten ein Renner. Nun könnte das Konzept der Super-App die Business-Welt erobern.
Super-Apps waren bislang vor allem in Asien populär. Erobern Sie jetzt die Enterprise-Welt?
Super-Apps waren bislang vor allem in Asien populär. Erobern Sie jetzt die Enterprise-Welt?
Foto: Tada Images | shutterstock.com

Super-Apps sind mobile Anwendungen, die alle Tools und Ressourcen, die Mitarbeiter täglich nutzen, auf einer einzigen Plattform zusammenführen. Eric Helmer, Senior Vice President und Chief Technology Officer beim IT-Dienstleister Rimini Street, liefert Kontext: "Traditionell haben Unternehmen auf Mega-Anwendungen gesetzt und diesen im Laufe der Zeit weitere Funktionen hinzugefügt. Das lief jedoch schnell aus dem Ruder und führte zu Performance- und Nutzungsproblemen."

Laut Helmer gab es für die Mega-Apps auch nie ein gemeinschaftliches Designprinzip oder Entwicklungs-Framework. Die leichtgewichtigen Programme innerhalb der Super-App - MiniApps - müssen hingegen bestimmte Standards einhalten. Das erleichtert es, die Akzeptanz der User zu stärken, denn eine Lernkurve gibt es quasi nicht, wie CTO Helmer erklärt: "Die Benutzer können ihre Erfahrung mit Hilfe der MiniApps personalisieren, die alle ein ähnliches Interface aufweisen. Dazu wählen sie einfach selbst diejenigen aus, die Sie benötigen oder interessieren."

Die Geburtsstunde der Super-Apps

Super-Apps kamen erstmals circa 2011 auf. Dabei waren sie zunächst als Verbindungspunkte für Consumer-Services jeder Art gedacht - von Messaging bis hin zu E-Commerce.

Mickey North Rizza, Enterprise-Software-Expertin bei den Marktforschern von IDC, konkretisiert: "Zu den Paradebeispielen für Super-Apps gehören WeChat und Alipay. Beide haben sich weit über ihre ursprünglichen Funktionen hinaus entwickelt. Sie sind in China zu unverzichtbaren Tools für das tägliche Leben geworden. Bei Super-Apps geht es darum, den Benutzern eine Multi-Service-Plattform zu bieten, die sämtliche Services eines Unternehmens bündelt und sich je nach Bedarf um weitere ergänzen lässt."

Gemein sei den meisten Super-Apps im Consumer-Bereich eine Payment-(Mini)App, die als Rückgrat fungiere und alles miteinander verbinde, erklärt die Analystin. Super-Apps dieser Art haben sich vor allem bislang in Asien, Südamerika und Afrika verbreitet. In Europa und den USA konnte sich das Konzept bislang nicht durchsetzen - wie auch eine aktuelle Analyse von Forrester Research zeigt.

Super-Apps fürs Enterprise?

Was das Potenzial von Super-Apps für Unternehmen angeht, wagt Ilia Shakitko, Vice President of Technology bei der Digitalberatung Monstarlab, einen Blick in die Zukunft: "Im Unternehmensumfeld dürften Super-Apps vor allem für neue Experiences und Digital Patterns zum Einsatz kommen - etwa Value Streams oder interne Services, die für Mitarbeiter und Kunden neue Usability-Wege erschließen. Super-Apps fürs Enterprise werden es ermöglichen, die Apps, die die Mitarbeiter nutzen, unter einem Dach zu bündeln."

Das sorge dem Technologieexperten zufolge nicht nur für Effizienz, sondern auch für mehr Benutzerkomfort: "Die Mitarbeiter können sich - ähnlich wie auf einem Marktplatz - nur die Apps herauspicken, die sie benötigen, um ihre Work Experience entsprechend anzupassen."

Weitere Vorteile von Super-Apps für Unternehmen sind laut Shakitko:

  • eine konsistentere User Experience,

  • weniger "App-Fatigue",

  • weniger App-Wildwuchs, sowie

  • mehr IT-Sicherheit, indem Funktionen in einer vom Unternehmen gemanagten Applikation konsolidiert werden.

Gartner-Analyst Jason Wong berichtet ebenfalls von einem verstärkten Interesse der Unternehmen am Thema Super-Apps: "Das betrifft zum Beispiel auch große Supermarktketten und Einzelhändler, die viele Mitarbeiter beschäftigen, die sich bei ihrer Arbeit auf mobile Devices verlassen."

Eine Super-App in der Unternehmenspraxis

Ein Unternehmen, das bereits eine Super-App eingeführt hat, um die Experience seiner Belegschaft zu optimieren, ist TeamHealth. Der US-Gesundheits(personal)dienstleister stellt seinen Mitarbeitern - in erster Linie Ärzte und anderes Klinikpersonal - eine Super-App von MangoLabs zur Verfügung, die alle benötigten Tools und Ressourcen vereint.

Thomas Perrine, CIO und CISO von TeamHealth, erklärt die Zielsetzung: "Unsere Priorität liegt darauf, unsere Ärzte bestmöglich zu unterstützen, damit diese die Patienten optimal versorgen können. Unsere Anwender sitzen nicht den ganzen Tag vor einem Rechner, sondern behandeln. Aufgrund dieser Bedingungen stellt ein Smartphone für sie die bequemste Art und Weise dar, zu arbeiten."

In der Konsequenz habe das Unternehmen dafür gesorgt, seine Tools und Kommunikationsmittel möglichst sicher, effizient und benutzerfreundlich bereitzustellen, berichtet der IT- und Sicherheitsentscheider nicht ohne Stolz. Er sieht für die Praxis ganz konkrete Vorteile beim Einsatz der Super-App: "Unsere Mitarbeiter öffnen jetzt nicht mehr für jeden Task eine eigene, generische Drittanbieter-App, sondern können alles in einer Anwendung mit unserem Branding erledigen. So entlasten wir unsere Ärzte und verschaffen ihnen mehr Zeit, um sich auf die Patientenversorgung konzentrieren zu können."

Vorangegangen war der Erfolgsstory eine umfassende Evaluierung von rund 40 mobilen Softwarelösungen zu Zwecken der Mitarbeiterbindung und -kommunikation. Die Wahl fiel dabei auf den Anbieter MangoApps, weil dessen Lösung es laut Perrine ermöglichte, die Funktionen seiner Back-Office-Systeme direkt in der App bereitzustellen: "Sobald unsere Nutzer die App herunterladen und sich anmelden, haben sie Zugriff auf alles, was sie brauchen - und wir die Kontrolle über die Datensicherheit. Verschiedene Benutzergruppen haben unterschiedliche Prioritäten und nutzen unterschiedliche Funktionen - unsere App verbindet sie dennoch miteinander", freut sich der Manager und fügt hinzu: "Das Super-App-Modell vereinfacht es für die IT-Abteilung, Technologie bereitzustellen und optimiert die User Experience unserer Belegschaft. Die Plattform stellt für uns einen enormen Mehrwert dar."