Digitalisierung

IT-Chefs fehlt eine Datenstrategie

26.02.2020
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Benjamin Aunkofer ist Gründer von DATANOMIQ, einem Dienstleister für Data Science und Business Analytics, sowie Mitbegründer des Vereins für datengestützte Produktion und Logistik, Connected Industry e.V. Er ist Software-Entwickler (IHK) und Wirtschaftsingenieur (M. Sc.), steuert als Chief Data Scientist aktiv Data Science Teams und gilt als Spezialist für Big Data Analytics und Industrie 4.0.
Wie Unternehmen eine Datenstrategie entwickeln können.
Wie Unternehmen eine Datenstrategie entwickeln können.
Foto: Benjamin Aunkofer

Für einige Unternehmen sind Digitalstrategien weniger wichtig, da sich ihr Geschäft ohnehin beispielsweise um E-Commerce dreht oder direkt auf digitalen Plattformen gegründet wurde. Für Unternehmen aus der klassischen Industrie gilt das oft nicht, wenn sie etwa im Sinne von Industrie 4.0 die Digitalisierung über eine Maschinenvernetzung vorantreiben und Produktionsanlagen viel enger mit den IT-Systemen verzahnen.

Solche Unternehmen brauchen eine klar ausformulierte Strategie, wie die Digitalisierung und die mit ihr verbundene Transformation bewältigt und vorangetrieben werden soll. Eine Datenstrategie, die beschreibt, wie Maschinendaten gespeichert und ausgewertet werden sollen, ist dann entweder als separates Strategiewerk auszugliedern oder als fester Bestandteil der Digitalstrategie zu formulieren.

Ein Senior Data Scientist reicht nicht

Während noch vor wenigen Jahren oft gefordert wurde, Data Science als eigene Disziplin im Unternehmen zu etablieren und Data Scientists einzustellen, verfügen heute die meisten Großunternehmen und auch viele Mittelständler über solche Spezialisten. Doch trotz der hohen Kompetenz der Data Scientists stellt sich in vielen Unternehmen Ernüchterung ein, wenn es um deren Wirkung geht.

Zum einen, weil gute Data Engineers fehlen, die Daten effizient in Datenbanken sammeln und effektiv über Schnittstellen bereitstellen können. Zum anderen, weil die Data Scientists oft vom Management allein gelassen werden. Hier gibt es möglicherweise das Vorurteil, Data Science wäre ein in sich abgeschlossener Bereich der angewandten Forschung.

Sinnvoller wäre es, diese als interdisziplinäre Querschnittsfunktion für alle anderen Fachabteilungen zu betrachten. Selbst der beste Data Scientist bewirkt im Unternehmen nichts, wenn seine Erkenntnisse auf Grund mangelnder Offenheit nicht genutzt oder in Projekte umgesetzt werden. Und auch sehr motivierte Data Scientists können nur für begrenzte Zeit gegen den Strom schwimmen.

Zudem haben Data Scientists die Datenkompetenz nicht für sich allein gepachtet. Alle anderen fachlichen Mitarbeiter sollten ebenfalls zumindest über ein Grundverständnis verfügen. Denn auch zentrale Stellen wie etwa Abteilungen für Business Intelligence oder die experimentierfreudigeren Data Labs kommen ohne Expertise aus den jeweiligen Fachbereichen nicht aus.

Sichtbar wird das spätestens, wenn es um die Produktivstellung von Analyse-Systemen geht. Außerdem entstehen die wirklich sinnvollen Lösungsansätze nicht an zentraler Stelle, sondern direkt in den Fachabteilungen. Kein Unternehmen wird durch eine zentrale Abteilung "data-driven".

Diese Entwicklung muss sich durch die ganze Organisation ziehen. Unternehmen brauchen also eine generelle Datenkompetenz, nicht nur bei den Fach-, sondern auch bei den Führungskräften. Letztere müssen für ein lösungsorientiertes Denken eintreten und dabei stets im Auge behalten, welche Rolle Daten dabei spielen können.