Finanzbranche, Industrie und Automotive

Künstliche Intelligenz in der Praxis

16.07.2018
Von 


Dr. Jürgen Krämer ist Senior Vice President Product Management & Marketing bei der Software AG.
Analysten und Beratungshäuser wie Gartner, Forrester und Accenture sind sich einig: Künstliche Intelligenz ist der Zukunftstrend schlechthin. Künftig werden selbstlernende Systeme, die ohne menschliches Eingreifen Entscheidungen treffen können, zum wichtigen Wettbewerbsfaktor. Schon heute setzen Unternehmen verschiedener Branchen KI erfolgreich ein.

Bereits in den 70er-Jahren begeisterte der intelligente VW-Käfer Dudu in Filmen wie "Ein Käfer gibt Vollgas" oder "Ein Käfer auf Extratour". Das "Wunderauto" konnte selbstständig fahren und unterstützte seinen Fahrer Jimmy mit allerlei Gimmicks bei spannenden Abenteuern. Was damals noch ein Kinomärchen war, ist heute Realität geworden. Künstliche Intelligenz (KI) hält in vielen Bereichen Einzug in unser Leben. Nicht nur die Automobilhersteller entwickeln am autonomen Fahren.

Auch in der Industrie, im Marketing und im Finanzwesen gibt es erste Anwendungsfälle für KI. Die hohen Erwartungen lassen den Markt geradezu explodieren. So prognostiziert das Marktforschungsunternehmen Tractica für das Jahr 2025 KI-Umsätze im Software-Segment von weltweit fast 60 Milliarden Dollar. Forrester Research geht davon aus, dass Daten- und KI-getriebene Unternehmen künftig erhebliche Wettbewerbsvorteile haben werden.

Der große Wert gesammelter Daten erschließt sich erst, wenn man ihn mit maschinellem Lernen kombiniert.
Der große Wert gesammelter Daten erschließt sich erst, wenn man ihn mit maschinellem Lernen kombiniert.
Foto: Phonlamai Photo - shutterstock.com

Warum ist KI so wichtig für Unternehmen?

Viele Unternehmen haben im Zuge der Digitalisierung längst damit begonnen, Daten zu sammeln und auszuwerten. Der große Wert dieses Datenschatzes erschließt sich jedoch erst, wenn man ihn mit maschinellem Lernen kombiniert. Machine-Learning-Algorithmen erwerben mit jeder Datenanalyse weiteres Wissen und wenden dieses dann auf den nächsten Fall an. So werden sie immer schlauer und präziser. Unternehmen, die KI einsetzen, können aus ihren Daten wertvolle betriebswirtschaftliche Erkenntnisse gewinnen und daraus bessere Entscheidungen und Handlungen ableiten. Bei KI zählt Geschwindigkeit, denn für viele Anwendungen sind Analysen und Entscheidungen in Echtzeit erforderlich. Wie Unternehmen künstliche Intelligenz bereits erfolgreich anwenden, zeigen die folgenden Beispiele.

Künstliche Intelligenz im Finanzsektor - Betrugserkennung

Bei der Bekämpfung von Cyberkriminalität zählen für Banken bereits Millisekunden. Denn je früher sie betrügerische Transaktionen erkennen, desto besser lässt sich ein größerer Schaden verhindern. Zunehmend kommen im Finanzsektor daher Streaming-Analytics-Lösungen mit künstlicher Intelligenz zum Einsatz. Sie können in Echtzeit riesige Mengen Daten analysieren und mit üblichen Verhaltensmustern abgleichen. Entdecken sie dabei Auffälligkeiten, schlagen sie Alarm und können eine Transaktion sofort stoppen. Versucht ein Kunde zum Beispiel, sich innerhalb von kurzer Zeit von verschiedenen Standorten aus einzuloggen oder nutzt verdächtige Kreditkartennummern, deutet das auf einen Sicherheitsvorfall hin. Das System bezieht bei der Bewertung der Aktionen eine Vielzahl von Parametern mit ein und lernt dank künstlicher Intelligenz kontinuierlich dazu. Damit ist es in der Lage, auch neue Betrugsszenarien schnell zu erkennen. Im Idealfall lassen sich drohende Sicherheitsvorfälle anhand der intelligenten Echtzeitanalysen schon vorhersehen und vermeiden, bevor sie überhaupt eintreten.

KI in der Industrie: Predictive Maintenance und Qualitätskontrolle

In der Industrie kommt künstliche Intelligenz zunehmend im Bereich Industrie 4.0, also in IoT-Projekten zum Einsatz. Geräte und Produktionsmaschinen werden mit Sensoren ausgestattet, die kontinuierlich Daten erfassen und den Produktionsprozess transparent machen. Diese Daten werden ausgewertet und mit historischen Daten abgeglichen. Dadurch lässt sich ableiten, in welchem Zustand sich eine Maschine befindet und ob sich Probleme anbahnen. So können Produktionsleiter eine Instandhaltung schon frühzeitig durchführen, noch bevor es zu einem Ausfall kommt. KI erkennt das Zusammenspiel von Faktoren, die eine Wartung oder Reparatur nötig machen, indem sie riesige Datenmengen in Echtzeit auswertet. Tritt der Ernstfall ein, kann das System automatisiert Ersatzteile im ERP bestellen und einen Arbeitsauftrag an den Instandhalter erteilen.

Auch in der Qualitätskontrolle gibt es bereits KI-Projekte: So vermessen Unternehmen zum Beispiel Produktionsteile mit einem Röntgen-Scanner und prüfen dann mit einer intelligenten Bildanalyse, ob es Abweichungen von der Norm gibt. Besteht ein Qualitätsproblem, wird der entsprechende Zulieferer informiert. Er kann nun auf die Daten zugreifen und sein Produkt korrigieren. So lassen sich Qualitätssicherungsprozesse automatisieren und optimieren.