IBM will Teile seines Geschäftsbereichs Watson Health an die Investoren von Francisco Partners abstoßen. Dazu gehören Produkte und Datensätze wie zum Beispiel Health Insights, MarketScan, Clinical Development, Social Program Management, Micromedex und Software zur Bildgebung. Abgeschlossen werden soll die Transaktion im zweiten Quartal dieses Jahres, vorbehaltlich der üblichen kartellbehördlichen Genehmigungen. Über die finanziellen Bedingungen der Transaktion wurde Stillschweigen vereinbart. Bloomberg taxierte das Volumen des Deals unter Verweis auf interne Quellen auf etwa eine Milliarde Dollar.
IBM konzentriert sich auf Cloud und KI
"Die heutige Vereinbarung mit Francisco Partners unterstreicht, dass sich IBM noch stärker auf die plattformbasierte Hybrid-Cloud- und KI-Strategie konzentrieren wird", sagte Tom Rosamilia, Senior Vice President für den Bereich IBM Software. Der Konzern wolle allerdings Kunden und Partner aus dem Bereich Healthcare IT weiter unterstützen, hieß es.
Francisco Partners verfüge über umfangreiche Erfahrungen im Bereich der Gesundheitstechnologie, heißt es in einer offiziellen Mitteilung. Das Unternehmen hat in der Vergangenheit verschiedene Produkte und Lösungen für das Gesundheitswesens zusammengekauft. Sie unterstützten gleichermaßen Patienten, Anbieter, Kostenträger, Pharmaunternehmen, Biowissenschaften sowie Behörden und Regierungsstellen. Zu den Investitionen in diesem Sektor gehören Availity, eSolutions, Capsule, GoodRx, Landmark, QGenda, Trellis und Zocdoc.
"Wir haben die Entwicklung von IBM im Bereich der Gesundheitsdaten und -analysen über mehrere Jahre hinweg verfolgt und schätzen das Portfolio an innovativen Gesundheitsprodukten", sagte Ezra Perlman, Co-President bei Francisco Partners. Die Vereinbarung sieht vor, dass das derzeitige IBM-Managementteam in ähnlicher Funktion in dem neuen eigenständigen Unternehmen weiterarbeiten und bestehende Kunden auch künftig betreuen wird.
Watson konnte in Kliniken nicht überzeugen
IBM hat Watson Health im Jahr 2015 gestartet. Das Ziel: Mit einer zentralen Plattform für künstliche Intelligenz sollte es Gesundheitsdienstleistern leichter gemacht werden, große Datenmengen zu analysieren und so etwa Behandlungsmethoden gegen Krankheiten wie Krebs weiterentwickeln und verfeinern. Doch ihre hoch gesteckten Ziele haben die IBM-Verantwortlichen weit verfehlt. Gerade im Gesundheitswesen ist das Handling von Daten extrem komplex. Viele unterschiedliche Formate und Quellen sowie ein rigides Regelwerk, was den Datenschutz anbelangt, erschweren die Auswertung. Viele Kliniken, die mit IBMs KI-Technik experimentierten, haben die entsprechenden Projekte wieder auf Eis gelegt. Zu teuer und zu wenig Nutzen, lautete die wenig erfreuliche Bilanz.
IBM hatte in den vergangenen Jahren immer wieder versucht, die Sparte auf Kurs zu bringen, und dazu auch für etwa vier Milliarden Dollar Technik zugekauft. Doch bis zuletzt arbeitete die IBM-Einheit nicht profitabel. Im vergangenen Jahr, so berichtete das "Wall Street Journal", habe Watson Health einen Jahresumsatz von etwa einer Milliarde Dollar erwirtschaftet.
IBM steckt seit längerem in einem tiefgreifenden Umbau. Erst im vergangenen Jahr hatte der IT-Konzern seinen Bereich Managed Infrastructure Services unter dem Namen Kyndryl abgespalten und als eigenes Unternehmen an die Börse gebracht. IBM-CEO Arvind Krishna will sich ganz auf die Zukunftsthemen Cloud, Cognitive Services und KI konzentrieren.
Microsoft und Oracle kaufen sich in Healthcare-Sektor ein
Umso überraschender kommt die Nachricht, dass sich IBM nun von Teilen seines Watson-Health-Geschäfts trennt. Andere IT-Konzerne investieren derzeit massiv in diese Branche, unter anderem auch deshalb, weil das Gesundheitswesen zwar ein schwieriger Markt ist, aber auch einen massiven Nachholbedarf in Sachen Digitalisierung hat. Microsoft hatte im vergangenen Jahr für fast 20 Milliarden Dollar den Spracherkennungs- und KI-Spezialisten Nuance geschluckt, der sich zuletzt zunehmend auf den Healthcare-Sektor konzentriert hatte. Und erst Ende 2021 gab Oracle bekannt, den IT-Healthcare-Spezialisten Cerner für über 28 Milliarden Dollar zu kaufen.