Die Folgen der Corona-Pandemie, gestörte Lieferketten, Fachkräftemangel, Inflation und die aktuelle Energiekrise setzen den deutschen Unternehmen zu. Daher ist eine agile IT mittlerweile obligatorisch, um die digitale Transformation voranzutreiben und die Effizienz in den Unternehmen zu erhöhen. IT Service Management ist und bleibt daher geschäftskritisch. In den meisten Unternehmen sind mittlerweile viele IT-Services standardisiert, automatisiert und arbeiten kosteneffizient mit konstant hoher Qualität.
Das zeigen die Ergebnisse der aktuellen Studie zu Digital Workflows 2022, die CIO, CSO und COMPUTERWOCHE gemeinsam mit den Partnern Ivanti, ESCRIBA, Micro Focus, Serviceware, OneiO Cloud, USU und Efecte realisiert haben. Dazu wurden 350 Entscheider aus der DACH-Region zu ihren Ansichten, Plänen und Projekten rund um ITSM und ESM befragt.
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IT, ITSM und Prozesse sind gerüstet
Das Gros der Firmen sieht ihre IT und ihre Prozesse als reif genug an, um schnell und effizient auf die größten Herausforderungen des digitalen Wandels reagieren zu können. Auf einer Schulnotenskala von 1 bis 6 verbesserte sich der Mittelwert im Vergleich zur letztjährigen Studie von 2,81 auf 2,65. Ein Fünftel der Befragten weist ihrer IT einen "sehr hohen" Reifegrad zu, 55 Prozent einen "hohen" oder "eher hohen" Reifegrad. Nur sieben Prozent sehen ihre IT kaum für diese Herausforderungen gerüstet.
Angesichts der aktuellen Situation mit drohender Rezession ist und bleibt auch IT Service Management geschäftskritisch. Insgesamt 70 Prozent der befragten Unternehmen sind der Meinung, dass ITSM für ihr Business eine hohe Relevanz aufweist. Entsprechend sind auch 68 Prozent der Firmen "sehr zufrieden" oder "zufrieden" mit ihrem IT Service Management. Damit sind die Werte etwas höher als bei der letzten Studie 2021 (59 Prozent). Besonders erfreut über ihr ITSM zeigen sich die großen Unternehmen ab 1.000 Mitarbeitern und die C-Level-Führungskräfte.
Den größten Handlungsbedarf im ITSM sehen Firmen künftig vor allem bei der Schaffung von Service-Transparenz für Endanwender in Problemsituationen, der Reduzierung von Personalaufwand etwa durch KI-Anwendungen als Antwort auf den Fachkräftemangel oder einer besseren Budgetkontrolle durch Kostenverrechnung an Verursacher.
Trend zu ESM setzt sich fort
Die bewährten Tools und Frameworks von ITSM kommen mittlerweile auch in anderen Unternehmensbereichen außerhalb der IT an, beispielsweise Kundendienst, HR oder Finance. 84 Prozent der Firmen wollen die Erfahrungen aus dem ITSM auf das Service Management in den Fachbereichen übertragen. Überdurchschnittlich hoch sind hier die Werte bei den großen Unternehmen mit mehr als 1.000 Mitarbeitern und im C-Level-Management. Die Befragten gehen davon aus, dass sich der standardisierte, automatisierte Ablauf von IT-Services auch für andere Geschäftsprozesse wie Finanzen oder Verwaltung eignet. Dann wird ITSM zum Enterprise Service Management (ESM). ESM ermöglicht einen Gesamtblick auf die wichtigsten Service-Geschäftsprozesse eines Unternehmens. Als Bereiche für das ausgedehnte Service Management nennen die Firmen vor allem Kundendienst/Customer Service, Finanzbuchhaltung/Financial Services/Controlling und IT-Sicherheit.
Voraussetzung für erfolgreiches ESM und ITSM sind allerdings genügend finanzielle Mittel. Doch Inflation, Energiekrise und die drohende Rezession wirken sich auch auf die Investitionen für das Service Management aus. Mittlerweile sagen nur noch 70 Prozent (Vorjahr: 80 Prozent) der Firmen, dass ihr ITSM-Budget "ausreichend" oder "eher ausreichend" dimensioniert ist. Das gilt für Firmen jeder Größe. Den Schwerpunkt der ITSM-Ausgaben bildet weiterhin ITIL (37 Prozent). Auf dem zweiten Platz mit 31 Prozent steht mittlerweile aber bereits die Erweiterung von ITSM auf Enterprise Service Management. Im Vorjahr lag der Wert "nur" bei 15 Prozent. Hier haben die Firmen die Zeichen und Anforderungen der Zeit erkannt.
Beim ESM-Budget sagen nur noch 48 Prozent der Unternehmen, dass sie über "ausreichend" oder "eher ausreichend" Geld für die Standardisierung und Automatisierung von Non-IT-Prozessen verfügen. In der letztjährigen Studie lag der Wert hier noch bei 77 Prozent. Hier gibt es keine signifikanten Unterschiede zwischen den kleinen, mittleren und großen Unternehmen.
Einheitlicher Ansatz bei Service-Automatisierung
Ein wichtiger Punkt für effizientes ITSM und ESM ist die Automatisierung von Services. Rund 70 Prozent der befragten Firmen nutzen der Studie zufolge einen einheitlichen Ansatz bei der Service-Automatisierung in hybriden IT-Umgebungen (Cloud, interne IT, Outsourcing) - mittlerweile häufiger mit standardisierten Prozessen. 38 Prozent der Firmen setzen auf einen einheitlichen Ansatz mit individuell implementierten Prozessen pro Service. Im Vorjahr lag der Wert noch bei 47 Prozent. Dafür ist die Zahl der Firmen von 23 Prozent auf 30 Prozent gestiegen, die die Service-Automatisierung ebenfalls einheitlich lösen, allerdings mit standardisierten Prozessen basierend auf standardisierten Service-Definitionen bzw. Service-Bauplänen (Blueprints).
Wenig überraschend ist der Automatisierungsgrad bei den ITSM-Prozessen höher als bei den ESM-Prozessen: Auf einer Schulnotenskala von 1 bis 6 erreicht ITSM einen Mittelwert von 2,63, bei ESM liegt der Mittelwert bei 3,08. Konkret sehen insgesamt 60 Prozent der Firmen bei ITSM einen "sehr hohen", "hohen" bis "eher hohen" Automatisierungsgrad, bei ESM sind es nur 47 Prozent. Erwartungsgemäß gehen die großen Unternehmen bei der Automatisierung voran. Für die Automatisierung nutzen 86 Prozent der Unternehmen die internen Module/Funktionen der ITSM-/ESM-Tools.
Fachkräftemangel und die allgemeine wirtschaftliche Situation sind die wichtigsten Treiber für eine stärkere Automatisierung in Unternehmen. 61 Prozent der Firmen sehen den Fachkräftemangel als primären Grund dafür, dass sie auf (mehr) Automatisierung setzen. Da sich die Situation wegen der demografischen Situation weiter verschärfen wird, ist davon auszugehen, dass der Automatisierungsgrad bei den Kernprozessen künftig etwas schneller steigt, um die Lücke bei den Experten auszugleichen.
Jeweils 57 Prozent geben als Motiv für stärker automatisierte Prozesse die Erhöhung der Prozess-Effizienz sowie die allgemeine wirtschaftliche Situation an. Das gilt jeweils vor allem für die großen Unternehmen. Weitere Gründe für mehr Automatisierung sind Wettbewerbsvorteile und Innovationsdruck.
KI wird relevanter
Es ist davon auszugehen, dass künstliche Intelligenz (KI) für die Automatisierung von Service-Prozessen immer relevanter wird. Fast drei Viertel der Firmen wollen künftig KI nutzen, um Arbeitsprozesse effizienter zu gestalten. Aktuell setzen 41 Prozent der Firmen bereits in großem Umfang KI für die Ticket Deflection ein, sprich die Vermeidung von Tickets bzw. Serviceanfragen durch Self Service seitens der Kunden anhand von durch KI bereitgestellten Lösungstipps. 44 Prozent in geringem Umfang.
Ähnliche Werte wie Ticket Deflection (41 großer Umfang, 42 Prozent geringer Umfang) erreichen Self-Service Bots, die im Kundenservice zum Einsatz kommen und automatisch auf Kundenanfragen antworten, zum Beispiel im Facebook Messenger oder im Live-Chat einer Web-App. Drittes wichtiges Einsatzgebiet von KI derzeit ist Ticket Routing. 38 Prozent der Firmen nutzen KI in großem Umfang (45 Prozent geringer Umfang), um Tickets automatisiert zu klassifizieren und einem Fachbereich oder Mitarbeiter zuzuordnen.
Nachholbedarf bei ITSM- und ESM-Tools
Die große Mehrheit der Unternehmen sieht ITSM- und ESM-Tools nicht nur als Basis für eine höhere Automatisierung, sondern auch als Fundament für einen ausreichenden Reifegrad bei digitalen Workflows. In der Praxis gibt es hier aber noch Lücken, insbesondere bei den ESM-Tools. Die Details: Insgesamt 58 Prozent der Unternehmen haben bereits ein ITSM-Tool eingeführt, 33 Prozent bereits seit längerem; 25 Prozent vor kurzem beziehungsweise sie befinden sich gerade in der Phase der Einführung.
Im Vergleich zu ITSM haben insgesamt "nur" 45 Prozent der Unternehmen ein ESM-Tool eingeführt, 22 Prozent bereits seit längerem. Hier denkt ein Fünftel der Firmen über eine Einführung nach oder plant sie bereits. Der Rückstand gegenüber ITSM überrascht nicht, da ESM eher eine neue Disziplin ist. Ein Drittel der Unternehmen setzt für ITSM und ESM eine zentrale Plattform ein, 56 Prozent nutzen zwei Plattformen für das Service Management, 11 Prozent mehr als zwei Plattformen.
Das Gros der Firmen bewertet die Schnittstellen (APIs) der ITSM-/ESM-Tools für Verbindungen zu weiteren Elementen der Service-Management-Landschaft positiv. Am häufigsten sind die Lösungen mit (automatisierte) Chatbots und Knowledge Management verknüpft. Weitere Schnittstellen bestehen zum (IT) Financial Management / Shared Service Controlling, agenten-basierten Chat-Lösungen oder zum Field Service Management.
Hohe Integrationsfähigkeit gefragt
Wichtigstes Kriterium bei der Auswahl eines ITSM-/ESM-Tools ist hohe Integrationsfähigkeit, gefolgt von einer flexiblen Modellierung von Prozessen und der unternehmensweiten Einsetzbarkeit in Funktionsbereichen wie IT, HR, Facility Management oder Field Service. Firmen achten zudem auf die Unterstützung vieler ITIL-Prozesse und darauf, dass sie Anpassungen / Customizing selbstständig ohne den Hersteller vornehmen können.
Bei der Wahl eines Anbieters von ITSM-/ESM-Software-Lösungen legen Firmen vor allem Wert auf das technologische Know-how. Ein Drittel der Firmen achtet bei der Auswahl des Anbieters auf Branchenkompetenz und ein gutes Preis-Leistungs-Verhältnis, gefolgt von Prozess-Know-how. Fast ein Viertel der Firmen (23 Prozent) würde den günstigsten Anbieter wählen. Im Vorjahr lag dieses Kriterium nur bei 16 Prozent. Da auch das Kriterium Preis-Leistungs-Verhältnis weit vorne liegt, deutet das darauf hin, dass die Firmen angesichts der angespannten wirtschaftlichen Lage bei der Auswahl eines ITSM-/ESM-Anbieters wieder mehr auf möglichst niedrige Kosten achten.
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Studiensteckbrief
Herausgeber: CIO, CSO und COMPUTERWOCHE
Platin-Partner: Ivanti Germany GmbH
Gold-Partner: ESCRIBA AG; Micro Focus Deutschland GmbH; Serviceware SE
Silber-Partner: ONEiO Cloud GmbH; USU GmbH
Partner: Efecte Germany GmbH
Grundgesamtheit: Oberste (IT-)Verantwortliche von Unternehmen in der D-A-CH-Region: strategische (IT-)Entscheider im C-Level-Bereich und in den Fachbereichen (LoBs), IT-Entscheider und IT-Spezialisten aus dem IT-Bereich
Teilnehmergenerierung: Persönliche E-Mail-Einladung über die Entscheiderdatenbank Entscheiderdatenbank von CIO, CSO und COMPUTERWOCHE sowie - zur Erfüllung von Quotenvorgaben - über externe Online-Access-Panels
Gesamtstichprobe: 334 abgeschlossene und qualifizierte Interviews
Untersuchungszeitraum: 28. September bis 05. Oktober 2022
Methode: Online-Umfrage (CAWI)
Fragebogenentwicklung & Durchführung: Custom Research Team von CIO, CSO und COMPUTERWOCHE in Abstimmung mit den Studienpartnern