"Beschwerden sind eine Schatztruhe für Unternehmen, die es zu öffnen gilt", sagt Dirk Nonnenmacher von der Unternehmensberatung Hogreve & Cie., die sich auf das Thema spezialisiert hat. Hinzu kommt: Ein unzufriedener Konsument spricht laut einer Studie des Instituts für Marketing and Consumer Research der Wirtschaftsuniversität Wien im Schnitt mit zehn weiteren Personen über sein Erlebnis.
Das allein kann schon rufschädigend für ein Unternehmen sein - doch teilt der Mecker-Kunde seinen Unmut nicht nur mit dem örtlichen Stammtisch, sondern auch mit seinen Followern auf Facebook und Co., können aus den zehn Personen schnell Hunderttausende werden. Allein Twitter hat weltweit mehr als 250 Millionen Mitglieder - durch diese enorme Reichweite verleihen die sozialen Medien dem Konsumenten eine nie da gewesene Macht. Was passieren kann, wenn ein Unternehmen unzufriedene Kunden einfach ignoriert, zeigt das Beispiel von Hasan Syed.
British Airways verschluderte Ende 2013 auf einem Paris-Flug das Gepäck von Syeds Vater. Nachdem der Brite zwei Tage lang auf eine Antwort wartete, entschloss er sich, seinem Ärger auf einem ungewöhnlichen Weg Luft zu machen: Er kaufte einen sogenannten gesponserten Tweet bei Twitter - also eine Nachricht, die normalerweise nur von Firmenkunden genutzt wird, um ihre Werbebotschaft möglichst prominent auf Twitter zu platzieren - eine Privatperson hatte diese Möglichkeit bis dato noch nicht genutzt.
Gewaltiger Shitstorm
Hasan Syeds knappe Botschaft: "Fliegt nicht mit British Airways. Ihr Kundenservice ist schrecklich." Diese 67 Zeichen lange Nachricht wurde an alle der rund 300.000 Personen gesendet, die der Fluggesellschaft zu diesem Zeitpunkt auf ihren zwei Twitter-Kanälen folgten. Es dauerte nicht lange, bis sich auch andere Nutzer mit ihren negativen Erfahrungen meldeten und so einen gewaltigen Shitstorm in Gang setzten. Für die Airline war das eine Katastrophe. "Vielfach mangelt es bis heute an dem Verständnis von Beschwerden als größte Chance für Wachstum", sagt Bernd Stauss, der viele Jahre an der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt zu dem Thema lehrte. Denn schließlich können Beschwerden die Kundenloyalität sichern, die Verbesserung von Produkten und Dienstleistungen gewährleisten und Fehlerkosten senken.
Doch dieser Grundsatz hat bislang nur in wenigen Unternehmen Einzug gehalten. Denn dahinter steht häufig nicht weniger als ein Paradigmenwechsel für die Mitarbeiter wie auch für das Management. Denn es gilt, eine Beschwerde nicht als Angriff, sondern als Chance zur Wiedergutmachung zu begreifen. Dass dieser Weg mühsam und lang sein kann, musste auch die Allianz-Versicherung feststellen.