Was zeichnet einen "Innovator" aus?
Ein echter Entrepreneur oder Innovator an der Unternehmensspitze zu sein, verlangt mehr als ein Unternehmen zu managen und die Ressourcen effektiv zu nutzen. Es schließt kreative Elemente ein wie das Identifizieren von Marktchancen, das Finden neuer Geschäftsideen und deren Umsetzung in Form neuer Geschäftsmodelle. Das setzt gewisse persönliche Eigenschaften voraus:
Neugier: Entrepreneure hinterfragen auch scheinbar selbstverständliche Dinge und wollen diese verstehen. Sie stellen Fragen, die andere nicht stellen - zum Beispiel: Warum muss ein Auto ein Lenkrad haben? Warum stapeln sich in meiner Schublade die Gebrauchsanleitungen und Fernbedienungen? Muss ein Unternehmen eine "Zentrale" haben?
Innere Unruhe: Entrepreneure geben sich mit bestehenden Lösungen nicht zufrieden. Sie hinterfragen auch Selbstverständlichkeiten wie etwa, dass in nahezu jedem Haushalt eine Bohrmaschine vorhanden ist, mit der sie ein- oder zweimal jährlich Löcher in ihre Wände bohren, obwohl sie das eigentlich lästig finden. Also ergibt sich die Frage: "Wie könnte man Dinge anders befestigen?" So gelangen sie zu ganz neuen Problemlösungsansätzen und schließlich zu Produkten, die sich verkaufen lassen.
Imagination: Entrepreneure verfügen über die Fähigkeit, sich Dinge anders vorzustellen als sie gerade sind. Sie sehen beim Betreten einer leeren Wohnung nicht die kahlen, kalten Räume - also die Realität. Sie sehen vor ihrem geistigen Auge vielmehr, wie die eingerichtete Wohnung künftig aussehen könnte. Sie sehen also die Möglichkeiten, Potenziale und Chancen.
Ausdauer und Beharrlichkeit: Entrepreneure zeichnen sich durch eine gewisse "Starrköpfigkeit" aus. Sie glauben auch noch an eine Lösung, wenn die ersten Versuche gescheitert sind und fast alle im Umfeld sagen "Das klappt nie". Zugleich bewahren sie jedoch den erforderlichen Realitätsbezug, ohne den sie Phantasten wären.
Unternehmer- statt Managergeist: Entrepreneure sind Macher und Erfinder zugleich. Sie verfügen wie Edison über einen gesunden Pragmatismus. Ein typisches Beispiel ist Reinhold Würth, der aus der väterlichen Schraubenhandlung die weltweit agierende, auf Befestigungs- und Montagetechnik spezialisierte Unternehmensgruppe Würth entwickelte. Ein weiteres Beispiel ist Artur Fischer, der die Fischerwerke gründete, die heute noch auf ihrer Webseite stolz verkünden: "Aus der Belegschaft stammen jährlich 13,2 Patentanmeldungen pro 1000 Mitarbeiter (Industriedurchschnitt: 0,54). Bezogen auf die Zahl der Mitarbeiter meldet Fischer mehr Patente an als jeder der zehn aktivsten Anmelder in Deutschland."
- Die größten Innovationsfallen
Oft verpassen vermeintlich innovative Unternehmen die Marktentwicklung. Lesen Sie hier die gefährlichsten Innovationsfallen, in die Firmen tappen. - Die Hochglanzfalle
Wer sich Websites, Visionen und Hochglanzbroschüren der meisten Unternehmen genauer ansieht, stellt schnell Folgendes fest: Irgendwie sind sie alle visionär, hochkreativ und praktisch kurz davor, die Branche zu revolutionieren. Auf den ersten Blick liest sich das beeindruckend. Blickt man jedoch genauer hinter die Fassade der Homepages und Prospekte, dann haben diese Botschaften oft wenig Substanz. - Die Erfahrungsfalle
Insider, die auf den Management-Tagungen des ehemaligen Druckmaschinenherstellers Manroland waren, erinnern sich an die Botschaften des Vorstands. Er sagte der Zeitung eine große Zukunft voraus. Immer wieder wurde die Solidarität zur Druckrolle beschworen, während die meisten Medienverlage bereits ihr Wachstum auf ganz anderen Feldern suchten. Der Vorstand von Manroland ignorierte das. Die eigenen Erfahrungen sprachen dagegen. Für den damals zweitgrößten Druckmaschinenhersteller der Welt war es schlichtweg unvorstellbar, dass seine Produkte einmal überflüssig werden könnten. Das Ergebnis dieser Fehleinschätzung: Der Konzern wurde Anfang 2012 zerschlagen. - Die Trägheitsfalle
Prozessoptimierung, Kostenoptimierung, Lean Management: Das waren die Schlagwörter der 90er- und frühen 2000er-Jahre. Arbeitsabläufe wurden systematisch gescannt, jede überflüssige Handbewegung untersagt und jede Tätigkeit in genau definierte Prozessabläufe gezwängt. Das hat bis heute einen positiven Effekt: Unternehmen können das operative Geschäft viel schneller, besser und billiger als andere beherrschen. Die Kehrseite ist: Es bleibt kaum Zeit, über neue Wege nachzudenken. Anders gesagt: Man ist so sehr damit beschäftigt, den operativen Ergebnissen nachzujagen, dass man sich kaum fragt, ob dies noch sinnvoll ist. - Die Erfolgsfalle
Erfolg macht sexy. Erfolg fühlt sich gut an. Erfolg macht zufrieden. Genau das ist das Problem. In zahlreichen Firmen werden schnelle Erfolge belohnt. Ein kurzfristiges Plus der Verkaufszahlen, ein großer Deal, kurzfristige Erfolge bei der Neukundengewinnung. Gerade in Unternehmen, die vom Quartalsdenken geprägt sind, ist der schnelle Erfolg wichtiger als langfristiges Denken. Im Kern ist das nicht verkehrt, denn: die Summe vieler schneller Erfolge macht eine erfolgreiche Company aus - nur nicht unbedingt eine innovative. Solange schnelle Erfolge mit dem Bestehenden zu erzielen sind, hat das Neue kaum eine Chance, sich durchzusetzen. - Die Kannibalismusfalle
Unternehmen haben ständig Angst sich selbst zu kannibalisieren. Wenn die Konkurrenz angreift, ist das schlimm. Schlimmer ist es jedoch, wenn ein Unternehmen sich selbst Marktanteile wegnimmt. Aus diesem Grund weigerten sich die Elektronikhändler Saturn und Media Markt jahrelang, Online-Shops zu eröffnen. Die Kunden könnten schließlich via Internet und nicht mehr in den Läden einkaufen. Auch der Entertainment-Gigant Sony leidet unter dem Kannibalismusproblem. Um das eigene CD-Geschäft zu schützen, hat er die Entwicklung eines Download-Portals für Musik nur halbherzig vorangetrieben. Und der Fotohersteller Leica? Er vermied es Anfang der 90er Jahre tunlichst, in die digitale Fotografie einzusteigen - aus Angst, das eigene Geschäft mit analogen Apparaten zu gefährden.
Unternehmer müssen sich freischaufeln
Innovation setzt eine zukunftsorientierte Managementkultur voraus. Die Unternehmensleitung muss es als ihre Kernaufgabe begreifen, Innovationen voranzutreiben, um den langfristigen Erfolg zu sichern. Unternehmensführer sollten deshalb das operative Geschäft, soweit möglich, an die nächste Ebene abgeben, so dass Sie mehr Zeit für diese Aufgabe haben. Mit folgenden Maßnahmen können Sie die Innovationskraft Ihrer Organisation beflügeln.
Mitarbeiter mit der Marktrealität konfrontieren
Bringen Sie Ihre Mitarbeiter in Situationen, in denen sie erleben, was in den Märkten abgeht - zum Beispiel in Schwellenländern, bei Technologieführern, in verwandten Branchen, aber auch bei Unternehmen, die die Marktentwicklung verschlafen haben. Setzen Sie insbesondere Ihre Führungskräfte dieser Erfahrung aus, denn Menschen ruhen sich gerne auf Erfolgen aus.
Querdenker einstellen und fördern
Belohnen Sie Quer- und Vordenker - auch dann, wenn deren Ideen nicht umsetzbar sind. Ihre Mitarbeiter und Führungskräfte müssen spüren: Das Suchen nach neuen Lösungen und Wegen ist von den Chefs ausdrücklich erwünscht.
Den Mitarbeitern erlauben, Regel zu brechen
Regeln, Strukturen, definierte Prozesse sind kein Selbstzweck. Sie haben nur so lange einen Wert, wie sie dem Erreichen der Ziele dienen. Sie müssen regelmäßig hinterfragt werden. Vermitteln Sie Ihren Mitarbeitern dieses Denken.
Fehlversuche und Scheitern gestatten
Loben und belohnen Sie Mitarbeiter, die Neues wagen und kalkulierte Risiken eingehen - selbst wenn ihre Versuche nicht von Erfolg gekrönt sind. Wenn Ihre Mitarbeiter Angst vor Sanktionen haben, beschreiten sie keine neuen Wege.
"Kreativ-Inseln" schaffen
Richten Sie in Ihrer Organisation Inseln ein, wo sich zum Beispiel Ihre Nachwuchskräfte oder Experten aus verschiedenen Bereichen als Unternehmer betätigen können. Solche Start-Ups oder Creativ-Labs generieren oft großartige Ideen und Business-Modelle.
Manager zur Innovation zwingen
In vielen Unternehmen wird in Meetings nur die Agenda mit den gerade dringlichen Themen abgearbeitet. Es besteht weder Raum noch Zeit, um sich mit Zukunftsfragen zu befassen. Sprechen Sie in Meetings gezielt auch folgende Fragen an:
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Welche neuen technischen Entwicklungen gibt es oder wird es in naher Zukunft geben?
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Was bedeuten diese für uns?
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Wie könnten diese Entwicklungen weitergehen?
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Welche Chancen/Gefährdungen ergeben sich hieraus für uns?
Nur wenn Sie Ihr Management zwingen, sich mit solchen Zukunftsfragen zu befassen und ihm signalisieren, dass sie solche Impulse definitiv erwarten, werden sich Ihre "Macher" auch darum kümmern. Ansonsten ist die Gefahr groß, dass sie im Alltagsgeschäft untergehen und sich mit ihren Teams rein auf das Optimieren des Bestehenden beschränken - auch weil das kurzfristig meist eine bessere Rendite bringt. Der kurz- und eventuell mittelfristige Erfolg Ihres Unternehmens ist dann zwar gesichert, aber langfristig bekommen Sie Probleme. Denn die Märkte verändern sich in immer kürzeren Zyklen grundlegend.
Dr. Georg Kraus ist geschäftsführender Gesellschafter der Unternehmensberatung Dr. Kraus & Partner, Bruchsal (www.kraus-und-partner.de). Der diplomierte Wirtschaftsingenieur promovierte an der TH Karlsruhe zum Thema Projektmanagement. Er ist Lehrbeauftragter an der Universität Karlsruhe, der IAE in Aix-en-provence und der technischen Universität Clausthal.