Smarte Technologien treffen aufeinander

Heute RPA, morgen KI?

22.11.2019
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Alexander Steiner ist Chief Solution Architect der meta:proc GmbH und übersetzt Kundenanforderungen in technisch umsetzbare Lösungen. Der studierte Diplom-Ingenieur eignete sich in diversen Innovationsprojekten eine hohe Fachkompetenz im Bereich „Lösungen unter Einsatz digitaler Agenten“ und „eigenverantwortlich agierender IT Service Management Systeme“ in Bezug auf Entwicklung, Umsetzung und Betrieb an.

Use Cases analysieren

Auch ohne den häufig unterschätzten Aufwand eines KI-Trainings kommt bei einem Automatisierungsvorhaben auf die Anwender einiges an Arbeit zu: Bei der Umsetzung eines reinen RPA-Projekts stellen - anders als oftmals vermutet - nicht die Erstellung und Wartung eines Bots die größten Hürden dar, sondern vielmehr die Vor- und Nacharbeiten, die das Unternehmen direkt betreffen. Dazu zählen die Identifikation potenzieller Use Cases, das Beschreiben der Abläufe sowie das Aufsetzen eines agilen Projektes.

Bei der Bewältigung dieser Herausforderungen können auf Basis von KI-Algorithmen arbeitende Tools allerdings eine unterstützende Funktion bieten. Für die Identifikation und Definition der infrage kommenden Use Cases liefern klassische Process Mining Tools heute schon einen Mehrwert bei der automatisierten Erstellung von Analyse und Prozessbeschreibungen. Die Ergebnisse bringen aktuell zwar noch nicht den notwendigen Detaillierungsgrad zur vollständigen Programmierung eines Bots, können jedoch auch im Bereich der Optimierung wertvolle Dienste leisten: Zum Beispiel, wenn die Reports und Metadaten, die ein Bot bei der Bearbeitung generiert, genutzt werden können, um dessen Vorgehensweise zu verbessern. Allerdings gilt es auch in diesem Fall wieder sinnvoll zwischen Aufwand und Nutzen der Technologien abzuwägen.

Erste Einsatzgebiete

Auf dem aktuellen Stand der Technik trifft KI eher in einer nebengeordneten Rolle auf RPA, nämlich dort, wo große Datenmengen verarbeitet werden. Das betrifft etwa die Versicherungswirtschaft, die Finanzbranche oder das Personalwesen. Aus unstrukturierten Texten wie E-Mails oder Faxen extrahiert KI Daten mithilfe von Optical Character Recognition (OCR). Anschließend legt der Bot die Informationen an einer bestimmten Stelle ab und bereitet sie unter Einsatz einer Big-Data-Analyse oder Mustererkennung vor. Auf diese Weise kann RPA die Daten verwenden, um regelbasierte Prozesse durchzuführen. Für diesen Vorgang gilt es, bereits im Voraus die Validität der Informationen sicherzustellen. Allein das Zusammentragen und Aufbereiten der Daten für das KI-Training bedeutet einen hohen Zeitaufwand, denn Unternehmensprozesse sind normalerweise ganz individuell und lassen den Einsatz vortrainierter Systeme nicht zu. Standardanwendungen, die sich einfach durch einen Standardprozess abwickeln lassen, sind sehr selten.

Fazit

Derzeit befinden sich die meisten Unternehmen noch nicht in einer Phase, in der sie KI sinnvoll einsetzen können. In den meisten Fällen fehlen die notwendige Datenmenge und -qualität. Außerdem scheitern viele Betriebe am mangelnden Hintergrundwissen sowie an einer zielführenden Automatisierungsstrategie. Der Einsatz von KI erfordert beispielsweise eine intensive Auseinandersetzung mit dem Thema Datenschutz. Da ein KI-Training zahlreiche Informationen benötigt, stoßen Anwender in der Regel schnell an die betriebsinternen Datenschutzgrenzen.

Nicht zuletzt kämpft ein Großteil der Unternehmen bei der Einführung von KI gegen eine über lange Jahre gewachsene, suboptimal gepflegte IT-Landschaft - mit einem unüberschaubaren Komplexitätsgrad individueller Prozesse.
Möglicherweise entstehende interne Widerstände lassen sich durch eine transparente Kommunikation zur Entwicklung und Einbeziehung der Mitarbeiter in das gesamte Projekt vermeiden. Außerdem erweist sich eine hohe Flexibilität in der Unternehmenskultur und -strategie als hilfreich.

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Auf dem aktuellen Stand der Technik ist Robotic Process Automation deutlich besser ausgereift als vieles, was sich mit dem Thema Künstliche Intelligenz befasst. Auch wenn Software-Roboter sehr schnell und kosteneffizient auf Anfragen reagieren können, zeigt sich der direkte Kundenkontakt mit KI noch ausbaufähig: Individuelle Erfahrungen wie bei menschlichen Mitarbeitern fehlt, ebenso wie Transparenz und Möglichkeiten einer persönlichen Beratung.

Aus diesem Grund sollten Anwender bei ihren ersten Projekten zunächst reine RPA-Bots einsetzen. Diese helfen dabei, regelbasierte Prozesse zu optimieren und eine Basis zu schaffen sowie ein grundlegendes Verständnis für die Technologie zu erlangen. In einem späteren, ausgereifteren Stadium des Projektes lässt sich dann effizient und mit überschaubarem Aufwand Künstliche Intelligenz implementieren. Somit stellt ein Vorprojekt mit RPA zur Prozessoptimierung oftmals den einzig sinnvollen Weg in das Zeitalter der Künstlichen Intelligenz dar.