Es ist kurz vor zwei Uhr nachts, irgendwo in einem Londoner Vorort, als die beiden Polizisten im Streifenwagen per Funk die Anweisung erhalten, einen verdächtigen Vorgang in der Nähe zu kontrollieren. "Dort ist eine Unterbrechung des Telefonnetzes diagnostiziert worden, die auf Kabeldiebstahl hindeutet", tönt es aus dem Lautsprecher, während der Fahrer die Signalanlage einschaltet und aufs Gaspedal tritt. Nach wenigen Minuten sind die Beamten am Tatort. Zwar sind die Täter bereits geflohen, doch ihr Diebesgut mussten sie auf der Flucht zurücklassen.
Fälle wie dieser sind in Großbritannien keine Seltenheit. Zigtausende von Störungen pro Jahr infolge von Kabeldiebstahl registrieren die Experten des Netzbetreibers BT. Die Hoffnungen auf eine Besserung der Situation ruhen unter anderem auf Assure Analytics. So heißt die von BT entwickelte Big-Data-Anwendung, die im Kampf gegen den gewerbsmäßigen Diebstahl von Telefonkabel zum Erfolg verhelfen soll. Organisierte kriminelle Banden unterbrechen Leitungen, ziehen die Kabel aus dem Boden und verkaufen das darin enthaltene wertvolle Kupfer als Altmetall. Simon Davies, als General Manager bei BT auch zuständig für die Bekämpfung des Kabeldiebstahls: "Für BT bedeutet das finanzielle Verluste in Millionenhöhe. In einigen Fällen waren schon ganze Kommunen ohne Telefon."
Assure Analytics soll diese Verluste verringern und die Verfügbarkeit der Services für die Kunden erhöhen. Das System erfasst Daten aus unterschiedlichen Quellen in den verschiedensten Formaten. Dazu gehören Maschinendaten von Servern und anderen Netzkomponenten ebenso wie E-Mails der Techniker, Geo-Koordinaten und viele andere Informationen aus dem Umfeld jedes Vorfalls. Assure Analytics kombiniert sie miteinander und bereitet sie visuell so auf, dass die Ziele möglicher zukünftiger Attacken auf einer geografischen Karte sichtbar werden.
Auf Basis dieser Informationen können sowohl Entstörungstechniker von BT als auch Polizeistreifen ihre Routinefahrten so organisieren, dass sie ein hohes Abschreckungspotenzial entfalten und im Falle einer Störung schneller als früher zur Stelle sind. Zwar gelang noch keine Festnahme "in flagranti", doch konnten die Täter durch das schnelle Eintreffen der Polizei gezwungen werden, ohne Beute vom Tatort zu fliehen. Das reduziert sowohl den direkten materiellen Schaden für BT als auch die Zeit zur Wiederherstellung der durchtrennten Leitung.
- Big Data in Zahlen
Karl Valentin hat einmal das Bonmot geprägt, schwer sei leicht was. Das kann man für den Trend Big Data mit Sicherheit auch behaupten. Sinnvoll in der Theorie, schwer in der Realisierung. Wir liefern ein paar Fakten. - Welche Probleme sehen Sie beim Einsatz von Big Data?
Big-Data-Konzepte werden nicht vorangetrieben, weil es an den richtigen Skills fehlt.<br> Angaben in Prozent; n = 206; Mehrfachnennungen möglich; Quelle: BARC
Schlechte Nachricht für Diebe
Tatsächlich lassen sich die positiven Folgen der Arbeit mit Assure Analytics bereits messen: So stieg in den ersten elf Monaten die durchschnittliche Zahl der Festnahmen pro Monat im Zusammenhang mit Kabeldiebstählen um acht Prozent. Insgesamt wurden in dieser Zeit 480 Diebe gefasst und fast 260 Tonnen gestohlenes Kupfer sichergestellt. Im Betrachtungszeitraum 2012/2013 wurden nur noch 109 Tonnen gestohlenes Metall aus BT-Netzen sichergestellt.
Die Verantwortlichen sehen das als Erfolg der permanenten Analyse aller relevanten Daten zum Kabeldiebstahl und weiterer Maßnahmen wie etwa der engen Zusammenarbeit mit der Polizei. Simon Davies sagt: "Durch den Einsatz von Assure Analytics können wir die Risiken besser vorhersagen. Das wird die Abschreckungswirkung erhöhen und die Zahl der Diebstähle reduzieren. Für Bürger und Unternehmen heißt das: weniger Störfälle."
Für Carsten Bange, Geschäftsführer des Business Application Research Center (BARC), liegt die Besonderheit von Big Data in einem strategischen Umgang mit Daten. "Auswertungen von strukturierten und unstrukturierten Daten aus unterschiedlichen Quellen, die bislang nur punktuell und mit hohem zeitlichem Aufwand vorgenommen wurden, werden Bestandteile von Standardprozessen und ermöglichen dadurch qualitative und quantitative Optimierungen von Produkten und Services."