Micro Datacenter auf dem Vormarsch

Kleine Unternehmen tendieren zum Datacenter aus der Box

22.09.2016
Von 
Thomas Drilling ist als freier IT-Journalist und IT-Consultant tätig. Seine Spezialgebiete sind Linux und Open-Source-Software.
Der Trend zum Micro Datacenter - "dem "Rack im Tresor auf Rädern" - ist ungebrochen und insbesondere kleine Unternehmen profitieren von den mobilen Komplettlösungen. Doch vor einer Kaufentscheidung, sollten Sie folgendes über das Datacenter in der Box wissen.

IT-Experten und Administratoren streiten seit Jahren darüber, ob es aus Sicherheit- und Performance-Gründen besser ist, IT-Ressourcen zu zentralisieren oder verteilt zu betreiben. Während große Unternehmen eher dazu tendieren, die Anzahl ihrer verteilten Rechenzentren zu verringern oder gar auf ein einziges zentrales Data Center zu setzen, schielen KMUs der geringen Kosten wegen und zur Erhöhung der Verfügbarkeit auf eine verteilte Daten- und Ressourcenhaltung mit Micro Datacentern.

IT-Infrastrukturen mit mehreren kleineren Datacentern - man spricht auch von Edge-Computing - bieten kleinen Unternehmen auch Geschwindigkeitsvorteile, wenn solche Micro Datacenter in geografischer Nähe der Endnutzer positioniert werden. In zentralen Infrastrukturen dagegen können Daten mit großem Bandbreitenbedarf, wie z. B. Streaming-Daten oder Videomaterial durchaus zu einem Problem für die Antwortzeit im Netzwerk werden und damit die Produktivität gefährden. Micro Datacenter bieten in einem solchen Fall die Möglichkeit, Daten in geografischer Nähe der Nutzer vorzuhalten, um dadurch für eine schnellere Auslieferung zu sorgen. Micro Datacenter sind auch dann vom Vorteil, wenn Angestellte und Kunden eines Unternehmens Zugriff auf Daten haben müssen, die sich naturgemäß an unterschiedlichen geografischen Standorten befinden.

Data-Center unter freiem Himmel

Bei Micro Datacentern handelt es sich per Definition um in sich geschlossene Komplettsysteme in Rack-Größe, die speziell für Zweigstellen oder für den mobilen Einsatz konzipiert sind, etwa im militärischen Bereich oder beim Katastrophenschutz. Mico Datacenter haben aber noch eine weitere Facette, indem sie eine erhöhte physische Sicherheit versprechen. So liebäugeln zwar viele Unternehmen mit einer dezentralen Lösung, etwa um erhöhte Kapazitätsanforderungen Vorort oder im mobilen Einsatz bedienen zu können, scheuen aber noch davor, diese neuartigen Systeme in kleineren, physisch nicht so gut gesicherten Gebäuden oder Open Air einzusetzen. Leider residiert in den Köpfen viele IT-Manager immer noch die Idealvorstellung großer, gut gesicherter und engmaschig überwachter Rechenzentren.

Markübersicht Micro Datacenter

Der Markt für Server und Datacenter-Server befindet sich im Hinblick auf den Micro-Datacenter-Trend momentan in einer Umbruchphase. Sogar traditionelle Hersteller wie Dell, HP und IBM entwickeln immer kleinere, schlankere und mobilere Systeme. Nischen-Anbieter und Spezialisten führen den Trend "klein und mobil" sogar ins Extreme, wie z. B. Schneider Electric, EMS oder Rittal mit seinen autonomen Micro-Datacenter-Tresor-Systemen.

Mico Datacenters von Schneider Electric.
Mico Datacenters von Schneider Electric.
Foto: Schneider Elektric

AOL und EMS

So setzt z. B der einstige Online-Riese AOL massiv auf mobile Data-Center des Unternehmens Elliptical Mobile Solutions (EMS), die AOL beim Hurricane Sandy im Jahr 2012 erfolgreich erproben konnte.

AOL setzt auf Edge-Computing, seit das Unternehmen einige äußert reichweitenstarke Content-Seiten übernommen hatte, darunter unter anderem im Jahr 2011 das Video Distribution Network Goviral aus dem im Jahr 2013 AOLs AOL's premium Video Platform The AOL On Network hervorgegangen war.

AOL benötigte daher seinerzeit kurzfristig ein flexibles Netzwerk von Data Centern. Mit Micro-Datacenter-Systemen vom EMS konnte AOL dann in relativ kurzer Zeit seine einst riesige zentralisierte IT-Infrastruktur in ein System aus kleinen, ferngewarteten Standorten ohne eigenes IT-Personal überführen. Dort werden offenbar pro Standort tausende von VMs als Fundament von für AOLs Content Distribution Network (CDN) betrieben.

EMS-C3:auch bei massiven äußeren Einwirkungen bieten autarke Stromversorgungen oder automatische Löschsysteme maximalen Schutz im mobilen Einsatz.
EMS-C3:auch bei massiven äußeren Einwirkungen bieten autarke Stromversorgungen oder automatische Löschsysteme maximalen Schutz im mobilen Einsatz.
Foto: Elliptical Mobile Solutions