Studie Integrationsplattformen

Integration ist nicht gleich Integration

20.04.2023
Von 

Gerhard Holzwart begann 1990 als Redakteur der COMPUTERWOCHE und leitete dort ab 1996 das Ressort Unternehmen & Märkte.  Ab 2005 verantwortete er den Bereich Kongresse und Fachveranstaltungen der IDG Business Media GmbH und baute „IDG Events“ mit jährlich rund 80 Konferenzen zu einem der führenden Anbieter von ITK-Fachveranstaltungen in Deutschland aus. Seit 2010 ist Gerhard Holzwart geschäftsführender Gesellschafter der h&g Editors GmbH und ist in dieser Funktion als Event Producer, Direktmarketingspezialist und ITK-Fachredakteur tätig.        

Integrationsplattformen helfen beim Management der Anwendungsvielfalt in den Unternehmen – erst recht in hybriden Cloud-Umgebungen sind sie unverzichtbar.
Kaum eine Integration passt sofort so, wie ein Unternehmen sie sich vorstellt. Es gibt oft noch enormen Anpassungsbedarf - und das dauerhaft.
Kaum eine Integration passt sofort so, wie ein Unternehmen sie sich vorstellt. Es gibt oft noch enormen Anpassungsbedarf - und das dauerhaft.
Foto: Berto Ordieres - shutterstock.com

Flexibilität und Agilität der IT-Landschaft in den Unternehmen sind heutzutage ein Muss. Gefordert sind ein Höchstmaß an Kundenorientierung, immer kürzere Time-to-Market-Zyklen und natürlich Kosteneffizienz. All dies macht eine moderne IT-Infrastruktur notwendig. Weitgehend synchronisierte und automatisierte Anwendungen sowie deren Vernetzung entlang der Wertschöpfungskette gelten gemeinhin als Grundvoraussetzung moderner, digitalisierter Unternehmen - und Integrationsplattformen sind der entscheidende Hebel dafür.

Den entsprechenden Bedarf und die Investitionsbereitschaft der Anwender belegen auch die Ergebnisse der aktuellen Studie "Integrationsplattformen" von CIO, CSO und COMPUTERWOCHE in Zusammenarbeit mit Axway, ONEiO Cloud und INFORM DataLab: Rund 15 Prozent der befragten Unternehmen wollen demnach in diesem Jahr mindestens zehn Prozent mehr Gelder in entsprechende Lösungen zur Prozessautomatisierung investieren als 2022. Das zeigt, wie groß der Handlungsdruck inzwischen geworden ist, wenn es um die Ablösung traditioneller, monolithischer IT-Systeme zugunsten einer so genannten "ganzheitlichen IT" geht.

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Der ewige Kampf mit den Datensilos

Letztere erfordert, nicht nur eine durchgängige und weitgehende Applikations-Landschaft zu implementieren, sondern zwingt die verantwortlichen IT-Manager auch weit über die Basis-IT hinaus zu stetigen Anpassungen und Veränderungen. Die Rede ist hier von der Überwindung von Medienbrüchen, der Eliminierung von Datensilos, der Optimierung diverser Schnittstellen zu Kunden und Lieferanten bis hin zu den zentralen Aspekten Datenschutz und Datensicherheit.

Neben der erwähnten Gewährleistung von Flexibilität und Skalierbarkeit muss eine moderne IT-Systemlandschaft aber auch die Orchestrierung und Integration unterschiedlicher Cloud-Services und der damit verbundenen IT-Bezugsmodelle sicherstellen. Damit sind im Wesentlichen die Anforderungen an Integrationsplattformen und deren Rolle in der Architektur eines digitalisierten Unternehmens beschrieben. Sie sind quasi die "Spinne im Netz" einer modernen Enterprise Architecture.

Diesen grundsätzlichen Tenor der Studie unterstreicht auch Shawn Ryna, Vice President Vision and Strategy, Office of the CTIO bei Axway: "Wir freuen uns über die Ergebnisse der Studie, die die wachsende Bedeutung von 'Integration' und insbesondere von 'Integrationsplattformen' in einer Unternehmensstrategie hervorheben, da Digitalisierung und Modernisierung in den Mittelpunkt des Integrationsdiskurses rücken. Die Studie unterstreicht die Entwicklung der Integration von einer rein technischen Ebene hin zu einer Schlüsselrolle in der Digital- und Unternehmensstrategie, sowohl durch APIs als auch durch die Einbindung der Business-Anwender User in deren Nutzung."

Shawn Ryna, Vice President Vision and Strategy, Office of the CTIO, Axway
Shawn Ryna, Vice President Vision and Strategy, Office of the CTIO, Axway
Foto: Axway GmbH

Basis für Digitalisierung schaffen

Das deckt sich auch mit den Ergebnissen der Untersuchung im Hinblick auf das Nutzungsverhalten. Fast ein Drittel der Anwender hofft, sich durch Integrationsplattformen erst einmal einen Überblick über ihre vielfältige Applikationslandschaft zu verschaffen. Gleichzeitig ist für mehr als ein Viertel der Befragten eine integrierende IT auch essenzielle Voraussetzung dafür, um überhaupt in die Lage zu kommen, neue digitale Geschäftsmodelle ausrollen zu können.

Grundsätzlich werden für Integrationsplattformen vielfältige Einsatzmöglichkeiten gesehen. Zum Beispiel bei der Digitalisierung der Supply Chain, wo digitale Schnittstellen erforderlich sind, die eine Echtzeit-Kommunikation über dedizierte Middleware mit den Handelspartnern ermöglichen. Geschwindigkeit, Flexibilität sowie Verfügbarkeit werden also auch zunehmend in der Logistik als entscheidende Wettbewerbsfaktoren gesehen.

Gleiches gilt für Industrie-4.0-Szenarien, wo es Experten zufolge immer häufiger um die Steuerung sogenannter Just-in-time- und Just-in-sequence-Produktionsabläufe geht. Im weiteren Sinne läuft dies auf die häufig als Schlagwort genannte Smart Factory hinaus - also einer intelligenten, vernetzten und vollständig automatisierten sowie digitalisierten Fertigung.

Logistik und Smart Factory beliebteste Anwendungsfelder

Auch hier spiegeln die Studienergebnisse weitestgehend das Marktgeschehen wider. Demnach wird die Logistik am häufigsten als Anwendungsfeld für Integrationspattformen genannt. Danach folgt das klassische IT-Service-Management. Knapp dahinter rangiert die erwähnte Smart Factory; ebenso wichtig ist den befragten Unternehmen aber auch die Optimierung der Schnittstellen zu ihren Kunden beziehungsweise ihrer kompletten E-Commerce-Architekturen.

Die Ansätze, die die Anwender bei der Verbindung unterschiedlicher IT-Systeme und Applikationen verfolgen, sind indes unterschiedlich. Mehr als die Hälfte der in der Studie befragten IT- und Business-Entscheider setzt auf klassische Integrationsplattformen. Fast ebenso häufig wird mit direkten Schnittstellen gearbeitet. Auch API-Management-Plattformen kommen bei knapp 50 Prozent der Studienteilnehmer zum Einsatz. Fast ein Drittel der Anwender vertraut spezifischen Middleware-Lösungen, um einen konsistenten Datenfluss zu ermöglichen. In vergleichsweise wenigen Fällen spielen mächtige EAI-Plattformen (Enterprise Application Integration) sowie die SOA-Ansätze (Service-oriented Architecture) früherer Jahre eine Rolle, die im Ranking möglicher Mehrfachnennungen nur noch auf einen Anteil von 16 beziehungsweise neun Prozent kommen.

Die Studie zeigt: In 47 Prozent der Unternehmen kommen API-Management-Plattformen zum Einsatz.
Die Studie zeigt: In 47 Prozent der Unternehmen kommen API-Management-Plattformen zum Einsatz.
Foto: Foundry Research Services: Christine Plote

iPaas-Lösungen eine von vielen Alternativen

Stark im Kommen sind Marktbeobachtern zufolge auch Lösungen namens "Integration Platform as a Service" (iPaas), die die Datenflüsse in Clouds sowie unternehmensinternen IT-Umgebungen managen und synchronisieren. Dadurch soll die Implementierung eigener Middleware sowie Hardware-Plattformen weitestgehend hinfällig werden. Die meisten iPaaS-Provider werben hier mit der nahtlosen Integration sowohl mit einer lokal gehosteten virtuellen Architektur als auch den Plattformen führender Hyperscaler wie AWS, Microsoft Azure oder Google Cloud.

Die Kennziffern der Studie weisen in diesem Kontext allerdings noch ein sehr heterogenes Meinungsbild aus. So nutzen aktuell verhältnismäßig wenige Anwender iPaas-Lösungen. Dies lässt den Schluss zu, dass Prozessautomatisierung via Plattform-Hosting für das Gros der Unternehmen zumindest derzeit noch nicht den Königsweg darstellt und die Unternehmen vielmehr erkennbar auf der Klaviatur unterschiedlicher Betriebs- und Bezugsmodelle spielen. Philipp Ziemer, Data Management Lead bei INFORM DataLab, meint dazu: "Wir begrüßen das rege Interesse an Integrationsplattformen, doch es scheint hier noch massives ungenutztes Potenzial zu geben, um Unternehmen nachhaltig auszurichten. Immerhin nutzen aktuell nur knapp 20 Prozent der Studienteilnehmer iPaaS-Lösungen. Dabei ist dieser Baustein der Prozessautomatisierung extrem wichtig, um Kosten zu minimieren und zukünftige Anwendungsfälle agil umsetzen zu können."

Philipp Ziemer, Data Management Lead, INFORM DataLab
Philipp Ziemer, Data Management Lead, INFORM DataLab
Foto: INFORM GmbH

Fachbereiche reden ein Wörtchen mit

Last, but not least sind bei der Entwicklung sowie dem Customizing von Applikationen immer auch die Fachbereiche involviert. Beim Einsatz und/oder Hosting von Integrationsplattformen gilt dies umso mehr. Wie groß ist hier deren Einfluss und welches Ausmaß hat deren konkrete Mitarbeit? In der Studie sprechen sich jedenfalls über 85 Prozent der Befragten für eine starke oder sogar sehr starke Beteiligung der Fachbereiche bei der Entwicklung aus. Auch die aktuelle Praxis in den Unternehmen ist interessant. So ist bei knapp der Hälfte der Studienteilnehmer die eigene IT-Organisation mit der Entwicklung einer oder mehrerer Integrationsplattformen beauftragt. In einem sehr hohen Maße (36 Prozent) obliegt dies aber auch den Fachbereichen.

Vergleichsweise häufig werden im Kontext möglicher Mehrfachnennungen auch so genannte Citizen-Integratoren genannt, die in dedizierten Fachbereichen verortet sind und über Low-Code-Verfahren in die Entwicklungsteams eingebunden werden. Exakt 30 Prozent der befragten Unternehmen haben damit Erfahrung. "Die COMPUTERWOCHE-Studie unterstreicht die Bedeutung der Mitarbeit der Fachabteilungen bei der Entwicklung von Integrationsplattformen. Gerade deshalb ist die Bedeutung von Low-Code/No-Code-Integrationen so stark gewachsen, um IT-ferne Mitarbeiter leicht und effizient einzubinden", freut sich Sven Schindler-Grünholz, Head of DACH Region bei ONEiO, über diese für sein Unternehmen besonders relevanten Ergebnisse der Studie.

Sven Schindler-Grünholz, Head of DACH Region, ONEiO
Sven Schindler-Grünholz, Head of DACH Region, ONEiO
Foto: ONEiO

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Jetzt im Shop: die Studie "Integrationsplattformen 2023".
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Foto: Foundry Research Services: Christine Plote

Studiensteckbrief

Herausgeber: CIO, CSO und COMPUTERWOCHE

Studienpartner: Axway, ONEiO Cloud (Gold), INFORM DataLab (Silber)

Grundgesamtheit: Oberste (IT-)Verantwortliche in Unternehmen der DACH-Region: Beteiligte an strategischen (IT-)Entscheidungsprozessen im C-Level-Bereich und in den Fachbereichen (LoBs); Entscheidungsbefugte sowie Experten und Expertinnen aus dem IT-Bereich

Teilnehmergenerierung: Persönliche E-Mail-Einladung über die exklusive Unternehmensdatenbank von CIO, CSO und COMPUTERWOCHE sowie - zur Erfüllung von Quotenvorgaben - über externe Online-Access-Panels

Gesamtstichprobe: 312 abgeschlossene und qualifizierte Interviews

Untersuchungszeitraum: 13. bis 20. Dezember 2022

Methode: Online-Umfrage (CAWI)

Fragebogenentwicklung und Durchführung: Custom Research Team von CIO, CSO und COMPUTERWOCHE in Abstimmung mit den Studienpartnern