Es lohnt sich, bei der Smart Factory die Schlagzahl erhöhen

Industrie 4.0 - Noch ist der Wettlauf offen

24.06.2016
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Franz E. Gruber, Jahrgang 1963, ist Gründer und Chef des Smart-Factory-Spezialisten FORCAM in Ravensburg. Der studierte Wirtschaftsingenieur war in den 1990er Jahren die rechte Hand von Dietmar Hopp bei SAP, bevor er im Jahr 2001 mit FORCAM als Pionier für Fabriksoftware startete, lange vor dem Begriff "Industrie 4.0".

Heterogene Maschinenparks

Herausforderung für alle Unternehmen: Maschinen unterschiedlicher Hersteller und Baujahre.
Herausforderung für alle Unternehmen: Maschinen unterschiedlicher Hersteller und Baujahre.
Foto: dotshock - shutterstock.com

Die Herausforderung Nr.1 für alle Unternehmen weltweit stellen heterogene Maschinenparks dar. Kimberley Hagerty vom Flugzeugmaschinenbauer Pratt & Whitney sagte auf dem Smart Factory World Symposium: "Ich habe Maschinen, die 20 Jahre alt sind und kaum Daten liefern, und solche Maschinen, die mehr Daten liefern als ich benötigen kann. Was ich brauche ist eine Lösung, die beide Welten verbindet."

Gefragt sind Technologien 4.0, die heterogene Maschinen einheitlich an eine Shop-Floor-Plattform anschließen und mit verschiedenen Schnittstellen-Standards arbeiten können. Zudem müssen Big-Data in Echtzeit in nützliche Kennzahlen kanalisiert und auf alle browserfähigen Endgeräte visualisiert werden.

Chris Fangmann, Chief Technology Officer beim international tätigen Next-Generation-IT-Dienstleister CSC, drückt es so aus: Technologie 4.0 muss physische und digitale Prozesse synchronisieren, automatisieren und optimieren und Unternehmen in die Lage versetzen, in Echtzeit auf jedem Gerät von überall Einblick in den Shop Floor zu erhalten, um auf Zielabweichungen sofort reagieren zu können. Das Fortune-500-Unternehmen CSC war ein Sponsor des Smart Factory World Symposium.

Widerstände in der Belegschaft

Ebenso muss auch in den USA an der kulturellen Seite der Transformation gearbeitet werden. Die neue Technologie mache vor allem älteren Fabrikarbeitern Angst, erläuterte Frau Hagerty in Chicago. "Wir müssen verstehen, in welcher Entwicklung wir uns alle zusammen befinden: Wir haben eine angstmachende Technologie und bewegen uns sehr schnell hin zu einer Fertigung, die dafür bereit sein mag oder nicht - aber die Fertigung benötigt die neue Technologie unbedingt."

Bob Luthy vom Ventilhersteller Richards Industries pflichtete bei: Gerade weil das Industrial Internet eine unumkehrbare Entwicklung sei, müsse die Belegschaft verstehen, dass der Einsatz neuer Software keine freiwillige Veranstaltung sei. Ein Arbeitnehmer habe gefragt, ob man ihm ein Ultimatum setze. Die Antwort war: "Ja."

Smart starten: ein Pilot erleichtert den Start

Aber bei Richards Industries setzt man lieber auf Überzeugungsarbeit. Zum Einsatz kam dort zunächst ein Smart Factory Starter Kit, mit welchem die Transformation in kleinen überschaubaren Schritten in einem Pilotbereich vollzogen wird. Vorteile: Die Hauptproduktion läuft ungestört weiter, Erfolge können in Ruhe erarbeitet und ausgerollt werden.

Bob Luthy von Richards Industries: "Stellen Sie sicher, dass alle im Unternehmen die Nutzen der Veränderung sehen können - höhere Maschinenverfügbarkeit, höhere Produktivität, niedrigere Fehlerhäufigkeit."

"Unternehmen müssen sich schnell ändern"

Schließlich fehlt es auch in den USA nicht an Appellen, die Geschwindigkeit der digitalen Transformation zu erhöhen. "Unternehmen müssen sich schnell verändern", rief David Brousell von Frost & Sullivan den rund 150 Experten in Chicago zu. In den 1960er Jahren sei der Vorläufer der vierten industriellen Revolution die Automatisierung gewesen. Bei der heutigen vierten Revolution der Digitalisierung, in denen Maschinen ihre Leistung selbst messen und sich selbst warten, werde nicht mehr so viel Zeit verstreichen. "Wir werden keine 25 Jahre mehr Zeit haben, um bei der Fertigung 4.0 aufzuspringen."

Das gilt auch für Deutschland. Die Geschwindigkeit der Digitalisierung fordert es, dass wir mutig und schnell vorangehen und Risiken und Rückschläge einkalkulieren. Einen langwierigen akademischen "Diskurs 1.0" verzeiht der Wettbewerb 4.0 nicht mehr - weder bei den Rahmenbedingungen, die Politik und Verbände setzen, noch in den Unternehmen. (mb)