Micro Datacenter auf dem Vormarsch

Kleine Unternehmen tendieren zum Datacenter aus der Box

22.09.2016
Von 
Thomas Drilling ist als freier IT-Journalist und IT-Consultant tätig. Seine Spezialgebiete sind Linux und Open-Source-Software.

Zentralisierte IT versus Micro Datacenter

Dass Unternehmen zunehmend auf externe Data Center setzen hat vor allem wirtschaftliche Gründe, denn in einem traditionellen, zentralisierten Rechenzentrum mit mehreren hundert eigenen Servern steigen die Hardware- und Energiekosten mit jedem weiteren System. Dabei überschreiten die Energiekosten im Verlauf eines Serverlebens die Anschaffungskosten meist erheblich.

Der Energieverbrauch ist dabei nicht nur eine Kostenfrage, sondern tangiert auch Sicherheits- und Verfügbarkeits-Aspekte. So kann es z. B. bei sehr großen, zentralisierte Rechenzentren passieren, dass deren Energiehunger die Kapazitäten des öffentlichen Stromversorgungsnetzes überschreitet, etwa wenn das Unternehmen mit seinem Rechenzentrum in einer kleineren Gemeinde ansässig ist. Verteilte Data Center dagegen belasten das jeweilige Stromnetz nicht über das Normalmaß hinaus. Probleme diese Art können also hier nicht auftreten, weil sich der gesamte Energiebedarf auf mehrere Standorte verteilt. Was für den Energieverbrauch gilt, ist im kleineren Umfang übrigens auch für den Wasserverbrauch von Belang. Während der Kühlwasserbedarf eines großen zentralisierten Rechenzentrums - gerade an trockenen Standorten z. B. in den USA -, durchaus in Einzelfällen zu einem Problem werden kann, sind Micro Datacenter in diesem Punkt ebenfalls fein raus.

Nebenkostenrechnung

Außerdem steigen bei zentralisierten Rechenzentren etwaige Nebenkosten trotz sinkender Anschaffungskosten für Hardware im Einzelnen oder etwaiger Mengenrabatte beim Hersteller, denn je größer und komplexer ein Rechenzentrum ist, desto teuer und aufwendiger sind Administration, Überwachung und Fehlersuche, in Form entsprechender Softwarewerkzeuge. Demgegenüber stehen allerdings etwaige Einsparpotenziale, die sich durch die zentralisierte Infrastruktur an sich ergeben, weil diese potenziell weniger humane Ressourcen bindet. Auf der anderen Seite benötigt ein großes zentralisiertes Datacenter mehr Platz, was sich wieder in den Kosten für die Immobilie niederschlägt, egal ob Eigentum oder gemietet.

Aber auch eine dezentrale Infrastruktur hat ihre Vor- und Nachteile. So ist die Verwaltung einer verteilten Infrastruktur prinzipiell aufwendiger, trotz oder wegen des Einsatzes fortschrittlicher Fernwartungswerkzeuge. Je mehr verteilter Standorte involviert sind, desto stärker steigt dann auch der Aufwand für Fehlersuche.

Verfügbarkeit

Grundsätzlich ist aber die prinzipiell bessere Verfügbarkeit dezentraler Infrastrukturen, neben den Kosten, der wesentliche Treiber verteilter Systeme, denn heutzutage können auch kleine Unternehmen eine gewissen Downtime ihrer IT-Infrastruktur wirtschaftlich kaum noch verkraften, zu groß sind die Abhängigkeiten von funktionierender IT. Hier hat ein zentralisiertes System Nachteile, selbst wenn das Unternehmen redundante Systeme verwendet, einschließlich einer redundanten Stromversorgung für das Gebäude. Bei schweren Naturgewalten besteht dann nämlich immer noch die Gefahr, dass der gesamte Standort in Mitleidenschaft gezogen wird. Die ist umso prekärer, wenn Unternehmen nur einfache Backup- und Recovery-Lösungen einsetzen und etwaige Sicherungen sogar am gleichen Standort aufbewahren. Verteilte Data-Center bietet prinzipbedingt eine höhere Zuverlässigkeit. Auch bei einer der häufigsten Ursachen für einen kompletten Ausfall des Datacenters - dem Versagen der USV -, haben verteilte Datacenter daher naturgemäß Vorteile.