Digitalisierung

IT-Chefs fehlt eine Datenstrategie

26.02.2020
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Benjamin Aunkofer ist Gründer von DATANOMIQ, einem Dienstleister für Data Science und Business Analytics, sowie Mitbegründer des Vereins für datengestützte Produktion und Logistik, Connected Industry e.V. Er ist Software-Entwickler (IHK) und Wirtschaftsingenieur (M. Sc.), steuert als Chief Data Scientist aktiv Data Science Teams und gilt als Spezialist für Big Data Analytics und Industrie 4.0.
Viele Unternehmen diskutieren, wie sie den digitalen Wandel strategisch angehen sollten. Dabei wäre eine klare Datenstrategie viel wichtiger.
Kein Unternehmen wird durch eine zentrale Abteilung oder einen Senior Data Scientist "data-driven". Die Entwicklung muss sich durch die ganze Organisation ziehen. Eine Datenstrategie hilft dabei.
Kein Unternehmen wird durch eine zentrale Abteilung oder einen Senior Data Scientist "data-driven". Die Entwicklung muss sich durch die ganze Organisation ziehen. Eine Datenstrategie hilft dabei.
Foto: Sergey Nivens - shutterstock.com

Geht es um einen Fahrplan in Richtung künstliche Intelligenz (KI) und Data-Driven Thinking, tappen die meisten deutschen Firmenlenker auch im Jahr 2020 im Dunkeln. Noch immer fehlt vielerorts eine Datenstrategie, die den Unternehmen und ihren Stakeholdern deutlich macht, wohin die Reise gehen soll. Ein Grund dafür: Viele Fach- und Führungskräfte unterscheiden nicht zwischen einer Digital- und einer Datenstrategie.

Die Digitalisierung ist eigentlich bereits ein alter Hut. Ihre ersten Hochphasen feierte sie in den 90er Jahren mit der Etablierung von ERP-Software, Webseiten, E-Mail und Scannern mit Texterkennung. Der damit einher gehende Wandel in den Unternehmen ist jedoch ein langwieriger Prozess, der bis heute andauert. Befeuert wird er aktuell durch mobile Anwendungen (Apps), Blockchain-Projekte und die Vernetzung von Dingen (Internet of Things). Diese Technologien treiben die Digitalisierung voran.

So werden Logistikprozesse in naher Zukunft auch mithilfe autonomer Drohnen abgewickelt, Verträge über die Blockchain legitimiert und viele Verkäufe über mobile Applikationen ausgelöst oder zumindest bezahlt. Es sind Themen vor allem für Software-Entwickler und -Ingenieure, häufig angeleitet vom sogenannten Chief Digital Officer.

Diese Protagonisten entwickeln die digitalen Produkte und Prozesse weiter. Dabei werden Letztere in der Regel nicht eins zu eins von analog in digital übersetzt, sondern im besten Fall komplett neu gestaltet. Daraus folgt die digitale Transformation. Sie sorgt beispielsweise dafür, dass es zukünftig kaum noch Reisebüros oder Kassierer geben könnte. Die Blockchain wird vermutlich die Bedeutung von Notaren reduzieren und auch Makler dürften dank mobiler Anwendungen, Augmented und Virtual Reality weniger benötigt werden. Fast alle menschlichen Vermittler lassen sich weitgehend durch digitale Services ersetzen.

Anders verhält es sich mit Trends wie Big Data, Analytics, Data Science oder KI. Dabei geht es nicht um das Generieren, sondern um das Nutzen von Daten, die von den digitalen Systemen erst geschaffen werden. Die Daten in einer Blockchain, aus mobilen Apps oder autonomen Fahrzeugen werden in Datenbanken gespeichert und warten nur darauf, ausgewertet zu werden.

Von der Analyse zum Produkt: Der Digital- und Data-Kreislauf
Von der Analyse zum Produkt: Der Digital- und Data-Kreislauf
Foto: Benjamin Aunkofer

Die Erkenntnisse aus der Datennutzung werden den digitalen Systemen dann in Echtzeit beispielsweise als Prognose-Service bereitgestellt oder geben darüber Aufschluss, welche Verbesserungen an den digitalen Produkten sinnvoll sein können. So lassen sich mithilfe von Daten und KI in Zukunft Buchhaltungsprozesse automatisieren, medizinische Diagnosen erstellen und autonome Fahrzeuge im Straßenverkehr steuern.

Die Begriffe Digital und Data bedeuten folglich nicht dasselbe. Sie überlappen sich sogar weniger als auf den ersten Blick zu erwarten wäre, stehen aber in Abhängigkeit zueinander: So sind beispielsweise Analysen von Einkäufen oder Kundenbestellungen eindeutig ein Data-Thema. Möglich werden sie jedoch nur, weil sich das Unternehmen mit der Einführung eines ERP-Systems bereits digitalilsiert hat. Die Erkenntnisse aus der Nutzung von Daten fließen dann wieder in die Produktverbesserung im Sinne der Digitalisierung ein.