Technologie für Entwickler

Low-Code-Revolution durch Generative AI?

25.04.2023
Von 
Anirban Ghoshal ist Senior Writer für Enterprise-Software, Datenbanken und Cloud-Infrastruktur bei unserer US-Schwesterpublikation InfoWorld.
Generative AI wird die Hürden für den Einsatz von Low-Code und No-Code weiter senken – und möglicherweise eine neue Klasse intelligenter Entwicklertechnologien hervorbringen.
ChatGPT ist in Entwicklerkreisen längst angekommen und könnte in Sachen Low Code und No Code neue Entwicklungen in Gang setzen.
ChatGPT ist in Entwicklerkreisen längst angekommen und könnte in Sachen Low Code und No Code neue Entwicklungen in Gang setzen.
Foto: FrimuFilms - shutterstock.com

Softwareentwickler haben längst begonnen, mit Generative-AI-Tools wie ChatGPT zu experimentieren. Erste Ergebnisse sind vielversprechend und demonstrieren das Potenzial dieser Tools - beispielsweise, wenn es um Code Reviews geht. Sie zeigen jedoch auch, dass Developer, die komplexe Applikationen programmieren, ihre Arbeit wahrscheinlich nie vollständig an KI-Tools werden auslagern können.

Ganz anders sieht es dagegen im Bereich Low-Code- und No-Code-Entwicklung aus, wie Dion Hinchcliffe, Principal Analyst bei Constellation Research, nahelegt: "Generative KI wird sich auf Low-Code- und No-Code-Plattformen geradezu transformierend auswirken, weil es dadurch wesentlich einfach wird, nützliche Funktionen auf der Grundlage von High-Level-Anfragen bereitzustellen - auch wenn die von Citizen Developern kommen."

In diesem Artikel lesen Sie, wie generative künstliche Intelligenz Entwicklungszyklen beschleunigen kann.

"Das könnte das Marktvolumen verdoppeln"

Künftig würden die stärksten Angebote der Low-Code- und No-Code-Anbieter die Vorteile visueller Developer Interfaces mit Generative-AI-Modellen kombinieren, prophezeit IDC Research Manager Michele Rosen. Die User könnten so im Idealfall wählen, ob sie Natural Language oder visuelle Komponenten nutzten, um die Ergebnisse zu verfeinern. Die Marktforschungsspezialistin ergänzt: "Generative KI kann auch Text- und Multimedia-Assets für Entwickler erstellen. Und die No-Code- und Low-Code-Anbieter können Chat-Schnittstellen bereitstellen, um die Entwickler während des gesamten App-Erstellungsprozesses zu unterstützen."

Microsofts Low-Code-Offering - Power Apps - bietet nach der Integration von Copilot bereits Funktionalitäten auf ChatGPT-Basis. Ryan Cunningham, Vice President Microsoft Power Apps erklärt: "Generative AI dient in Copilot zweierlei Use Cases: Zum einen sollen die Entwicklungszyklen beschleunigt werden, zum anderen die erstellten Anwendungen mit Generative-AI-Funktionen ausgestattet werden können."

Nach Einschätzung von Forrester-Analyst John Bratincevic wird die Integration generativer KI in Low-Code- und No-Code-Plattformen die Hürden für die Einführung von Entwicklungsumgebungen dieser Art senken: "Die Lernkurve für den Einstieg in die Anwendungsentwicklung wird noch niedriger sein."

Die Verbindung von generativer KI mit Low-Code- und No-Code-Plattformen werde auch professionellen Entwicklern helfen, ist Hyoun Park, Principal Analyst bei Amalgam Insights, überzeugt: "Generative AI Coding wird vor allem für Entwickler hilfreich sein, die an größeren Projekten arbeiten und nach Shortcuts suchen, um Standard- oder Common-Sense-Anforderungen zu unterstützen. Statt nach der richtigen Bibliothek zu suchen oder sich an einen bestimmten Befehl oder Begriff zu erinnern, werden generative KI-Tools in der Lage sein, Codebeispiele zu liefern, die Entwickler verwenden, bearbeiten und erweitern können."

Unternehmen wie Microsoft (Copilot) und AWS (CodeWhisperer) bieten bereits Software an, um Programmcode automatisch zu vervollständigen. Darüber hinaus arbeitet auch der Low-Code-Plattformanbieter Mendix daran, Funktionen zur "Entwicklerführung" zu integrieren, wie Amir Piltan, Senior Product Manager KI, spezifiziert: "Entwickler können Anwendungen auf der Grundlage von Best Practices erstellen, die von Generative AI innerhalb der Mendix-Entwicklungsumgebung empfohlen werden."

Analyst Park meint, dass nicht nur Unternehmen und Entwickler von der Integration generativer KI in Low-Code- und No-Code-Plattformen profitieren würden, sondern vor allem auch die Anbieter, beziehungsweise deren Umsätze: "Die unmittelbare Chance besteht darin, die Nutzerbasis um das Fünf- bis Zehnfache zu vergrößern, indem einfach Anforderungen eingegeben und Low-Code-Snippets erstellt werden, die von erfahreneren Entwicklern verwendet werden können. Das könnte das Volumen des Low-Code-Marktes in den nächsten zwei Jahren verdoppeln."