Produkt statt Projekt

Klassisches Projektmanagement scheitert

05.01.2024
Von   IDG ExpertenNetzwerk und Peter Kalvelage
Christopher Walg verantwortet als Head of Organisational Excellence die methodischen Beratungsschwerpunkte der ONE Business & Technology GmbH. In seiner Tätigkeit als Berater begleitet er Konzerne und Mittelständler in ihrer Digitalisierung. Sein Fokus liegt auf der Entwicklung neuer Produkte und Geschäftsmodelle sowie den daraus resultierenden Veränderungen in der Organisation.
Durch die Schnelllebigkeit der Digitalisierung scheint bisheriges Projektmanagement zum Scheitern verurteilt. Ein Denken in Produkten ist sinnvoller als in Projekten.
  • Digitale Entwicklungsvorhaben werden in Produkten gedacht, nicht in Projekten
  • Statt nach starrem Projektmanagement verlangt die digitale Welt nach agiler Produktentwicklung
Wo herkömmliches, starres Projektmanagement versagt, feiert die agile Produktentwicklung Erfolge.
Wo herkömmliches, starres Projektmanagement versagt, feiert die agile Produktentwicklung Erfolge.
Foto: Gorodenkoff - shutterstock.com

Die Digitalisierung verändert derzeit alle Lebensbereiche. Märkte, Produkte und Geschäftsmodelle sind gleichermaßen davon betroffen. Unternehmen sehen sich mit der Herausforderung konfrontiert, eine digitale Transformation vollziehen zu müssen, um wettbewerbsfähig zu bleiben und ihre Existenz zu sichern. Deswegen erfordert der digitale Wandel von Unternehmen, mehr und mehr softwarebasierte Produkte zu entwickeln.

Doch Unternehmen machen dabei immer wieder die Erfahrung, dass herkömmliche Entwicklungsmethoden, die bislang gut funktionierten, in der heutigen, digitalisierten Welt versagen. Klassische Projektmanagementansätze scheitern, denn erfolgreiche digitale Produkte werden anders entwickelt. Einer der wichtigsten Unterschiede: Digitale Entwicklungsvorhaben werden in Produkten gedacht, nicht in Projekten. Statt nach starrem Projektmanagement verlangt die digitale Welt nach agiler Produktentwicklung.

Schnell am Markt sein

Dass das klassische Projektmanagement angesichts digitaler Herausforderungen scheitert, hat schon damit zu tun, dass der Umfang typischer digitaler Projekte ein anderer, kürzer getakteter ist. Statt ein Projekt auf ein halbes oder ein ganzes Jahr anzulegen, ist es in der digitalen Welt meist viel wichtiger, schnell an den Markt zu kommen - schon um zu verhindern, dass mit dem großangelegten neuen Projekt das Produkt dann doch am Kundenbedürfnis vorbeientwickelt wird.

Im Berateralltag ist es jedenfalls immer wieder zu beobachten, dass die ursprünglichen Konzeptentwürfe eines Herstellers zum Zeitpunkt ihrer Umsetzung optisch und technisch längst veraltet sind. Schnelle Marktreife ist unter den Bedingungen des digitalen Wettbewerbs viel wichtiger als ein vorab definierter Scope, ein unverrückbares Projektergebnis. Die digitale Welt ist zu schnelllebig, als dass man es sich leisten könnte, auf das finale Ergebnis des großen Projekts zu warten.

Wer im Wettbewerb bestehen will, muss umgehend reagieren können und darf nicht die Abarbeitung eines umfassenden Pflichtenhefts oder Projektplans zur Voraussetzung machen wollen.

Im "Lean Development", das vom Managementkonzept der Lean Production abgeleitet ist, gibt es zwei Prinzipien, deren Einhaltung schon fast obligatorisch ist, um im digitalen Wettbewerb zu bestehen. Sie lauten: "Decide as late as possible" und "Eliminate waste". Denn wenn etwas nicht funktioniert, dann kann es weg, und wenn etwas gut funktioniert, dann wollen wir mehr davon.

Bewegliche Ziele

Betrachtet man erfolgreiche digitale Produkte, fällt auf, dass sie ihren Durchbruch erst durch permanente Evaluation und einen ständigen Wechsel der Entwicklungsziele erreicht haben. Im Lean Startup-Ansatz gibt es ausdrücklich die Idee einer kontinuierlichen Validierung des eigenen Produkts - inklusive der Möglichkeit eines "Pivot", eines Drehpunktes, an dem das Startup seine Annahmen grundlegend korrigiert und die Produktentwicklung eine völlig neue Richtung nimmt.