Die Welle kam plötzlich und traf viele Unternehmen unvorbereitet. Tools für Generative AI wie ChatGPT oder DALL-E öffneten fast über Nacht einen neuen Kosmos für den Einsatz von Künstlicher Intelligenz. Viele Menschen ahnen, dass die die neue KI-Generation ihr Leben und ihr Arbeiten massiv verändern könnte. Welche Konsequenzen das konkret sein werden, darüber können die meisten allerdings nur spekulieren.
Die Boston Consulting Group hat weltweit fast 13.000 Menschen zum Thema KI befragt, davon rund 1000 in Deutschland. Neben Führungspersonal und Managern wurden auch einfache Office-Angestellte für die Studie "AI at Work: What People Are Saying" interviewt. Das Ziel: Herauszufinden, welchen Einfluss der KI-Einsatz auf die Arbeit von morgen haben könnte.
Ein Kernergebnis der Umfrage: Es überwiegt der Optimismus hinsichtlich des Einsatzes von KI. Das sagen 52 Prozent der Befragten, 17 Prozentpunkte mehr als in einer vergleichbaren Umfrage aus dem Jahr 2018. Der Anteil der KI-Skeptiker fiel um zehn Punkte von 40 auf 30 Prozent.
Vor allem die Chefs glauben an KI
Innerhalb der Belegschaften gibt es allerdings deutliche Unterschiede. Es ist vor allem das höhere Management (62 Prozent), das KI positiv gegenübersteht. Währenddessen liegt der Anteil der KI-Optimisten in den Reihen der einfachen Office-Worker nur bei 42 Prozent. Wie KI beurteilt wird hängt auch davon ab, in welchem Umfang die jeweiligen Personen die Technik nutzen und einsetzen. Wer KI-Tools regelmäßig verwendet, steht der Technik positiver gegenüber als Menschen, die wenig mit den entsprechenden Tools in Berührung kommen.
Auffällig an dieser Stelle: Es sind vor allem die höheren Manager, die regelmäßig die neuen KI-Werkzeuge einsetzen (80 Prozent). Dagegen sind laut Umfrage 60 Prozent derjenigen, die keine Berührungspunkte mit Generative AI haben, normale Büroangestellte.
Auch regional gibt es deutliche Unterschiede, ob der KI-Einsatz positiv oder negativ gesehen wird. Der Anteil der Optimisten ist in Brasilien (71 Prozent) und Indien (60 Prozent) am höchsten, in Japan (40 Prozent) und den Niederlanden (44 Prozent) liegt er am niedrigsten.
Es braucht mehr Training für das neue KI-Zeitalter
Dass KI für deutliche Verwerfungen in der Arbeitswelt sorgen wird, scheint den meisten Menschen klar zu sein. 36 Prozent der von BCG Befragten glaubt sogar, dass der eigene Job von KI übernommen werden könnte. Um mit den Veränderungen mithalten zu können, braucht es Training und Weiterbildung. Das sagen 86 Prozent der Befragten. An dieser Stelle gibt es Nachholbedarf. Gerade einmal 14 Prozent der Office-Angestellten gab an, sie hätten bereits ein entsprechendes Trainingsangebot wahrnehmen können. In Reihen des Managements sind es immerhin 44 Prozent.
"Fortbildung ist wichtig und muss kontinuierlich erfolgen", sagt Vinciane Beauchene, BCG-Geschäftsführerin, Partnerin und Mitautorin der Studie. Das Training sollte über das Erlernen des Umgangs mit der Technologie hinausgehen und es den Mitarbeitern ermöglichen, sich in ihrer Rolle anzupassen, gerade wenn sich die Tätigkeiten und Qualifikationsanforderungen weiterentwickeln.. Unternehmen, die den größten Nutzen aus der KI ziehen, folgten Beauchene zufolge der 10-20-70-Regel: "Zehn Prozent ihrer KI-Bemühungen fließen in die Entwicklung von Algorithmen, 20 Prozent in den Aufbau der zugrunde liegenden Technologien und 70 Prozent in die Unterstützung von Mitarbeitern und die Anpassung von Geschäftsprozessen."
Unternehmen entwickeln eigene Regeln für den KI-Einsatz
Neben dem Training sehen die Befragten ein funktionierendes Regelwerk als wichtigen Grundpfeiler für den KI-Einsatz. 79 Prozent erklärten, sei hielten eine Regulierung von KI für notwendig. Dabei scheinen die Unternehmen nicht auf politische Lösungen warten zu wollen. Anstatt auf eine staatliche Regulierung zu warten, entwickeln und implementieren viele Unternehmen ihre eigenen verantwortungsbewussten KI-Rahmenprogramme, heißt es in einer Mitteilung von BCG.
Die Ansichten der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter über die Wirksamkeit dieser Programme sind jedoch sehr unterschiedlich. Während 68 Prozent der Führungskräfte zuversichtlich sind, dass ihr Unternehmen verantwortungsvoll mit KI umgeht, glauben nur 29 Prozent in den unteren Hierarchieebenen, dass ihr Unternehmen angemessene Maßnahmen ergriffen hat, um einen ethisch korrekten Umgang mit KI sicherzustellen.
"Der Grad der Besorgnis unter den Mitarbeitern über den verantwortungsvollen Einsatz von KI ist auffallend", sagt Steven Mills, Chief AI Ethics Officer bei BCG und Mitautor des Berichts. Generative AI sei so plötzlich auf den Plan getreten, dass sich viele Unternehmen immer noch sortieren müssen, um die Technik richtig einzuordnen. "Aber verantwortungsvolle KI sollte eine Priorität für alle Führungskräfte sein", mahnt Mills. "Unternehmen werden das volle Potenzial von GenAI nicht ausschöpfen können, wenn die Mehrheit ihrer Mitarbeiter weiterhin daran zweifelt, dass ihr Arbeitgeber KI verantwortungsvoll einsetzt."