Schlechte Zahlen für das zweite Quartal 2024 zwingen Intel zu drastischen Maßnahmen. Der weltgrößte Halbleiterhersteller will 15 Prozent seiner Stellen streichen. Das betrifft etwa 17.500 Beschäftigte. Ende Juni dieses Jahres beschäftigte der Konzern weltweit etwa 116.500 Menschen. Der Großteil des Stellenabbaus soll noch in diesem Jahr über die Bühne gehen. "Ich brauche weniger Leute im Hauptquartier, aber mehr Leute draußen im Feld bei den Kunden", erklärte Intel-CEO Pat Gelsinger gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters.
Intel enttäuschte mit seiner Bilanz für die Monate April bis Juni 2024. Der Umsatz belief sich auf 12,8 Milliarden Dollar, rund ein Prozent weniger als im Vorjahresquartal. Unter dem Strich stand ein Verlust von 1,6 Milliarden Dollar. Im zweiten Quartal 2023 hatte der Chiphersteller noch einen Gewinn von knapp 1,5 Milliarden Dollar verbucht. Die Intel-Verantwortlichen kündigten darüber hinaus an, dass die Einnahmen für das laufende dritte Quartal wohl unter den bislang gehegten Erwartungen liegen werden. Sie rechnen mit 12,5 bis 13,5 Milliarden Dollar. Analysten hatten im Schnitt mit 14,35 Milliarden Dollar gerechnet.
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An der Börse kamen diese Botschaften gar nicht gut an. Die Intel-Aktie rutschte im nachbörslichen Handel um 20 Prozent ab. Rund 24 Milliarden Dollar an Marktkapitalisierung lösten sich in Wohlgefallen auf.
Intel spricht von enttäuschender finanziellen Performance
"Unsere finanzielle Performance im zweiten Quartal war enttäuschend, obwohl wir wichtige Meilensteine in der Produkt- und Prozesstechnologie erreicht haben", räumte Intel-Chef Gelsinger ein. Der Manager rechnet auch für die kommenden Monate nicht mit einer Verbesserung. "Die Trends in der zweiten Jahreshälfte sind schwieriger, als wir zuvor erwartet hatten."
Intel steckt mitten in seiner Transformation. Das klassische Prozessorgeschäft verändert sich massiv. Intel vermeldete zwar für seine Client Computing Group (CCG) einen Umsatzanstieg von rund neun Prozent auf 7,4 Milliarden Dollar. Dies sei in erster Linie den neuen KI-PCs geschuldet, hieß es. Seit Ende 2023 seien rund 15 Millionen Rechner mit speziell für KI-Aufgaben ausgelegten CPUs ausgeliefert worden. Bis Ende 2024 sollen es rund 40 Millionen sein. Damit verbunden sind allerdings auch höhere Kosten für die Entwicklung und Produktion dieser Chips. Das erhöht den Druck auf die Profitabilität.
Dazu kommen Probleme mit Produkten für Rechenzentren. Der Umsatz im Segment Data Center and AI (DCAI) ging im Jahresvergleich um drei Prozent auf rund drei Milliarden Dollar zurück. Intel versucht zwar mit eigenen Grafikbeschleunigern für den KI-Einsatz den Rückstand zur Konkurrenz aufzuholen. Doch der Vorsprung der Wettbewerber wie Nvidia ist groß. Viele Data-Center-Betreiber rüsten ihre Infrastrukturen derzeit für das aufziehende KI-Zeitalter auf, tun dies aber zum Großteil nicht mit Intel-Produkten.
Intel-Chef Gelsinger: Kosten zu hoch, Margen zu niedrig
Gelsinger stimmt seine Belegschaft auf harte Zeiten ein. Der Manager sprach von schmerzlichen Nachrichten und einem unglaublich harten Tag für Intel. "Diese Entscheidungen haben mich bis ins Mark herausgefordert, und dies ist das Schwierigste, was ich in meiner Laufbahn getan habe," schrieb der Intel-Chef in einem offenen Brief an seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Man müsse Kostenstrukturen anpassen und Arbeitsweisen grundlegend ändern. "Unsere Kosten sind zu hoch, unsere Margen sind zu niedrig."
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Mit den Maßnahmen will Intel seine Betriebskosten senken. Die Ausgaben für Forschung und Entwicklung sowie für Marketing und Verwaltung sollen 2024 auf zirka 20 Milliarden Dollar begrenzt werden und bis 2025 auf etwa 17,5 Milliarden Dollar sinken, wobei der Konzern für 2026 auf weitere Reduzierungen hofft. Auch bei Investitionen und anderen Kapitalausgaben soll gekürzt werden. Man verlagere seinen Fokus auf Kapitaleffizienz und ein an den Marktanforderungen ausgerichtetes Investitionsniveau, hieß es. Die Bruttokapitalausgaben im Jahr 2024 würden um mehr als 20 Prozent auf 25 bis 27 Milliarden Dollar gekürzt, die Netto-Investitionen sollen in diesem Jahr zwischen elf und 13 Milliarden Dollar betragen. Für 2025 seien Bruttoinvestitionen zwischen 20 und 23 Milliarden Dollar und Nettoinvestitionen zwischen 12 und 14 Milliarden Dollar geplant.
Was diese Ankündigungen für den Ausbau des Foundry-Geschäfts bei Intel bedeuten, ist noch nicht abzusehen. Der Chiphersteller hatte vor drei Jahren angekündigt, sich verstärkt als Auftragsfertiger positionieren zu wollen und Platzhirschen aus Fernost wie TSMC den Kampf angesagt. Dafür sollen eigentlich weltweit neue Fertigungsanlagen entstehen. Intel hatte dafür Milliarden-Investitionen angekündigt und auch massiv Staatssubventionen eingesammelt - beispielsweise in den USA wie auch in Deutschland. Hierzulande soll eine große Anlage bei Magdeburg gebaut werden. Wie es damit weitergeht, steht angesichts der wirtschaftlichen Schwierigkeiten bei Intel in den Sternen. Schon im vergangenen Jahr gab es offenbar Diskussionen, weil Intel mehr finanzielle Unterstützung für den Bau der Fabrik haben wollte.
Intel will alle laufenden Projekte prüfen
Gelsinger kündigte an, dass alle Projekte auf den Prüfstand gestellt würden, versuchte aber gleichzeitig, Zweifel an seinen Plänen zu zerstreuen. Es gehe darum, die Strategie weiter vorantreiben. Diese sei nach wie vor dieselbe, so der Intel-CEO: "Die Führungsposition in der Prozesstechnologie wiederherzustellen und weiter in eine global belastbare Lieferkette durch den Ausbau der Fertigungskapazitäten in den USA und der EU zu investieren."
Leicht dürfte es indes nicht werden. Der Intel-Chef stimmte seine Mannschaft auf weitere harte Zeiten ein. "Ich mache mir keine Illusionen darüber, dass der Weg, der vor uns liegt, einfach sein wird," schrieb Gelsinger an seine Angestellten verbunden mit einer Mahnung: "Das sollten Sie auch nicht."