Keine Kopie vom Silicon Valley
Damit will man das Silicon Valley jedoch keineswegs kopieren. Mit den Betriebsräten ausgehandelt wurden zum Beispiel über 100 Arbeitszeitmodelle, die vor allem den Ausgleich zwischen Berufs- und Privatleben zum Ziel hätten. Den Wertvorstellungen entspricht, dass Mitarbeiter bewusst abschalten können statt sich mangels solcher "Leitplanken" womöglich selbst auszubeuten, worauf Gewerkschaften nicht ruhen hinzuweisen.
Für Arbeitnehmervertreter könnte Bosch ein leuchtendes Beispiel sein, wie sich die digitale Transformation sozial abfedern lässt: mit fairer Bezahlung und dem Erhalt physischer und psychischer Gesundheit; mit mehr Zugewinn an Zeitsouveränität, aber nicht um den Preis der Entgrenzung von Arbeit in rechtsfreien Räumen wie in der Crowd. Christine Benner, zweite Vorsitzende der größten europäischen Gewerkschaft, IG Metall, betonte deshalb auf der Tagung in Frankfurt, die digitale Ökonomie müsse den Beschäftigten auch Sicherheit und Schutz garantieren. "Wer krank wird, braucht eine Krankenbescheinigung - 300 Freunde bei Facebook helfen ihm da nicht."
Noch sei die Digitalisierung wie eine "Black Box", betonte Gastgeberin Benner. "Landen wir im Hamsterrad oder gewinnen wir an Selbstbestimmung?" Unstrittig sei, dass IT als "Megaqualifikation" die Transformation beflügle, wie in der Automobilindustrie bereits zu beobachten. Deshalb sei es so wichtig, Beschäftigte massiv weiterzubilden und so zu ihrem "Empowerment" beizutragen. "Kriegen wir den Skill Shift hin?", fragte Benner beinahe flehend ins Auditorium.
Mit seiner Ingenieurskunst und dem Bildungssystem sei Deutschland gut gerüstet, pflichtete Hartung der Spitzengewerkschafterin bei. Doch ohne maßgeschneiderte Qualifikation und lebenslanges Lernen nicht zuletzt der älteren Fachkräfte drohe man die gute Position einzubüßen. Eindringlich appelliert Hartung an Politiker, die Digitalisierung in das schulische Curriculum zu integrieren. "Jedes Kind sollte lernen, wie Programmierung im Grundsatz funktioniert." Im Alter von 30 sei das zu spät.
- Was ändert sich durch die Digitalisierung für die Mitarbeiter?
Antworten suchten diese IT-Chefs in einer Diskussion mit COMPUTERWOCHE-Redakteuren. Unser Bild zeigt von links: Hans Königes (CW), Edgar Kirchmann von Transearch, Dieter Loewe von NTT Data, Daniel Krauss von Flixbus, Axel Kummer von Metafinanz, Frank Engelhardt von Salesforce.com, Jürgen Renfer von der KUVB und Alexandra Mesmer (CW). - Axel Kummer, Metafinanz
„Wir müssen neu denken, ausgehend von den Geschäftsprozessen und den Endkunden. Dafür setzen wir auf kreative Köpfe, die auch aus anderen Branchen als der IT kommen.“ - Daniel Krauss, Flixbus
„Unsere größte Herausforderung ist es, mit permanentem Change und der damit einhergehenden Unsicherheit zurechtzukommen.“ - Dieter Loewe, NTT DATA
„Wir brauchen eine Arbeitskultur, in der Mitarbeiter ein Privatleben haben dürfen und nicht immer erreichbar sind.“ - Edgar Kirchmann, Transearch
„Wer Digitalisierung ernst nimmt, braucht mehr als einen neuen Posten wie den Chief Digital Officer. Topmanagement wie Führungskräfte müssen das Thema treiben und vorleben.“ - Jürgen Renfer, KVUB
„Digitale Veränderungen sind derart disruptiv, dass wohl niemand genau weiß, wo die Reise endet. Der CIO ist als Lotse gefordert.“ - Frank Engelhardt, Salesforce.com
„Es motiviert die Mitarbeiter, wenn sie eine reelle oder auch gefühlte Autonomie haben.“