Coursera-Studie

Mittelstand fehlt KI-Kompetenz

09.08.2024
Von 


Manfred Bremmer beschäftigt sich mit (fast) allem, was in die Bereiche Mobile Computing und Communications hineinfällt. Bevorzugt nimmt er dabei mobile Lösungen, Betriebssysteme, Apps und Endgeräte unter die Lupe und überprüft sie auf ihre Business-Tauglichkeit. Bremmer interessiert sich für Gadgets aller Art und testet diese auch.
KI gehört für viele Unternehmen bereits zum Alltag. Dennoch sind Mitarbeiter und Führungskräfte noch nicht ausreichend auf den Einsatz vorbereitet.
Das Thema KI ist längst im Mittelstand angekommen. Allerdings fehlt es an Fachwissen rund um Künstliche Intelligenz und Machine Learning.
Das Thema KI ist längst im Mittelstand angekommen. Allerdings fehlt es an Fachwissen rund um Künstliche Intelligenz und Machine Learning.
Foto: insta_photos - shutterstock.com

Bereits seit gut zwei Jahren sind Unternehmen in Industrie, Handel und IT mit den neuen Möglichkeiten generativer KI (GenAI) konfrontiert. Dennoch gehen die Ansichten, was den Einsatz im betrieblichen Alltag angeht, zwischen Unternehmensführung und Belegschaft stark auseinander.

Zu diesem Ergebnis kommt eine Umfrage, die Arlington Research Mitte März im Auftrag von Coursera bei deutschen Mittelständlern durchführte. Im Rahmen der Studie wurden einerseits insgesamt 150 Entscheidungsträger in Unternehmen aus Industrie, Handel sowie IT, Transport und Logistik mit 50 bis 200 Mitarbeitenden, die für Auswahl und Erwerb von Mitarbeiterschulungen verantwortlich sind, interviewt. Gleichzeitig wurden 200 Mitarbeitende befragt, von denen 91 Prozent berufliche Weiterbildungen angeboten bekommen und 87 Prozent bereits an diesen teilgenommen haben.

Unklare Rolle der KI im Business

Wie die Untersuchung ergab, sind zwei Drittel (66 Prozent) der Unternehmensvertreter überzeugt, dass KI im betrieblichen Alltag bereits eine wichtige oder sehr wichtige Rolle spielt. Unter den Mitarbeitern gab hingegen nur knapp die Hälfte (49 Prozent) an, dass die Nutzung von KI bereits einen wichtigen Teil ihrer Arbeit darstellt.

Auch was den Beitrag von GenAI zur Produktivität betrifft, gehen die Ansichten zwischen Belegschaft und Managern etwas auseinander: Während auf Arbeitgeberseite 57 Prozent der Umfrageteilnehmer der Ansicht sind, dass generative KI die Arbeitsproduktivität gesteigert hat, vertreten von den befragten Beschäftigten nur 48 Prozent diese Ansicht. Knapp jeder zweite Mitarbeiter (47 Prozent) gab außerdem an, dass dank generativer KI seine Work-Life-Balance verbessert wurde. Dabei stimmten die 18- bis 24-Jährigen hier häufiger zu als ihre älteren Kollegen.

Kaum Angst vor Jobverlust durch KI

Ein weiteres interessantes Ergebnis: Nur 38 Prozent der Mitarbeitenden sehen aufgrund der Einführung von KI ihren Job bedroht. Viel Grund, sich in Sicherheit zu wiegen, gibt es jedoch nicht: 81 Prozent der befragten Mittelständler, bei denen die Technologie eine wichtige Rolle spielt, an, erklärten, die KI-Einführung habe die Arbeitsanforderungen ihrer Mitarbeiter stark oder sehr stark verändert.

Auch die Bereitschaft, KI-Wissen und -Fähigkeiten auszubauen, ist laut Umfrage vorhanden: Fast neun von zehn Mitarbeitern (88 Prozent) finden es wichtig bis extrem wichtig, die eigenen Kompetenzen im Bereich GenAI-Lösungen zu erweitern. Mehr als zwei Drittel (67 Prozent) erklärten, sie seien sogar sehr motiviert, dies fortlaufend zu tun, um den sich ständig verändernden Anforderungen am Arbeitsplatz gerecht werden zu können. Mehr als ein Fünftel (21 Prozent) der Befragten äußerte den Wunsch, sich von allen genannten Kompetenzfeldern besonders gerne im Bereich KI weiterzubilden. Dabei täten die Unternehmen gut daran, ihren Arbeitnehmern zuzuhören: Nur knapp die Hälfte (49 Prozent) der Mitarbeiter ist der Meinung, dass ihr Unternehmen KI effektiv einsetzt.

KI-Fachkräfte händeringend gesucht

Bei den Führungskräften stoßen solche Mitarbeiter - zumindest theoretisch - auf offene Ohren, denn KI-Fachkräfte werden händeringend gesucht. Laut Umfrage haben vier von zehn (38 Prozent) Mittelständlern Probleme, Experten für Künstliche Intelligenz und Maschinelles Lernen (ML) zu finden, gefolgt von IT-Fachkräften aus angrenzenden Gebieten wie Datenanalyse- und Software Engineering (jeweils 25 Prozent) sowie Cybersecurity (23 Prozent).

Bei den Mitarbeitern ist wiederum die Nachfrage nach Schulungen und Trainings zum Thema Cybersicherheit mit 39 Prozent am höchsten, gefolgt von Management und Personalführung (23 Prozent), künstliche Intelligenz (21 Prozent) und dem Bereich Vertrieb und Verkauf (21 Prozent).

Allerdings verhindern im Mittelstand zahlreiche Faktoren, dass fehlendes Knowhow im eigenen Betrieb aufgebaut wird. In der Umfrage wurde als Hauptursache häufig ein Mangel an zeitlichen Ressourcen (41 Prozent) und damit personellen Verfügbarkeiten für Fortbildungs- und Trainingsveranstaltungen genannt.

Weitere Gründe waren:

  • anfallende Kosten (35 Prozent),

  • ein Mangel an qualitativ hochwertigen Weiterbildungsressourcen (30 Prozent),

  • Desinteresse der Belegschaft (29 Prozent) und

  • regulatorische Einschränkungen (23 Prozent).

Suche nach mehr Kompetenz

Die Folgen belasten Arbeitgeber und Arbeitnehmer gleichermaßen: Laut Umfrage haben vier von zehn Unternehmen (39 Prozent) aus dem deutschen Mittelstand als Gegenmaßnahme für fehlende Kompetenzen in der eigenen Belegschaft bereits Remote-Talente aus dem Ausland rekrutiert. Weitere 51 Prozent ziehen das ernsthaft in Betracht. Gleichzeitig erklärten mehr als die Hälfte (54 Prozent) der befragten Mitarbeiter, sie würden sich nach einem neuen Job umsehen, wenn ihr Unternehmen keine ausreichenden Weiterbildungen oder Schulungen bietet.

Zwar bestätigen 91 Prozent der Beschäftigten, dass es Fortbildungs- und Trainingsveranstaltungen gebe. Allerdings werden solche Maßnahmen lediglich in 43 Prozent der Unternehmen regelmäßig angeboten. Insgesamt wünschen sich 66 Prozent der Befragten von ihren Arbeitgebenden mehr Trainings- und Fortbildungsangebote.