Innovator und Entrepreneur in der IT

Keine Verwalter, sondern Vordenker sind gefragt

21.01.2013
Von 
Georg Kraus ist geschäftsführender Gesellschafter der Unternehmensberatung Dr. Kraus & Partner. Der diplomierte Wirtschaftsingenieur ist u.a. Autor des "Change Management Handbuch" und zahlreicher Projektmanagement-Bücher. Er ist Lehrbeauftragter an der Universität Karlsruhe, der IAE in Aix-en-provence, der St. Gallener Business-School und der technischen Universität Clausthal.

Was zeichnet einen "Innovator" aus?

Ein echter Entrepreneur oder Innovator an der Unternehmensspitze zu sein, verlangt mehr als ein Unternehmen zu managen und die Ressourcen effektiv zu nutzen. Es schließt kreative Elemente ein wie das Identifizieren von Marktchancen, das Finden neuer Geschäftsideen und deren Umsetzung in Form neuer Geschäftsmodelle. Das setzt gewisse persönliche Eigenschaften voraus:

Neugier: Entrepreneure hinterfragen auch scheinbar selbstverständliche Dinge und wollen diese verstehen. Sie stellen Fragen, die andere nicht stellen - zum Beispiel: Warum muss ein Auto ein Lenkrad haben? Warum stapeln sich in meiner Schublade die Gebrauchsanleitungen und Fernbedienungen? Muss ein Unternehmen eine "Zentrale" haben?

Innere Unruhe: Entrepreneure geben sich mit bestehenden Lösungen nicht zufrieden. Sie hinterfragen auch Selbstverständlichkeiten wie etwa, dass in nahezu jedem Haushalt eine Bohrmaschine vorhanden ist, mit der sie ein- oder zweimal jährlich Löcher in ihre Wände bohren, obwohl sie das eigentlich lästig finden. Also ergibt sich die Frage: "Wie könnte man Dinge anders befestigen?" So gelangen sie zu ganz neuen Problemlösungsansätzen und schließlich zu Produkten, die sich verkaufen lassen.

Imagination: Entrepreneure verfügen über die Fähigkeit, sich Dinge anders vorzustellen als sie gerade sind. Sie sehen beim Betreten einer leeren Wohnung nicht die kahlen, kalten Räume - also die Realität. Sie sehen vor ihrem geistigen Auge vielmehr, wie die eingerichtete Wohnung künftig aussehen könnte. Sie sehen also die Möglichkeiten, Potenziale und Chancen.

Ausdauer und Beharrlichkeit: Entrepreneure zeichnen sich durch eine gewisse "Starrköpfigkeit" aus. Sie glauben auch noch an eine Lösung, wenn die ersten Versuche gescheitert sind und fast alle im Umfeld sagen "Das klappt nie". Zugleich bewahren sie jedoch den erforderlichen Realitätsbezug, ohne den sie Phantasten wären.

Unternehmer- statt Managergeist: Entrepreneure sind Macher und Erfinder zugleich. Sie verfügen wie Edison über einen gesunden Pragmatismus. Ein typisches Beispiel ist Reinhold Würth, der aus der väterlichen Schraubenhandlung die weltweit agierende, auf Befestigungs- und Montagetechnik spezialisierte Unternehmensgruppe Würth entwickelte. Ein weiteres Beispiel ist Artur Fischer, der die Fischerwerke gründete, die heute noch auf ihrer Webseite stolz verkünden: "Aus der Belegschaft stammen jährlich 13,2 Patentanmeldungen pro 1000 Mitarbeiter (Industriedurchschnitt: 0,54). Bezogen auf die Zahl der Mitarbeiter meldet Fischer mehr Patente an als jeder der zehn aktivsten Anmelder in Deutschland."

Unternehmer müssen sich freischaufeln

Innovation setzt eine zukunftsorientierte Managementkultur voraus. Die Unternehmensleitung muss es als ihre Kernaufgabe begreifen, Innovationen voranzutreiben, um den langfristigen Erfolg zu sichern. Unternehmensführer sollten deshalb das operative Geschäft, soweit möglich, an die nächste Ebene abgeben, so dass Sie mehr Zeit für diese Aufgabe haben. Mit folgenden Maßnahmen können Sie die Innovationskraft Ihrer Organisation beflügeln.

Mitarbeiter mit der Marktrealität konfrontieren

Bringen Sie Ihre Mitarbeiter in Situationen, in denen sie erleben, was in den Märkten abgeht - zum Beispiel in Schwellenländern, bei Technologieführern, in verwandten Branchen, aber auch bei Unternehmen, die die Marktentwicklung verschlafen haben. Setzen Sie insbesondere Ihre Führungskräfte dieser Erfahrung aus, denn Menschen ruhen sich gerne auf Erfolgen aus.

Querdenker einstellen und fördern

Belohnen Sie Quer- und Vordenker - auch dann, wenn deren Ideen nicht umsetzbar sind. Ihre Mitarbeiter und Führungskräfte müssen spüren: Das Suchen nach neuen Lösungen und Wegen ist von den Chefs ausdrücklich erwünscht.

Den Mitarbeitern erlauben, Regel zu brechen

Regeln, Strukturen, definierte Prozesse sind kein Selbstzweck. Sie haben nur so lange einen Wert, wie sie dem Erreichen der Ziele dienen. Sie müssen regelmäßig hinterfragt werden. Vermitteln Sie Ihren Mitarbeitern dieses Denken.

Fehlversuche und Scheitern gestatten

Loben und belohnen Sie Mitarbeiter, die Neues wagen und kalkulierte Risiken eingehen - selbst wenn ihre Versuche nicht von Erfolg gekrönt sind. Wenn Ihre Mitarbeiter Angst vor Sanktionen haben, beschreiten sie keine neuen Wege.

"Kreativ-Inseln" schaffen

Richten Sie in Ihrer Organisation Inseln ein, wo sich zum Beispiel Ihre Nachwuchskräfte oder Experten aus verschiedenen Bereichen als Unternehmer betätigen können. Solche Start-Ups oder Creativ-Labs generieren oft großartige Ideen und Business-Modelle.

Manager zur Innovation zwingen

In vielen Unternehmen wird in Meetings nur die Agenda mit den gerade dringlichen Themen abgearbeitet. Es besteht weder Raum noch Zeit, um sich mit Zukunftsfragen zu befassen. Sprechen Sie in Meetings gezielt auch folgende Fragen an:

  • Welche neuen technischen Entwicklungen gibt es oder wird es in naher Zukunft geben?

  • Was bedeuten diese für uns?

  • Wie könnten diese Entwicklungen weitergehen?

  • Welche Chancen/Gefährdungen ergeben sich hieraus für uns?

Nur wenn Sie Ihr Management zwingen, sich mit solchen Zukunftsfragen zu befassen und ihm signalisieren, dass sie solche Impulse definitiv erwarten, werden sich Ihre "Macher" auch darum kümmern. Ansonsten ist die Gefahr groß, dass sie im Alltagsgeschäft untergehen und sich mit ihren Teams rein auf das Optimieren des Bestehenden beschränken - auch weil das kurzfristig meist eine bessere Rendite bringt. Der kurz- und eventuell mittelfristige Erfolg Ihres Unternehmens ist dann zwar gesichert, aber langfristig bekommen Sie Probleme. Denn die Märkte verändern sich in immer kürzeren Zyklen grundlegend.

Dr. Georg Kraus ist geschäftsführender Gesellschafter der Unternehmensberatung Dr. Kraus & Partner, Bruchsal (www.kraus-und-partner.de). Der diplomierte Wirtschaftsingenieur promovierte an der TH Karlsruhe zum Thema Projektmanagement. Er ist Lehrbeauftragter an der Universität Karlsruhe, der IAE in Aix-en-provence und der technischen Universität Clausthal.