Big Data Anwendungsgebiete

Mit Big Data auf Verbrecherjagd

13.10.2013
Von 
Uwe Küll ist freier Journalist in München.

Papierstapel groß wie ein Hochhaus

Bei der Software Diagnostics GmbH aus Potsdam verrät schon der Firmenname, wofür die neuen Technologien eingesetzt werden: "Wir nutzen Big Data vor allem als Chance, die gigantischen Datenmengen, die bei der Entwicklung von Software anfallen, automatisiert zu analysieren und die Ergebnisse in Form eines dreidimensionalen Stadtplans zu visualisieren", erklärt Johannes Bohnet, Managing Director bei Software Diagnostics. Zu den Quellen zählen unter anderem der Sourcecode, das Konfigurations- oder Änderungs-Management und Issue- oder Bug-Tracking-Systeme.

Um den wirtschaftlichen Nutzen von Big Data bei der Analyse von Software-Entwicklungsprojekten zu verdeutlichen, verweist Bohnet auf die Untersuchung "Maintaining Mental Models: A Study of Developer Work Habits" von Thomas LaToza und Robert DeLine von Microsoft Research. Demnach verbringen Entwickler 15 Prozent ihrer Arbeitszeit damit, Code durch Refactoring verstehbarer zu machen. 49 Prozent der Zeit entfallen auf Bug-Korrekturen. Nur 36 Prozent der Entwicklerzeit stehen für die Erstellung neuer Funktionalität zur Verfügung.

"Big-Data-Technik hilft, den Anteil der wertschöpfenden Arbeit der Entwickler zu erhöhen", sagt Bohnet. Beispiel: der Sourcecode von Android. Wollte man alle Codezeilen des Mobile-Betriebssystems ausdrucken, um sie zu analysieren, wie es in der Softwareentwicklung nicht unüblich ist, erhielte man in diesem Fall einen Papierstapel von der Höhe eines 22-stöckigen Hochhauses. Ein Überblick über die Zusammenhänge und Abhängigkeiten zwischen unterschiedlichen Modulen und Funktionen ist so kaum möglich. "Mit Hilfe von Big Data und Business Intelligence hingegen lassen sich baufällige Softwaremodule schnell ausmachen", kommentiert Bohnet.

1073-mal um die Erde gefahren

Dass man auch Big-DataAnwender sein kann, ohne es zu wissen, zeigt sich im Bereich Telematik, Navigation und Flotten-Management. Axel Backof, Sales Director DACH bei TomTom Business Solutions, erklärt das so: "Mit HD Traffic nutzen wir die Bewegungsdaten von 250.000 Fahrzeugen unserer Business-Kunden und zusätzlich von Millionen TomTom-Benutzern auf Europas Straßen, um dem Anwender etwa Staus frühzeitig anzuzeigen."

Um die Fahrer im Minutentakt auf dem aktuellen Stand der Verkehrslage zu halten, werten die Systeme jeden Tag die Daten aus einer Million Fahrstunden und 43 Millionen gefahrenen Kilometern - das entspricht 1073 Erdumrundungen - aus. Backof: "Die Echtzeitdatenanalyse dient vor allem der Optimierung von Logistikprozessen."

Gesetzlich definierte Krisenreaktionszeiten

Neben Kurierdiensten und Speditionen nutzen vor allem Serviceunternehmen die Möglichkeiten der Big-Data-Anwendung HD Traffic. Sie geben beispielsweise ihrer Notfall-Hotline Zugriff auf das System. Insbesondere im technischen Service von Versorgungunternehmen kommt es auf jede Minute an, denn hier sind gesetzlich vorgegebene Krisenreaktionszeiten einzuhalten. Doch auch Handwerksbetriebe und natürlich die Transportunternehmen vom Paketkurierdienst bis zum klassischen Spediteur profitieren auf diese Weise von Big Data: vermiedene Staus, Senkung des Treibstoffverbrauchs und Schadstoffemissionen. Backof zufolge werden so täglich rund 7,5 Millionen Liter Treibstoff und 20.000 Tonnen CO2 eingespart. (mhr)

Nach Einschätzung von Industry Analyst Rüdiger Spies zeigen die hier dargestellten Beispiele, wie die "vier V" Big Data im Zusammenspiel erfolgreich machen:

In aller Regel werden vergleichsweise große Datenmengen einbezogen.
Es werden Daten aus verschiedenen Quellen und in unterschiedlichen Formaten herangezogen.
Die genutzten Daten sind schnellem Wandel unterworfen und werden in (Nahezu-)Echtzeit ausgewertet.
Der Wert der Daten im Unternehmenskontext ist hoch.

Spies ergänzt: "Ein einzelnes ,V` macht noch kein Big-Data-Projekt. Die Komplexität und damit auch der Wert entsteht durch die Kombination der Faktoren."

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